Gemeinderat, 13. Sitzung vom 19.10.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 7 von 24
Beamtenapparat einspart, dass man vielleicht Synergien schafft, die Effizienz steigert - alles wunderbar. Aber bitte, warum nicht vor fünf Jahren? Warum nicht vor drei Jahren? Warum nicht vielleicht vor zwei Jahren? - Ach, möglicherweise war ja da eine Wahl im Weg, und die gilt es ja irgendwie noch mit Tarnen und Täuschen zu gewinnen. (Beifall bei den NEOS.)
Sie haben es zugelassen, dass Wien sich so entwickelt: dass die Schulden explodieren, dass die Arbeitslosigkeit steigt. Sie wollen nicht mutig die Strukturen angehen, die Klientel vielleicht einmal durchforsten, die Sie die ganze Zeit bedienen. Möglicherweise haben Sie hier Beton an den Füßen - durch Klientel, durch Pfründe, durch Gewerkschaften, durch Freunde, durch Vereine, zu denen man in einem Naheverhältnis steht, die es alle irgendwie zu bedienen gilt. Ja, das kostet sehr viel Mut und Kraft, da einmal hineinzugehen. Aber es geht nicht nur um einen Solidarbeitrag seitens der Politik, sehr geehrte Damen und Herren, sondern die Politik muss bei sich selber anfangen, denn sonst fahren wir wirklich auf den Eisberg - oder wir sind ohnedies schon aufgefahren und das Wasser steigt ohnedies schon und steht bereits bis zum Hals. (Amtsf. StRin Mag. Renate Brauner: Es muss schlimm sein, in so einer Welt zu leben, wie sie in Ihrem Kopf ist! Das muss wirklich schlimm sein!)
Ja, Frau Stadträtin, in welcher Welt lebe ich? - Ich lebe in jener Welt, in der mittlerweile 40 Prozent der Wienerinnen und Wiener FPÖ wählen wollen und nur noch 27 Prozent SPÖ. (Demonstrativer Beifall und Bravo-Rufe bei der FPÖ.)
Und, bevor die FPÖ klatscht (Die Rednerin spricht weiter, während der Beifall der FPÖ anhält.): Das ist eine Entwicklung, die ich nicht möchte! Damit geht Wien in die falsche Richtung! Aber es ist Ihre Politik, die das zugelassen hat! Und, das sage ich Ihnen auch: Eine Mannschaft, ein Fisch beginnt immer beim Kopf zu stinken! In einer Zeit, in der die Stimmung in der … (Der nach wie vor anhaltende Beifall der FPÖ nimmt an Lautstärke zu. – Amtsf. StRin Mag. Renate Brauner in Richtung der Rednerin: „Gut“ haben Sie das gemacht!)
Werte Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ! Ich glaube, ich habe deutlich zum Ausdruck gebracht, dass ich nicht daran glaube, dass Sie für meine Kinder eine gute Zukunft in dieser Stadt schaffen. Also bremsen Sie sich wieder ein! (Beifall bei den NEOS.)
Aber Sie (in Richtung SPÖ) haben es zugelassen, es ist Ihre Politik, die die Stimmung in dieser Stadt so verschlechtert hat. Es ist allen voran auch ein Bürgermeister, der schon viel zu lange im Amt ist, der keine Aufbruchsstimmung mehr aufkommen lässt, der vielleicht parteiintern Ihre Querelen und Streitigkeiten noch im Zaum halten kann, aber keinen Aufbruch, keinen Aufschwung schafft, keine neue Energie, keine neuen Ideen und auch keinen Gestaltungswillen für diese Stadt zeigt. Und das wäre dringend notwendig! Es wäre Zeit, den Hut zu nehmen. - Danke. (Beifall bei den NEOS.)
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr GR Dipl.-Ing. Margulies. Ich erteile es ihm.
(Ein Mitarbeiter eines Fernsehteams platziert ein Mikrofon auf dem Rednerpult.) Es wird hier von „Servus TV“ ein Mikrofon aufgestellt – ein neutrales -, weil es Leitungsprobleme gibt. (Rufe: Ein „neutrales Mikrofon“?! – Heiterkeit bei FPÖ und ÖVP.)
GR Dipl.-Ing. Martin Margulies (GRÜNE): Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich hätte mich an dieser Stelle sehr gerne bedankt für die faktenbasierte Diskussion, die bis jetzt stattgefunden hat. Bedauerlicherweise ist das schwierig. Es ist deshalb schwierig, weil es meines Erachtens weder der ÖVP noch den NEOS in irgendeiner Art und Weise darum geht, in der jetzigen budgetären Situation Wiens, in der jetzigen wirtschaftspolitischen Situation Wiens, in der jetzigen arbeitsmarktpolitischen Situation Wiens, in der jetzigen sozialpolitischen Situation Wiens die Situation in Wien zu verbessern, sondern diesen beiden Parteien - und ich nehme an, bei den Freiheitlichen ist es nicht anders - geht es einzig und allein darum, Wien permanent schlechtzureden (GR Mag. Wolfgang Jung: Das braucht man nicht! – Ruf: Nein, die Stadtregierung!), um daraus politisches Kapital zu schlagen. (Beifall von GR Christian Oxonitsch.) Und ich halte das in der gegenwärtigen Situation tatsächlich für eine Katastrophe, ich halte das auch für inhaltlich falsch - und vor allem auch deshalb, weil die Situation nicht rosig ist. (GR Mag. Wolfgang Jung: Ah? Ah?)
Natürlich wäre es uns in der jetzigen Situation lieber, wenn wir ein prosperierendes Wachstum in ganz Österreich, in ganz Europa hätten, wenn wir niedrige Arbeitslosenzahlen, sprudelnde Steuereinnahmen hätten, die für eine Steuersenkung insbesondere im Bereich der lohnabhängigen Steuern und Abgaben genutzt werden könnten. Das wäre mir lieber. Und insbesondere wäre es mir lieber, wenn Wien tatsächlich keine Neuverschuldung hätte, weil auch sozialpolitisch, integrationspolitisch in ganz Europa, in ganz Österreich Maßnahmen gefruchtet haben, sodass Flüchtlingsbewegungen, die gegenwärtig stattfinden, nicht mehr stattfinden müssten und all jene, die hier sind, integriert wären, einbezogen wären ins tägliche Leben und mitmachten. Das wäre mir lieber. Doch die Situation ist nicht so. Und was machen Sie in Ihren eigenen Fraktionen eigentlich dafür, um die Situation Wiens in dieser Frage zu verbessern? (GRin Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES: Auf Geld zu verzichten, beispielsweise! Auf Geld zu verzichten!)
Sie beteiligen sich beim Finanzausgleich nicht in der Form, dass Sie Finanzminister Schelling auffordern, er möge doch endlich einmal sehen, was sich auf Länder- und Gemeindeebene abspielt, und zwar nicht nur in Wien, sondern das ist genauso in Graz, das ist genauso in der Steiermark – wo im Übrigen fürs nächste Jahr ein Gebarungsabgang von 300 Millionen EUR budgetiert ist -, das ist genauso in Niederösterreich, dem Land mit der höchsten Verschuldung pro Kopf. Man braucht darüber ja gar nicht zu reden, es ist ja in vielen Ländern und Gemeinden so! Das muss man dem Finanzminister doch einmal vor Augen führen, damit auf Bundesebene endlich einmal der Knopf umgelegt wird, um den Ländern
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