Gemeinderat, 14. Sitzung vom 21.10.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 27 von 71
Das finde ich als besonders wichtig, dass man auch in Wien die Möglichkeit hat, als Europaabgeordneter zu sprechen. Damit ist eigentlich eine Ebene komplettiert. Vom Gemeinderat bis zur Internationalen Demokratischen Union bis zu den Fragen der WTO gibt es doch Themen, die für unsere Bürgerinnen und Bürger von besonderer Bedeutung sind.
Wir haben im Europäischen Parlament unter anderem auch eine WTO Steering Group, und da werden in Wahrheit die ganzen Handelsfragen international besprochen. Die Welthandelsorganisation bemüht sich, Rahmenbedingungen zu gestalten, dass es für unsere Bürgerinnen und Bürger besser wird und dass wir Armut international bekämpfen.
Die letzte Doha-Runde hat zum Ergebnis gehabt, dass wir Handelserleichterungen vereinbart haben. Ich muss sagen, zwischen über 160 Mitgliedstaaten, die hier miteinander gearbeitet haben, ein einstimmiges Ergebnis zu erzielen, das ist eine echte Leistung! Wir haben neben den Handelserleichterungen vor allem für die kleinen und mittleren Betriebe natürlich auch die Frage der Entwicklungspolitik im Mittelpunkt gehabt: Wie können wir Armut in den „Least Developed Countries“ dementsprechend bekämpfen? Hier hat es von Pascal Lamy den Ansatz „Aid for Trade“ gegeben, also: Wie kann Handel helfen, Armut zu bekämpfen?
Die dritte Säule, die in der Öffentlichkeit natürlich immer sehr stark kommt, ist die Säule der Landwirtschaft. Ich muss sagen, Landwirtschaft ist natürlich auch für die Ernährung der Bevölkerung eine ganz wichtige Grundlage und deshalb auch im internationalen Handel mit besonderer Aufmerksamkeit zu versehen.
Jetzt können Sie sich aber vorstellen, dass ein einstimmiges Ergebnis zwischen 160 Ländern dieser Welt gar nicht so leicht zu bewältigen ist. Deshalb gibt es unter dieser Ebene der WTO die nächste Runde, wo man plurilaterale Abkommen schließt. Das sind zum Beispiel das TiSA, das Dienstleistungs-Agreement, oder bilaterale Handelsabkommen wie zum Beispiel CETA oder TTIP.
Faktum ist natürlich, dass Handelsabkommen eigentlich nichts Neues sind. Wir haben vor allem früher sehr stark verhandelt - und der Nationalrat hat ja über 60 bilaterale Handelsabkommen abgeschlossen, übrigens die 60 einstimmig, es hat nur bei zweien ein bisschen eine Diskrepanz gegeben. Diese 60 Abkommen haben es uns eigentlich ermöglicht, die Armut in vielen Ländern dieser Welt zu bekämpfen.
Jetzt ist es natürlich die nächste Stufe, dass seit dem Lissabon-Vertrag diese Agenda auf die Ebene der Europäischen Union gehoben wurde. Da muss man sich auch fragen: Warum muss das eigentlich die Europäische Union machen? Faktum ist, dass bei 28 Mitgliedsländern in Verhandlungen mit entwickelten Ländern wie Kanada, Amerika und vielen anderen natürlich wesentlich qualifizierter und detaillierter auf die gegenseitigen Probleme eingegangen werden kann.
Warum brauchen wir eigentlich diese Handelsabkommen?, würde man sagen, weil man ja jetzt ohnehin schon recht gut miteinander auskommt und natürlich auch schon Exporte in diese Länder getätigt werden. Aber das Ziel ist ganz einfach, für den Konsumenten die Kaufkraft zu erhöhen, und der Konsument kriegt eben eine höhere Kaufkraft, wenn er nicht Zölle bezahlen muss, wenn nicht Administration doppelt gemacht werden muss. Wenn natürlich ein Auto, das gekauft wird, homologiert werden muss, wenn ein extremer Aufwand besteht, und das muss man zwei Mal machen, dann zahlt das der Konsument. Natürlich will der Konsument seine Kaufkraft so viel wie möglich stärken, deshalb ist also der Zollabbau - und die doppelten Genehmigungen, die erforderlich sind - für den Konsumenten ein Riesenvorteil.
Natürlich bin ich auch in diesem geheimen Zimmer gesessen, wo die Ausnahmen von diesem Abkommen gefordert wurden. Es ist eigentlich lustig, dass das solche Stapel von Papier sind, wo alle 28 Mitgliedstaaten ihre Privilegienritter für Ausnahmen vorgesehen haben, dass sie sich also nicht dem Wettbewerb stellen müssen, sondern dass sie ihr Oligopol oder ihr Monopol dementsprechend durchziehen können. Ich habe Verständnis für jeden Einzelnen; hätte ich ein Oligopol oder Monopol, würde ich auch dafür kämpfen.
Wir alle in der Politik sind eigentlich täglich damit konfrontiert, dass gewisse Gruppen von uns gewisse Privilegien einfordern. Manche kriegen sie, manche kriegen sie nicht, das hängt meistens auch mit der Stärke der politischen Vertretung zusammen. Deshalb, glaube ich, ist es so, dass diese Abkommen natürlich von Spezialisten verhandelt werden.
Das ist auch im Wiener Gemeinderat so: Wenn neue Dinge auf Beamtenebene ausgehandelt werden, sind nicht ständig das Fernsehen und die Öffentlichkeit dabei, sondern es wird zuerst einmal die Sache diskutiert. Man schaut sich die Optionen an, und wenn dann der Vorschlag auf dem Tisch liegt, beginnt eine politische Diskussion.
Es ist natürlich auch auf europäischer Ebene so, dass wir die politische Diskussion brauchen. Für CETA hat es zum Beispiel einen einstimmigen Antrag der Staats- und Regierungschefs gegeben, die die Konditionen vorgegeben haben, was die Beamten überhaupt verhandeln dürfen.
Es ist über fünf Jahre verhandelt worden. Es hat ständig Rückkoppelung gegeben, erstens zwischen den 28 Mitgliedstaaten, die sehr detailliert mit ihren Experten in Brüssel jede Woche im Detail diese Verhandlungen begleitet haben. Auch in Österreich hat es jede Woche ein Treffen der Sozialpartner im Wirtschaftsministerium gegeben, wo die Details sehr intensiv durchdiskutiert wurden, auch die Forderungen dann immer wieder dementsprechend eingebracht wurden. Jetzt liegt nach Abschluss der Verhandlungen, glaube ich, ein Paket vor, das für unsere Zukunft doch interessant ist, weil es natürlich auch ein Muster für weitere Verträge mit hochentwickelten Staaten ist.
Deshalb ist es klar, dass diese Verträge für unsere Konsumenten in erster Linie den Vorteil haben, dass sie Waren günstiger bekommen, dass sie also nicht doppelte Zertifizierungen, Zölle, und so weiter bezahlen müs
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