Gemeinderat, 8. Sitzung vom 29.04.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 28 von 107
richtsbarkeit gar nicht mehr gibt in diesem Sinne, wie Sie es erwähnt haben. Es gibt nämlich die Einsetzung eines ständigen Gerichtshofs mit internationaler Rechtsstaatlichkeit. (GR Mag. Dietbert Kowarik: Herr Kollege, wir haben Gerichte!) Das ist schon ein großer Unterschied, weil dieser nach WTO-Vorbild von nationalen Richtern bestellt wird und es auch einen Instanzenzug darin gibt. Was ist daran dann noch schlecht? Da wird bewusst noch mit falschen Fakten gespielt! (Beifall bei den NEOS. - GR Mag. Wolfgang Jung: Ja, eben!)
Diese Art der Gerichtsbarkeit ist ein großer Fortschritt und ist auch wichtig, um Rechtssicherheit zu haben. Wenn Sie mit einem Unternehmen zum Beispiel im Süden der Vereinigten Staaten benachteiligt werden würden, vertrauten Sie dann dort der lokalen Gerichtsbarkeit, die in jedem Bundesstaat anders entscheidet? Nein. (GR Mag. Dietbert Kowarik: Dann würde ich dort nicht investieren!) Es muss gewisse Grundprinzipien geben, die über die ganzen Bundesstaaten der USA gelten und auch europaweit geltend sind. Genau da ist dieser Gerichtshof das Wichtigste.
Was noch gebracht worden ist, ist die Einschränkung der Umwelt- und Verbraucherstandards. Frau Stadträtin, Sie wissen, wenn man CETA genau durchliest, dann sieht man, dass die Bereiche so geregelt sind, dass die höheren Standards gelten. Es ist sogar angedacht, ein eigenes Kapitel nur für Verbraucherstandards und Umweltrechte in diesen Verträgen zu implementieren. (Beifall bei den NEOS und von StR Mag. Gernot Blümel, MBA.)
Sie spielen hier absichtlich mit falschen Informationen, vor allem dem Fokus auf die Daseinsvorsorge. Es ist schon oftmals von der Europäischen Kommission bekräftigt worden, dass TTIP oder auch CETA keinen Einfluss auf die Gestaltung der öffentlichen Versorgung haben werden. Das kann auch gar nicht sein, weil im Vertrag von Lissabon vorgeschrieben ist, dass eine potenzielle Privatisierung Sache der Nationalstaaten ist. Auch mit diesem Abkommen wird es weiterhin Sache der Nationalstaaten sein. Das heißt, hier ist diese Studie, die beauftragt worden ist, auf jeden Fall nicht umfassend, sondern sehr selektiv.
Aber auch wir haben Kritikpunkte am aktuell ausverhandelten CETA-Abkommen und auch Wünsche für das zukünftige TTIP-Abkommen. Das heißt, wir werden mit dem Antrag, der gestellt wird, nicht mitgehen und werden einen eigenen Antrag mit eigenen Aspekten einbringen.
Einer meiner Kritikpunkte ist zum Beispiel das Versagen der Kommission, proaktiv zu kommunizieren. Es ist besser geworden. Es ist mittlerweile das am transparentesten verhandelte Abkommen. Aber vor allem in der Anfangszeit wurden gravierende Fehler gemacht.
Was mir in der umfassenden Verankerung auch wichtig ist, ist das Prinzip der Inländergleichbehandlung, eine Gleichbehandlung, ob der Investor aus Kanada oder sonst wo her ist. Das wäre wichtig.
Was natürlich wichtig ist, ist weiterhin die Beibehaltung der hohen europäischen Standards im Umwelt- und Sozialbereich. Es steht zwar drinnen, aber vor allem Richtung TTIP wird es auch wichtig sein, dass es vorkommt.
Landwirtschaftsstandards müssten erhalten bleiben. Sofern diese nicht gewährleistet werden, müssen sie ausgenommen werden.
Was ich problematisch sehe, ist ein rechtspolitischer Aspekt, nämlich, dass Beschlüsse von den Regierungsbehörden in Zukunft potenziell ohne Parlamente verabschiedet werden können. Das sehe ich als Demokrat auch sehr kritisch. Hier müsste das Europäische Parlament eingebunden und müssten durch die parlamentarische Versammlung solche Beschlüsse demokratisiert und legitimiert werden. (Beifall bei den NEOS.)
Ein weiterer Punkt, der uns wichtig ist, ist die Ausnahme des Kulturbereiches aus diesem Abkommen, aus CETA und TTIP, weil wir hier keinen Mechanismus sehen, wie das sinnvoll umgesetzt werden könnte.
Was uns auch wichtig ist, ist ein reger öffentlicher Austausch mit Experten, mit der Zivilgesellschaft über die fertigverhandelten Abkommen, weil auch wir Kritikpunkte sehen.
Ich wünsche mir, dass die Debatte von den nächsten Rednern auch sachlich geführt wird, dass wir wirklich auf die einzelnen Punkte eingehen können.
Aber zuletzt ist zu sagen, es gibt auch sehr viele positive Aspekte, die mittlerweile schon festgeschrieben sind. Es sind das Kapitel Arbeitsrecht, das Kapitel Umweltschutz, die festgehalten sind. Das muss man auch sehen, dass man nicht nur eindimensional die Gefahren, sondern auch die Chancen sieht, die der freie Handel mit sich bringt.
Wir als NEOS sind große Verfechter des freien Handels, wollen Adaptierungen der bestehenden CETA- und TTIP-Verträge, aber keine generelle Ablehnung jeglicher Freihandelsabkommen. - Danke sehr. (Beifall bei den NEOS.)
Vorsitzender GR Mag. Gerald Ebinger: Für eine eventuelle zweite Wortmeldung haben Sie noch eine Restredezeit von elf Minuten. Als Nächster zum Wort gemeldet hat sich Herr StR Mag. Blümel.
StR Mag. Gernot Blümel, MBA: Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!
Frau Stadträtin, ich habe Ihren Ausführungen sehr aufmerksam zugehört und ich stimme Ihnen zu, dass wir die Bedenken, wenn es um so ein Freihandelsabkommen geht, auch entsprechend abwägen müssen, weil da geht es auch um Ängste der Bevölkerung. Wir müssen sehr gut nachschauen und abwägen, was davon wirklich relevant ist und was nicht.
Es sind ein paar Themen im Raum stehend, die als sehr kritisch betrachtet werden, was dieses Freihandelsabkommen betrifft. Alle kennen Vorwürfe, wie beispielsweise, wir verlieren die Verfügungsrechte über unser Wasser, unsere strengen Umweltschutzregeln werden auslaufen, Hormonfleisch, Genmais kommen nach Österreich, die Standards im Lebensmittelbereich und auch im Gesundheits- und Arbeitsrechtsbereich werden sinken, die Landwirtschaft Österreichs wird zugrunde gehen, die KMUs werden im Wettbewerb nicht mithalten können. Sehr geehrte Damen und Herren, jedes einzelne
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