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Gemeinderat, 5. Sitzung vom 23.02.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 28 von 114

 

Deswegen sind wir auch zu dem Entschluss gekommen, dass die Wertevermittlung in Schulen einen wesentlichen Platz bekommen sollte. Wir haben den zugegebenermaßen nicht ganz unkontroversiellen Vorschlag einer Werteformel in der Früh an Wiener Pflichtschulen gemacht, diesen Antrag bringen wir heute ein, damit das zur Umsetzung kommen soll. Ich verstehe auch die Kritik diesbezüglich von linker Seite nicht, denn erstens gibt es das schon in anderen Ländern, wo das entsprechend gehandhabt wird, weshalb soll es dann in Österreich nicht funktionieren, zweitens gibt es auch ein allgemeines Bekenntnis zum Thema politische Bildung. Und was, wenn nicht politische Bildung ist es, dass man auch die Grundwerte des Zusammenlebens einer Gesellschaft vermittelt. Und insgesamt ist ja die Debatte mit dem vermehrten Zustrom aus anderen Ländern, die einen gänzlich anderen Wertehintergrund haben, nicht unrelevant für dieses Thema.

 

Ich lese Ihnen noch kurz die Werteformel vor, die wir vorschlagen, gegen die niemand ernsthaft etwas haben kann: „Ich bekenne mich zum gemeinsamen Europa, zur Republik Österreich und ihrer Verfassung und achte die österreichischen Gesetze und Grundwerte, um die Würde des Menschen, unsere Freiheit und ein friedliches Miteinander zu sichern. Mann und Frau sind in Österreich gleichgestellt, und jeder Mensch hat das Recht, sein Leben selbstbestimmt zu gestalten.“

 

Ganz ehrlich, da kann niemand wirklich etwas dagegen haben. Ich war ein bisschen entsetzt über die intensive Diskussion auch auf Twitter, was den Vorschlag betrifft, irgendwann einmal ist es in das Gegenteil gekippt, dann war es aus, nämlich zu dem Zeitpunkt, als im „Falter“ ein Kommentar gestanden ist, in dem eine „Falter“-Redakteurin gesagt hat, eigentlich ist an dieser Werteformel ja nichts auszusetzen, das gemeinsame Europa sollte man noch mit hineinpacken. - Zugegeben, „fair enough“, vollkommen richtig, haben wir genommen, insofern hoffe ich jetzt auf die allgemeine Unterstützung für diese Werteformel. - Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Nächste Rednerin ist Frau GRin Mag. Huemer. – Bitte schön.

 

11.25.36

GRin Mag. Barbara Huemer (GRÜNE)|: Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Zunächst einmal freut es mich, dass von Seiten der NEOS eine Problemanalyse geteilt wird, die dem heutigen Poststück zugrunde liegt, nämlich, dass es ein Grundproblem für Jugendliche ist, wenn sie das Gefühl haben, sie werden nicht gebraucht, wenn sie herumhängen müssen, wenn sie ihre Qualitäten nicht einsetzen können, wenn sie ihre Talente ungenützt sehen und einfach nur so in den Tag hineinleben müssen, ohne an der Gesellschaft partizipieren zu können. Das finde ich sehr gut, denn auf dieser Basis können wir, glaube ich, wirklich sehr gut auch weiterhin gemeinsam arbeiten.

 

Zu dieser Wertegebetsformel fällt mir nur ein: Ja, Werte sind gut, aber man kann diese Werte noch so oft sagen, wenn es an der gelebten Praxis mangelt, dann werden sie damit auch nicht wahrer. Ich glaube, da müssen Sie sich wirklich auch selbst an der Nase nehmen, wo Sie bislang diese Werte an Gleichstellung, an Gleichberechtigung nämlich nicht zum Leben erwecken können. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Ich möchte kurz ein bisschen ausholen, da ja heute Bildung das Schwerpunktthema ist und Bildung ein sehr wichtiges Element für die Integration in den Arbeitsmarkt ist. Auch der Arbeitsmarkt ist heute schon angesprochen worden. Die Integration in den Arbeitsmarkt ist ein wesentlicher Bestandteil für die gesellschaftliche Integration. Ich habe mich im Laufe der Vorbereitungen damit beschäftigt, was sich Junge so wünschen und warum sie zum Teil so frustriert sind. Ein Zitat hat mir da sehr gut gefallen, das sagt, weil wir benachteiligt sind und nicht gleich behandelt werden.

 

Ich denke, das sollte uns Anlass sein, hier wirklich noch stärker hinzusehen, um Jugendliche mit in das Boot zu holen, insbesondere Jugendliche, die frisch nach Österreich gekommen sind und in vielen Fällen wahrscheinlich wirklich keine Geschichte mitbringen, die jeder von uns haben möchte oder erleben möchte. In Wien, das ist Ihnen wahrscheinlich bekannt, ist die Arbeitslosigkeit von Jugendlichen relativ hoch - das sehe ich auch so - wir haben über 16.000 Jugendliche, die derzeit beim AMS gemeldet sind. Die wachsende Zahl hängt sicher auch damit zusammen, dass wir Jugendliche haben, die in Folge von Flucht hier sind. Nichtsdestotrotz muss man sich schon fragen, was die Ursachen dieser Arbeitslosigkeit sind. Und die Ursache ist nicht nur, dass Jugendliche fehlende Sprachkenntnisse oder auch fehlende Qualifikationen mitbringen, sondern die Ursache ist auch schlichtweg, dass es fehlende Ausbildungsplätze gibt.

 

Und da ist zum Beispiel die Wirtschaft wirklich sehr gefordert. Es dürfte Ihnen ja bekannt sein, dass die Zahl der Lehrausbildungsplätze in den letzten Jahren dramatisch zurückging - also, wo sollen junge Menschen einen Ausbildungsplatz finden, der auch mit der Praxis, der Wirtschaft zu tun hat, wenn nicht in Unternehmen? Ich bin sehr froh, dass es in Wien die überbetriebliche Lehrausbildung gibt, die über 1.000 Jugendlichen jährlich die Möglichkeit bietet, zu einem Lehrabschluss zu kommen.

 

Ich habe ein Problem angesprochen, die fehlende Sprache. Es gibt aber auch noch andere Probleme wie die fehlende Qualifikation oder auch die fehlende Anerkennung von Qualifikation. Bei dieser notwendigen Entwicklung ist Österreich wirklich noch sehr hinten nach. Wir in Wien versuchen mit dem Qualifikationspass, die informellen Qualifikationen sichtbar zu machen - auch für Unternehmen, die diese Person vielleicht einstellen möchten - und einen Pfad aufzuzeigen, wie gering Qualifizierte zu einer formalen Qualifikation kommen können, denn diese ist in Österreich nach wie vor sehr wichtig.

 

Des Weiteren möchte ich anführen, warum die Integration in den Arbeitsmarkt in den letzten Jahren nicht funktioniert hat beziehungsweise wie sie eigentlich besser funktionieren hätte können. Es ist durch Studien belegt, dass es auch an gesellschaftlicher Orientierungsmöglichkeit für Jugendliche fehlt. An diesem Punkt setzt auch das Projekt Jugend College an. Es wurde angesprochen, dass die psychologische Betreuung fehlt. Ich glaube, dass dieses Projekt in diesem Bereich mit

 

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