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Gemeinderat, 10. Sitzung vom 27.06.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 62 von 121

 

diskutieren müssen: Was ist die Rolle des Gemeinderates? Und wenn der Gemeinderat die Rolle eines Aufsichtsrates hat: Welche Art von Rechten und Pflichten hat er dann tatsächlich? Ich glaube, dass das in der jetzigen Verordnung nicht entsprechend klar geregelt ist.

 

Ich halte es für wichtig, dass Sie, sehr geehrte Frau Gesundheitsstadträtin Wehsely, eine Gesamtbilanz über das Wiener Gesundheitssystem darlegen sollten, nicht nur einen Jahresabschlussbericht des letztendlich Teilsystems des Wiener Krankenanstaltenverbundes, denn es geht um die politische Bilanz und damit um die politische Verantwortung. Darüber sollten wir in diesem Gremium auch entsprechend debattieren, denn das ist wesentlich für die Wienerinnen und für die Wiener, das ist auch wesentlich für die MitarbeiterInnen des KAV. Ich sage dazu: Es braucht eindeutig mehr Transparenz, und es braucht auch eindeutig noch umfangreichere und bessere Kontrollinstrumente. - Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

 

Vorsitzender GR Mag. Gerald Ebinger: Die gewählte Redezeit war 10 Minuten, die tatsächliche 11 Minuten. Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau GRin MMag. Dr. Kugler. Selbstgewählte Redezeit 15 Minuten.

 

15.28.34

GRin MMag. Dr. Gudrun Kugler (ÖVP)|: Herr Vorsitzender! Frau Stadträtin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

 

In dieser Spezialdebatte sprechen wir über Ausgaben von insgesamt über 4 Milliarden EUR, und ich möchte heute meine Zeit nicht damit verbringen, über die Mindestsicherung zu sprechen - Frau Stadträtin, Sie werden sich wahrscheinlich darüber freuen -, obwohl man immer wieder dazusagen muss, dass Wien die Stadt mit den meisten Mindestsicherungsbeziehern Österreichs ist, und dass wir hier insgesamt über 600 Millionen EUR ausgeben, wenn man den Personalaufwand dazurechnet. Ich möchte auch nicht über die enormen Herausforderungen sprechen, die die Flüchtlingskrise uns nun noch bringen wird, und dass wir Dinge wie die Residenzpflicht, und so weiter auch besprechen müssen. Ich möchte auch meine Zeit nicht darüber verwenden, um zum Beispiel über die zugekauften Beratungsleistungen des KAV zu sprechen, seit 2013 20 Millionen EUR, und trotzdem fehlen in vielen Bereichen verständliche Gesamtkonzepte.

 

Nein, ich möchte heute über etwas reden, was ich immer als eine politische Phrase gesehen habe, was aber keine ist, nämlich die Zweiklassenmedizin. Wer selbst gesund ist, der meint, ja, da reden ein paar Politiker über irgendwelche Begriffe. Wer betroffen ist, wer einmal krank ist und erlebt, was es heißt, der versteht, was der Begriff Zweiklassenmedizin bedeutet.

 

Schauen wir uns die verschiedenen Bereiche an, wo die Wartezeiten in Wien viel länger sind als in anderen Bundesländern. Erstuntersuchung Schilddrüsenknoten: Die Patientenanwältin Pilz war hier und hat gesagt, eine Patientin hat ein Jahr lang gewartet, die psychische Belastung ist unvorstellbar. Ähnlich ist es bei MRT-Untersuchungen und anderen Instrumenten der Diagnostik. Aber auch bei der Strahlentherapie, bei Prothesen, Hüfte und Knie, aber auch bei Psychotherapie auf Krankenschein für Jugendliche. Hier gibt es teilweise Wartezeiten von bis zu einem Jahr.

 

Wo kommt da jetzt die zweite Klasse hinein? - Zusatzversicherte werden da oft vorgezogen, und Normalversicherten sagt man dann, man könnte ja auch in die private Praxis kommen, da geht das schneller. Es gibt noch einen dritten, einen österreichischen Weg, und das sind dann die, die jemanden kennen. Mir ist das selber einmal passiert, ich muss Ihnen das erzählen: Ich brauchte eine Handoperation und konnte meine rechte Hand gar nicht mehr bewegen. Damals hatte ich drei kleine Kinder und einen Beruf. Dann sagte man mir im öffentlichen Krankenhaus in Wien, ich habe sechs Monate Wartezeit. Dann habe ich ein bisserl herumtelefoniert und dann schlussendlich eine Ärztin gefunden, die dann dem Chefarzt dort liebe Grüße ausgerichtet hat, und dann war ich drei Tage später dran. Dann konnte ich alles, was ich machen musste, mit meiner Hand wieder tun. Aber nicht jeder kennt jemanden, den er anrufen kann.

 

Ins Detail, die Wartezeiten für die Diagnostik: Da meint jetzt jemand von außen, und so habe ich es mir auch ursprünglich einmal gedacht: Na ja, die Geräte sind teuer, davon haben wir nicht genug, dann muss man halt lange warten. In Wirklichkeit stimmt das ja gar nicht, denn es geht nicht darum, dass wir die Geräte nicht haben, sondern dass die Verträge mit den Krankenkassen und hier insbesondere mit der Gebietskrankenkasse so pauschaliert sind, dass man sagt, wir haben die Zahl der Diagnosen für unsere Zeiteinheit schon ausgeschöpft, ihr müsst jetzt noch warten. Und die Geräte stehen dann teilweise auch leer.

 

Ein anderes Problem: Die neue Arbeitszeitregelung der Spitalsärzte hat dazu geführt, dass Ärzte weniger Überstunden im Spital machen und dann vielleicht auch öfter eine eigene Praxis eröffnen können, um als Wahlarzt tätig zu sein. Wir haben Zahlen: Von 2012 bis 2016 sieht das so aus, dass die Kassenärzte um 4 Prozent gesunken sind. Also in den letzten 4 Jahren sind Kassenärzte um 4 Prozent zurückgegangen, die Wahlärzte allerdings um 11 Prozent gestiegen.

 

Daraus schließe ich Folgendes: Wien braucht erstens mehr Kassenärzte. Da muss ich das Problem der Kinderärzte gar nicht extra erwähnen, Sie kennen das. Man sagt, wenn man einen Kinderarzt braucht, meldet man sich am besten schon an, wenn die Schwangerschaft festgestellt wird, ungefähr so wie bei manchen Kindergärten. Aber es ist noch ein anderes Problem mit dabei, ein hausgemachtes Problem. Wenn es zum Beispiel in Krankenhäusern lange Wartelisten gibt, dann gibt es sicher auch Ärzte, die vielleicht die Möglichkeit hier sehen, über den Verweis auf die Privatpraxis auch Geld zu verdienen.

 

Ich sage eines: Wir wissen, dass die meisten Ärzte großartig engagiert Tag und Nacht im Einsatz sind. Aber Ärzte sind auch Unternehmer, das ist auch legitim so, aber hier ist die Stadt, hier ist das Land aufgerufen, Regelungen einzusetzen, die einem Missbrauch vorbeugen. In anderen Ländern gibt es Beispiele, die man vielleicht auch für Wien heranziehen könnte.

 

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