Gemeinderat, 68. Sitzung vom 29.06.2015, Wörtliches Protokoll - Seite 44 von 140
über kann man reden, vielleicht sehen Sie es niedriger, vielleicht sehen es manche höher –, wo ich glaube, dass ein Maximum erreicht wäre, das mittel- bis langfristig verträglich ist. Ziel muss sein – denn es hat ja keinen Sinn, man macht ja nicht sozusagen Schulden wegen des Schuldenmachens, da können wir viel darüber diskutieren –, dass in Schulen investiert wird, dass in den öffentlichen Verkehr investiert wird, dass in die Kinderbetreuung investiert wird, dass die Wiener Stadtwerke viel investieren, dass die Holding viel investiert. Darüber müssen wir ja nicht reden, hoffe ich, dass das sinnvoll ist für die Wirtschaft, dass das sinnvoll ist für Arbeitsplätze.
Dennoch glaube ich halt im Gegensatz zu Ihnen, dass wir in der jetzigen Situation ein Einnahmenproblem haben. Ich sehe es heute anders und Sie bleiben die Antworten schuldig. Sie kommen immer mit dem Gleichen, Sie kommen mit den 50-Millionen-Inseraten. Okay, geschenkt. (GR Mag Wolfgang Jung: Dem echo-Verlag!) – Was es bedeuten würde – ich, der ich wirklich keine allzu große Freude damit habe –, schlagartig nicht nur „Heute“, „Österreich“ und „Kronen Zeitung“ und „Der Standard“ und „Die Presse“ und anderen, sondern auch einer Vielfalt von kleineren Magazinen, Zeitungen und auch Wochenmagazinen wie „profil“, „News“ alle Inserate schlagartig zu streichen, was das für den Journalistensektor bedeuten würde, kann ich mir nur vorstellen: Tausende arbeitslose Journalisten. Noch einmal, zu reduzieren, da sind wir einer Meinung, das wollen wir auch, haben wir uns in dieser Periode nicht durchgesetzt. Hoffentlich in der nächsten, das sage ich ganz offen. Aber damit rettet man nicht die Welt. Und Sie gehen mit mir d’accord, schlagartig alles zu kürzen, geht nicht.
Ein anderer Vorschlag: Wo ist ein Einsparungsvorschlag, der wirklich von relevanter Größenordnung wäre, um den Herausforderungen, vor denen wir stehen – und die bewegen sich in der Größenordnung von 300, 400 Millionen EUR –, zu begegnen. Wo sind die Maßnahmen, die nicht bedeuten, den Menschen etwas wegzunehmen? Was es bedeutet, den Menschen etwas wegzunehmen, das sehen wir tagtäglich in Griechenland, wo ich – und jetzt erlaube ich mir diesen Sidestep – Alexis Tsipras tatsächlich verstehen kann, wenn er sagt, er kann das nicht annehmen, dass in einer Zeit, wo ganze Familien nur mehr von den eh schon gekürzten Pensionen der Großeltern leben, diese Pensionen noch weiter gekürzt werden sollen. Dass man da nicht einfach Ja sagt, das kann ich nachvollziehen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Und es gibt viele andere Punkte.
Jetzt hüpfen wir zurück nach Wien: Wo wollen Sie sparen und wo wollen Sie umverteilen? Sagen Sie es doch ein einziges … (GR Mag Wolfgang Jung: Sagen Sie, wenn Sie das nicht wegnehmen wollen, dazu, dass wir jedes Jahr das finanzieren, was es kostet, um Wels zu bauen!) – Entschuldigung, noch einmal, ich habe Sie nicht verstanden. (GR Mag Wolfgang Jung: Sagen Sie dazu, dass wir jedes Jahr das finanzieren, was es kostet, um Wels zu bauen!)
