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Gemeinderat, 5. Sitzung vom 23.02.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 56 von 114

 

Das ist die Regierungsmehrheit SPÖ, GRÜNE, ÖVP und NEOS gegen die Stimmen der FPÖ, somit angenommen.

 

14.29.30Es gelangt nunmehr Postnummer 41 der Tagesordnung zur Verhandlung. Sie betrifft eine Äußerung des Gemeinderates an den Verfassungsgerichtshof betreffend die Anfechtung des Flächen- und Bebauungsplanes Plandokument Nr. 7195 in Wien 22. Ich bitte den Berichterstatter, Herrn GR Holzmann, die Verhandlungen einzuleiten.

 

14.29.41

Berichterstatter GR Ernst Holzmann: Sehr geehrte Damen und Herren des Gemeinderates! Ich ersuche um Zustimmung.

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Zum Wort gemeldet ist Herr GR Mag. Pawkowicz. Ich erteile es ihm.

 

14.29.50

GR Mag. (FH) Alexander Pawkowicz (FPÖ)|: Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn die böse Stadt nicht will.

 

Sehr geehrter Gemeinderatsvorsitzender! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

 

Dieses etwas abgewandelte Zitat von Friedrich Schillers „Wilhelm Tell“ war das Erste, was mir eingefallen ist, als ich diesen vorliegenden Akt, den entsprechenden Antrag und die Stellungnahme gelesen habe. Dem Herrn Landtagspräsidenten Kopietz mag hat es nicht gefallen, aber das ist halt so mit Literatur, die finden manche auch etwas langweiliger. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Wir haben im vorliegenden Fall ein Aktenstück, wo es um ein Grundstück in Stadtrandlage im Ortsteil Eßling geht, wo in einer entsprechenden Erholungslage Gartenhäuser errichtet worden sind. Wo Einfamilienhäuser errichtet worden sind, nicht zuletzt, um dem hektischen Treiben der Stadt zu entfliehen, um sich am Abend vielleicht einmal rauszusetzen und hier den Tag zu genießen. In dieses entsprechende Vorstadtidyll hinein kracht die Stadt mit dem Vorschlaghammer de facto mit unbarmherziger Härte und lebt ihre Enteignungsphantasien aus, die sogar der Verwaltungsgerichtshof ganz klar für gesetzwidrig erklärt. Das ist der eigentliche Skandal bei diesem Aktenstück, um das es hier geht! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Im konkreten Fall haben hier acht Eigentümerinnen und Eigentümer ein Gebäude jeweils auf ihrem Grundstück errichtet. Sie wurden damals von der Stadt Wien verpflichtet, eine entsprechende Zufahrtsstraße auf eigenem Grund und mit eigenen Geldmitteln zu finanzieren und zu errichten. Das haben die Anrainer auch gemacht. Sie haben auf Grund dieser Verpflichtung, dieser Anordnung der Stadt eben diese Straße auf eigenem Grund gebaut. Jetzt, einige Jahre später, passiert dann Folgendes: Ein benachbarter Liegenschaftsbesitzer kommt auf die Idee, auf seinem Grundstück könnte man vielleicht auch etwas Großes gestalten. Er möchte das Grundstück teilen und zwei Bauplätze darauf errichten. Die Zufahrt wäre grundsätzlich problemlos aus einer ganz anderen Richtung möglich. Aber nein, die Stadt Wien sagt: Brauchen wir nicht, weil da gibt es ja schon eine Straße, wo wir schon einmal Eigentümer dazu verpflichtet haben, sie zu bauen. Diese Straße haben die Eigentümer auch mit eigenen Mitteln gebaut und errichtet und instandgehalten. Wunderbar! Enteignen wir diese Straße, ganz zwanglos. Das ist in kurzen Worten zusammengefasst, was hier passieren soll. Enteignen wir ganz grundsätzlich dieses Recht der Eigentümer und gestatten wir damit allen anderen, dieses Ding auch zu benutzen, weil es angeblich notwendig ist. Dieser Fall, es ist jetzt kurz zusammengefasst, was ich hier sage, ist im Endeffekt ein Akt, der 20 cm dick ist. Aber im Endeffekt haben in diesem Fall die Anrainer zu Recht den Verwaltungsgerichtshof angerufen. Das Ganze ist jetzt seit vielen Jahren quer durch alle Instanzen gelaufen. Am Ende des Tages, sagt der Verwaltungsgerichtshof hier mit der Aktenzahl A 20150010-1: „Beschluss: Gemäß Art. 139 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz wird an den Verfassungsgerichtshof der Antrag gestellt, diese Verordnung“ - nämlich den Flächenwidmungsplan – „als gesetzwidrig aufzuheben.“ Das heißt, da haben sich Verwaltungsrichter, und das sind ja nicht irgendwelche Leute - etwa die Senatspräsidentin Dr. Bernegger, die Hofräte Dr. Enzenhofer, Dr. Moritz und andere -, da haben sich entsprechende Fachjuristen lange damit auseinandergesetzt und sind zu einem ganz klaren Ergebnis gekommen: Was hier passiert, ist eine kalte Enteignung, und das ist gesetzwidrig. Und warum ist es gesetzwidrig? Weil, so lesen wir dann weiter in diesem entsprechenden Spruch, die entsprechende Umwidmung, die die Stadt Wien hier vornehmen möchte, schlicht und einfach die privaten Interessen, die dem entgegenstehen, nicht ausreichend begründet hat oder nicht ausreichend abgewogen hat. Hier wird aus einer ähnlichen Judikatur zitiert, wo es dann heißt: Es sind immer Rücksichten auf so eine Abänderung zu suchen. Unter den wichtigen Rücksichten sind keineswegs, und ich zitiere das wörtlich jetzt aus dieser Begründung des Verwaltungsgerichtshofes: „Unter den wichtigen Rücksichten sind keineswegs nur die öffentlichen Interessen zu verstehen. So können die Interessen der Grundeigentümer an der Aufrechterhaltung des bestehenden Zustandes so gewichtig sein, dass sie ein öffentliches Interesse an der Erlassung eines neuen Flächenwidmungsplanes überwiegen.“

 

Das ist jetzt sehr Juristendeutsch. Das heißt im Endeffekt nichts anderes, wenn wir uns das dann durchlesen, als dass Eigentumsrecht und öffentliches Interesse zwei wichtige Rechtsinstrumente sind. Keine Frage, das öffentliche Interesse kann manches Mal gewichtiger sein als das Interesse am privaten Eigentum. Das haben wir etwa dann, wenn es um eine neue Eisenbahnstrecke geht oder Ähnliches. Aber hier in dem konkreten Fall hat offenbar die Stadt ohne jegliche Not versucht, die Interessen einer vermeintlichen Öffentlichkeit, in Wirklichkeit eines einzigen Anrainers, über die aller anderen Anrainer zu stellen. Da sagt der Verwaltungsgerichtshof klar, das ist gesetzwidrig und stellt nun einen entsprechenden Antrag an den Verfassungsgerichtshof. Ich weiß schon, die Materie ist relativ trocken. Ich versuche hier, wie gesagt, in möglichst laienhaften Worten wiederzugeben, worum es in diesem Akt geht. Der Verfassungsgerichtshof hat das jetzt bei sich liegen und möchte eine Stel

 

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