Gemeinderat, 5. Sitzung vom 23.02.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 67 von 114
Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Ich eröffne die Debatte. Zum Wort gemeldet ist Frau GRin Mag. Meinl-Reisinger. Ich erteile ihr das Wort.
GRin Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Herr Vorsitzender! Herr Berichterstatter! Werte Kolleginnen und Kollegen!
Ich beziehe mich jetzt auf dieses Poststück, aber auch gleich noch auf ein paar folgende, denen wir nicht zustimmen werden. Es stellt sich hier immer wieder die gleiche Frage für uns, und ich glaube, diese stellen wir uns alle: Machen wir hier das Richtige mit der Kulturförderpraxis in dieser Stadt? Dann stellt sich natürlich gleich die nächste Frage: Wer definiert eigentlich, was das Richtige ist? Ich denke mir, genau hier muss man mit Zielen arbeiten, aber auch ganz klar mit Kriterien, denn wie soll man sonst feststellen, ob wir mit der Kunst- und Kulturförderung in Wien eben dieses Richtige machen.
Wie ich auch an dieser Stelle schon einmal gesagt habe, bin ich durchaus der Meinung, dass es legitim ist, wenn die Politik definiert, was die Ziele sind und auch, was die Kriterien sind. Das ist allerdings für mich ein ganz wesentlicher Bestandteil von „Good Governance“, wenn es diese Kriterien transparent, offengelegt, festgeschrieben gibt und damit auch eine Entscheidung nachvollziehbar ist. Man weiß dann, was man bekommt, und es hat nicht vielleicht den Eindruck von Beliebigkeit.
Genauso wichtig wäre es aus meiner Sicht auch, Kriterien in puncto Qualität festzulegen. Auch das ist immer eine sehr heikle Diskussion. Hier geht es mir nicht darum, dass Politik, oder schon gar nicht Parteipolitik, bewertet, was Kunst und Kultur sein darf und soll, aber es sehr wohl natürlich gerade auch von Expertinnen und Experten objektivierbare Kriterien gibt, die flexibel genug sind, um alle Sparten und Erscheinungsformen von Kunst und Kultur abbilden zu können und jedenfalls eine valide Entscheidungsgrundlage zu bilden.
Mir ist wichtig zu sagen, dass auch Konzepte wie Effizienz oder Effektivität im Kulturbereich nicht der Kapitalisierung von Kunst und Kultur dienen - dagegen würde ich mich ganz entschieden verwehren -, aber einer Kontrolle der Wirkungsorientierung und letztlich, und das möchte ich auch sagen, gerade auch der Durchlässigkeit, denn, jetzt in Richtung von jungen Künstlerinnen und Künstlern gesprochen, wenn wir ein System haben, dass eigentlich der Ausgangspunkt für Förderungen im überwiegenden Teil der Fälle die Höhe der Vorjahressubvention und nicht die Frage eines plausibel gemachten Bedarfs ist, dann kann hier nicht von Durchlässigkeit die Rede sein. Es ist dringend an der Zeit, diese Praxis zu überdenken, gerade im Hinblick auf Durchlässigkeit und Entfesselung von verkrusteten, vielleicht auch historisch gewachsenen Strukturen.
Wir NEOS wollen, dass sich Förderungen von Kunst und Kultur daran orientieren, was Kunst und Kultur für die Gesellschaft leistet, welche Bedeutung damit verbunden ist und jedenfalls nicht nach Seniorität. Man muss auch dazusagen, es kommt hier oft zu Asymmetrien. Damit ist jetzt nicht alles schlecht, was hier passiert, aber es ist auch lang nicht gut.
Ich möchte Ihnen jetzt von meinem Dilemma berichten: Jedes Mal, wenn der Ausschuss ansteht, wenn diese Förderakten bei uns am Tisch liegen, ist einfach keine ausreichende Information für uns da, dass wir wirklich guten Gewissens sagen können, wir stimmen zu, das ist eine transparente und nachvollziehbare kriteriengeleitete Kulturförderpraxis.
In diesem Zusammenhang verweise ich jetzt beispielsweise auf dieses Poststück, wo für uns nicht nachvollziehbar ist, wieso, wenn ein Jazzfestival, das sicher großartig und wichtig ist, gefördert werden soll, dort einnahmenseitig nichts dargestellt wird. Das ist für mich nicht nachvollziehbar. Da bitte ich um Verständnis, dass ich nicht zustimmen kann.
Ein weiteres Kriterium für unsere Entscheidung habe ich hier auch schon sehr oft dargelegt. Immer, wenn wir den Eindruck gewinnen, dass vielleicht eine gewisse parteipolitische Nähe einen Einfluss auf die Entscheidung gehabt haben könnte, werden wir auch nicht zustimmen.
Im Übrigen bin ich der Meinung, dass es ein Kulturfördergesetz für Wien braucht. - Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)
Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Zum Wort gemeldet ist Herr GR Baxant. Ich erteile ihm das Wort.
GR Petr Baxant, BA (SPÖ): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Herr Berichterstatter! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Wien ist eine Musikstadt und Wien muss auch Musikstadt bleiben. Ich möchte nämlich zur Post reden. Diese Musikstadt Wien muss eigentlich tagtäglich und jedes Jahr von Neuem erkämpft werden. Ich bin eigentlich traurig, dass gerade Sie dieser Post nicht zustimmen, weil ich sicher bin, die Veranstaltungen taugen Ihnen sehr. (GRin Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES: Mein Geschmack soll keinen Einfluss auf Förderentscheidungen haben!) - Ich weiß.
Das Jazzfest Wien ist eine wunderbare Veranstaltung, die es im Grunde schon seit sehr vielen Jahren gibt. Jetzt wird das Jazzfest Wien noch zusätzlich ergänzt um eine Veranstaltungsreihe von neun Lokalen, die über das ganze Jahr hinweg Jazz auf einem sehr guten Niveau, auf einem sehr hohen Niveau anbieten und wo vor allem etwas stattfindet, das für das musikalische Geschehen in dieser Stadt sehr wichtig ist, nämlich, wo internationale Topkünstler und -künstlerinnen mit nationalen und heimischen Künstlern und Künstlerinnen in Kontakt treten. Das macht sowohl den KünstlerInnen als auch dem Publikum sehr viel Spaß. Die IG Jazz sind im Grunde mindestens neun Lokale, die sich in Wien zusammengetan haben und sich gemeinsam mit dem Kulturamt überlegt haben, was sie tun können.
Jetzt gibt es diese Förderung, sofern sie heute beschlossen wird, von 96.000 EUR, die natürlich unter anderem auch als Mittelstands- und Kleingewerbeförderung gesehen werden kann. Auch das müsste den NEOS eigentlich gefallen und ist nämlich ganz wichtig. Diese Lokale kämpfen unter anderem immer wieder um die Existenz. Wir wissen, wie es Gastronomen heutzuta
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