Ich glaube, und ich habe Ihnen das schon ein paar Mal gesagt, wir haben ein Einnahmenproblem. Ich glaube, dass Österreich tatsächlich reich genug ist, um Asylwerbern und Asylwerberinnen zu helfen und Asyl zu gewähren. Ich glaube, dass Österreich mit einem Reichtum von mehr als 1,5 Billionen EUR es wirklich einfach schaffen könnte, durch eine steuerliche Veränderung sicherzustellen, dass man Flüchtlinge tatsächlich in Österreich unterbringt. Glauben Sie wirklich, dass die Steuern und Abgaben, die in Österreich ungefähr – jetzt nageln Sie mich nicht fest, ich habe es nicht genau im Kopf – bei 145 Milliarden EUR liegen, dass diese 145 Milliarden die absolut richtige Zahl ist? Dass 137 falsch ist, da würden Sie Ja sagen, aber bei 145 nicht. Warum ist dann 148 falsch? Um das geht es doch nicht. Es geht doch darum, dass wir uns gemeinsam überlegen, was wir in Österreich finanzieren wollen. (Zwischenruf von GR Mag Wolfgang Jung.) – Ja, Herr Kollege, Sie wollen Flüchtlingen nicht helfen. Sie wollen Flüchtlinge nicht nach Österreich hineinlassen, und deshalb muss ich mit Ihnen über diesen Punkt nicht diskutieren, weil für mich diese Situation anders ist.
Mit einer Partei, die christlich-soziale Wurzeln hat, diskutiere ich das schon gerne, weil ich glaube, dass wir uns in diesem Punkt vielleicht annähern könnten. Wenngleich ich, wenn ich mir die Innenministerin anschaue, es manchmal bezweifle, aber nicht jeder von Ihnen ist ein Fan von Mikl-Leitner. Ich glaube schon, dass Sie ein Herz für Flüchtlinge haben und dass Sie der Meinung sind, dass es notwendig ist, Menschen, die sich auf der Flucht befinden, zu unterstützen. Und da gehört halt dazu, dass man erst im Nachhinein abklären kann, ob es echte Fluchtgründe sind oder – so wie Sie sagen – keine echten Fluchtgründe. Wobei ich für mich persönlich dazusage: Wenn ein Mensch Angst davor hat, dass seine Familie verhungert, dann hat dieser Mensch das Recht, alles zu unternehmen, was er glaubt, das sicherstellt, dass seine Familie überlebt.
Stellen Sie sich einmal vor, Sie würden zuschauen, wie Ihr Kind verhungert, und Sie wissen, Sie können es nicht ernähren. Was würden Sie denn da alles machen? – Alles würden Sie machen, damit das nicht passiert. Und eines von diesem allen ist zu schauen, nach Europa zu kommen, und bedeutet für manche zu schauen, nach Österreich, nach Deutschland, nach Schweden, nach Norwegen, et cetera zu kommen. (GR Mag Wolfgang Jung: Da zahlen Sie dann 5 000 EUR!) – Sie würden Ihr Kind verhungern lassen, ja oder nein? – (GR Mag Wolfgang Jung: Schon wieder eine Unterstellung!) – Nein, ich habe Sie gefragt, das war keine Unterstellung. Ich glaube nicht, dass Sie das tun würden. Niemand von Ihnen würde das eigene Kind verhungern lassen, jeder von Ihnen würde alles dazu tun, damit das nicht passiert. Und das macht jeder einzelne Flüchtling, der nicht von Kriegszuständen … (Zwischenruf von GR Mag Wolfgang Jung.) – Aber es flüchtet doch niemand aus afrikanischen Staaten, aus asiatischen Staaten, der sich denkt, bei uns ist das Leben so schön. Warum sollte denn irgendjemand, der sich denkt, das Leben dort, wo ich lebe, ist für mich und meine Familie so, dass ich es bewältigen kann, dass es mir dort gefällt, flüchten? Das zu glauben, ist absolut absurd.
Ich verwende hin und wieder Twitter, gestern habe
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