Gemeinderat, 70. Sitzung vom 23.09.2015, Wörtliches Protokoll - Seite 34 von 94
der Arbeitsmarkt und das Soziale zu beachten. In Wien gibt es im Hinblick auf den Leistungsgedanken sicherlich noch viel Luft nach oben. Eine Stadt, die in Europa Spitze sein will, meine Damen und Herren, kann sich nicht mit einem Mittelmaß zufrieden geben, sondern es muss ein klares Bekenntnis zur Förderung von Eliten, Leuchtturmprojekten und Exzellenzclustern in der Wissenschaft geben.
Damit, dass Josef Penninger in Wien geblieben ist und weiter bleibt, ist uns – wie Sie auch erwähnt haben – ein großer Wurf gelungen. Beim ISTA, dem „Institute of Science and Technology Austria“, ist uns das leider nicht gelungen, dieses wurde nach Niederösterreich verlegt, und damit wurde hier eine Chance vertan. Aber auch die Sir-Karl-Popper-Schule auf Initiative von VBgm Görg ist nur ein Beispiel dafür, dass wir noch mehr solcher Institutionen benötigen, um auf diesem Gebiet ein viel höheres Niveau zu bekommen.
Die Bildung ist – wie auch erwähnt wurde – vom Kindergarten bis zur Hochschule neu zu organisieren, und auch dabei dürfen wir nicht auf unser Gymnasium vergessen.
Wien braucht mehr Freiraum für Initiativen. Oberösterreich hat es vorgemacht, und erfolgreiche Beispiele aus aller Welt beweisen es. Eine Region muss Stärke zeigen und darauf aufbauen.
Wer überall ein bisschen etwas erreichen will, der erreicht nirgends irgendetwas! Ein erfolgreiches Clusterkonzept braucht einen Masterplan, und ich hoffe, dass der vorliegende Plan das erfüllen kann.
Wien braucht aber auch mehr Mut zur Innovation. Innovation beginnt im Kopf. Neues Denken braucht neue Köpfe und Menschen, die den Mut haben, sich auf dieses Risiko einzulassen, und die Neues umsetzen wollen. Es müssen aber auch die Bedingungen geschaffen werden, die Innovationen überhaupt erst ermöglichen, meine Damen und Herren, und dazu gehört bei vielen Abläufen und Entscheidungen in dieser Stadt ein viel höheres Tempo, damit Wien wieder nach vorne kommt! Die moderne Wirtschaft braucht moderne Wege, und diese sind in Wien – bei allem Stolz auf die funktionierende Infrastruktur – nur zu einem geringen Teil auf der Höhe der Zeit.
Schließlich fehlt auch das Bewusstsein, dass zukunftsorientierte Systeme heute angedacht werden müssen, damit sie uns morgen weiterbringen. – Ich denke etwa nur daran, dass bereits 2005 im Wahlkampf der Ausbau der Glasfasernetze in Wien versprochen wurde. Diese gibt es jedoch bis heute nur in sehr geringem Ausmaß!
Wien braucht mehr Unternehmer und weniger Bürokratie. Im heutigen „WirtschaftsBlatt“ äußert der Präsident der Industriellenvereinigung die Bemerkung: „Investitionen dürfen nicht durch Regulative scheitern.“ – Das heißt, die Stadt muss von Zwängen und Bürokratie befreit werden. Gerade jetzt, da wir all unsere Kräfte brauchen, um diese Stadt weiterzubringen, ist ein konsequenter Bürokratieabbau Gebot der Stunde.
Ich weiß, dass es eine Arbeitsgruppe zwischen dem Magistrat und der Wirtschaftskammer Wien gibt, ich bin aber leider ein bisschen enttäuscht beziehungsweise traurig, dass die Besprechungen derzeit ein bisschen ins Stocken geraten sind und vieles vielleicht schneller gehen könnte.
Es muss das Recht eines jeden Unternehmers beziehungsweise jeden Bürgers in Wien sein, Entscheidungen innerhalb von kurzen und klar definierten Fristen zu erhalten. Unternehmer sind nämlich Menschen, die etwas unternehmen wollen und die mehr erreichen wollen als das Mittelmaß, und darauf kommt es uns an! Gerade in schwierigen Zeiten, wie wir sie jetzt erleben, meine Damen und Herren, sind die Politik und die Stadtregierung gefordert, dass es hier zu einer Änderung, zu einem Kurswechsel kommt. Wien muss nicht nur die innovativste, sondern auch die mutigste Stadt Europas werden! – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Als nächster Redner ist Herr GR Mag Chorherr gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.
GR Mag Christoph Chorherr (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Vorsitzender! Frau Vizebürgermeisterin!
Es ist schön, wenige Tage vor der Wahl ein wichtiges, aber sozusagen auf den ersten Blick nicht wahnsinnig strittiges Thema zu besprechen und damit zu zeigen und darüber zu diskutieren, was denn die ökonomische Basis dessen ist, wo Wien in drei, fünf oder zehn Jahren sein will. Prof Van der Bellen wird nicht müde, sich mit vielen anderen hier dafür zu engagieren, und es kommt auch in der Strategie deutlich zum Ausdruck, welche unglaubliche Rolle der Universitätsstandort hat.
Ich möchte nur eine Zahl herausgreifen: Jeder Zweite in der Wiener Bevölkerungsgruppe der 19- bis 25-Jährigen ist ein Studierender. Das ist eine unglaubliche Chance! Gleichzeitig sage ich aber auch, und zwar diesfalls an Rot und Schwarz in der Bundesregierung und sozusagen nicht im Wahlkampfmodus: Im Hinblick auf die Finanzierung und die Möglichkeiten für junge Wissenschafter an Universitäten in Österreich gibt es doch ein bisschen Nachholbedarf. Ich glaube, diesbezüglich ist sowohl betreffend die Ausstattung mit Finanzmitteln, aber auch betreffend das Klima an den Universitäten grundsätzlich auf Bundesebene ganz Wesentliches zu tun.
Zweites hat mich bei meinen Recherchen in diesem Zusammenhang etwas überrascht. – Wenn man ganz schnell auf der Straße fragt, wo denn Wien wirtschaftlich stark ist, dann fällt vielen der Tourismus ein. Und in der Tat ist der Tourismus ein ganz starkes ökonomisches Fundament. Die Tourismuswerbung ist richtigerweise – das will ich gar nicht kritisieren – mit 23 Millionen EUR gut dotiert. Überraschend war für mich allerdings – das verhehle ich nicht, denn das wusste ich nicht –, dass es dank der Arbeiten der MA 23 eine Branche gibt, die einen Umsatz hat, der vier Mal so stark ist wie jener des Tourismus.
Ich starte jetzt keine Umfrage, ob das wirklich alle wissen. Ich verhehle, ganz selbstkritisch, nicht, dass ich das bis vor einem Jahr auch nicht wusste: Es handelt sich um den gesamten IKT-Bereich, also den Bereich der
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