Gemeinderat, 9. Sitzung vom 24.05.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 8 von 53
Deshalb ist dieses Projekt so komplex. Deshalb hat sich mit diesem Projekt nicht nur der Wiener Gemeinderat intensivst auseinandergesetzt, sondern auch einige der größten Kapazitäten, die wir hierzulande haben - in der einen oder anderen Form. Wir dürfen nicht vergessen, es hat Experten-Hearings gegeben, wo nahezu 50 namhafte Expertinnen und Experten aus dem In- und Ausland waren. Es hat ein sehr umfangreiches, kooperatives Planungsverfahren gegeben, und wenn man sich anschaut, wer aller daran teilgenommen hat, erkennt man, dass hier all diejenigen am Werk waren, die auch wirklich etwas davon verstehen. Es hat einen internationalen Wettbewerb gegeben mit renommierten Teilnehmerinnen und Teilnehmern und, wie gesagt, auch einer renommierten Jury. Und sagen wir es so: Das Ergebnis, das jetzt hervorgegangen ist aus diesem Wettbewerb, ist nun ein Projekt, das eine Höhenentwicklung hat, die mit dem Weltkulturerbe so einfach nicht vereinbar ist. Dies ist nur ein Beispiel aus der gesamten Komplexität all dessen, was hier zu berücksichtigen war.
Sie wissen auch, dass wir, wenn wir einmal mit Wettbewerbsergebnissen konfrontiert sind, diese auch ernst zu nehmen haben. Es gilt auch nicht, da herumzudoktern, auch nicht herumzuinterpretieren. Ein Wettbewerbsergebnis ist nun mal ein Wettbewerbsergebnis und lässt relativ geringe Spielräume zu, was dann gemacht werden kann. Man kann zum Beispiel nicht einfach hergehen und so wie manchmal leider in der Vergangenheit dann einfach einen Teil etwa des Turms abschneiden, weil wir ja alle wissen, was dann das Ergebnis ist. Solche Fehler aus der Vergangenheit - man lernt ja auch daraus - will man nicht mehr wiederholen.
Ist man daher mit einer derartig komplexen Situation konfrontiert, dann ist es das einzig Sinnvolle und Vernünftige zu sagen, okay, Stopptaste drücken, Nachdenkpause. Diese Nachdenkpause gilt es zu nutzen, um nun etwas anderes auf den Weg zu bringen, das tatsächlich realisiert werden kann. Ich gebe zu bedenken, dass in den vergangenen Jahren mit mehr oder weniger und manchmal sogar ganz ohne Auseinandersetzungen bereits Hochhäuser entstanden sind, die städtebaulich vertretbar waren und die vielleicht vom einen oder anderen als nicht ästhetisch, nicht schön oder nicht notwendig bewertet wurden. Aber wie gesagt, diese Häuser sind entstanden nach korrekten Verfahren, die innerhalb eines relativ kurzen Zeitraums auch zu dem gewünschten Ergebnis geführt haben.
Was wir daraus erkennen, ist, dass die Stadt hochgradig korrekte Verfahren hat, was den Umgang insbesondere mit derartig sensiblen Lagen angeht, das ist gut so, und dass manchmal, wie gesagt, Städtebau eine derartig komplexe Angelegenheit ist, dass es nicht so funktioniert wie Kuchenbacken, wo man sozusagen die richtigen Zutaten miteinander vermengt und am Ende dann das herauskommt, was man wollte. Manchmal ist es so, und dann muss man einfach, wie gesagt, eine Entscheidung treffen, die dazu führt, dass am Ende ein gutes Ergebnis da ist.
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Die 3. Zusatzfrage wird vom Herrn GR Dr. Aigner gestellt.
GR Dr. Wolfgang Aigner (FPÖ): Sehr geehrte Frau Vizebürgermeister! Herr Vorsitzender!
Ich sage einmal herzlichen Dank für die ausführliche Beantwortung. Ich darf Ihnen hier, glaube ich, nicht nur in meinem Namen, sondern auch im Namen vieler besorgter Bürger ein Dankeschön dafür aussprechen, dass Sie eben nicht dem Zeitdruck gewichen sind und so nach dem Motto „Jetzt tun wir schon drei, vier Jahre herum, bauen wir einfach, und so weiter“, sondern dass Sie in Anbetracht der Sensibilität der Lage noch einmal innehalten. Das zeigt auch, dass Institutionen wie ein Fachbeirat, auch wenn es massiven Druck oder einen Zeitdruck oder auch vielleicht ökonomische Interessen, die ja verständlich sind, gibt, dann doch auch eine Fachmeinung abgibt. Und dass die Politik dieser Fachmeinung folgt, soll ja kein Vorwurf sein, sondern das ist eigentlich etwas, wovon man ausgehen können sollte.
Ich habe Ihrer Beantwortung auch entnommen, dass es jetzt nicht nur um eine Nachdenkphase geht im Sinne: Bringen wir dann das gleiche Projekt, vielleicht ein wenig verändert, wiederum ein, sondern dass es hier doch darum geht, die verschiedenen, teilweise divergierenden Aspekte möglichst unter einen Hut zu bringen.
Meine Zusatzfrage geht in Richtung des Weltkulturerbes. Ich glaube, das ist schon etwas, das eine Stadt nicht so einfach bekommt, sondern das haben wir uns verdient. Über Jahrhunderte ist Wien im Bereich der Innenstadt und im Bereich des Umfeldes so gebaut worden und gewachsen, dass wir eben diesen auch im Tourismus sehr gut vermarktbaren Titel bekommen haben. Und ich glaube, da haben wir auch die Verantwortung gegenüber den künftigen Generationen, bei unseren baulichen Maßnahmen so zu agieren, dass dieser Titel nicht in Zweifel gezogen wird. Daher meine Frage an Sie: Ist für Sie die Erhaltung des Weltkulturerbestatus eine Conditio sine qua non für ein Okay für jedes Projekt, das dort kommen mag?
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Frau Vizebürgermeisterin.
VBgm.in Mag. Maria Vassilakou: Sehr geehrter Herr Gemeinderat!
Ja, selbstverständlich ist es mir wichtig, alles zu unternehmen, damit der Weltkulturerbestatus nicht gefährdet wird. Ich denke, dass das eine Antwort ist, die Sie auf die von Ihnen gestellt Frage, so gestellt, wahrscheinlich hier von jedem einzelnen und jeder einzelnen der Gemeinderätinnen und Gemeindete so bekommen würden. Was wir natürlich nicht ausblenden dürfen, ist, dass der Weltkulturerbestatus für die künftige Stadtentwicklung gewisse Auflagen postuliert, wir aber auf der anderen Seite in einer lebendigen Metropole leben, die sich natürlich auch weiterentwickeln muss und wird.
Der Weltkulturerbestatus kann auch nicht bedeuten, dass man die Stadt sozusagen unter eine Art virtuelle Käseglocke stellt und sozusagen ad infinitum konserviert, aber den heutigen Generationen nicht die Möglichkeit gibt, das Weltkulturerbe von morgen zu produzieren. Ich möchte auch nicht unerwähnt lassen, dass das Prädikat „Weltkulturerbe“ explizit mit der Begründung zuerkannt wurde, dass innerhalb der Inneren Stadt die unter
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