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Gemeinderat, 68. Sitzung vom 29.06.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 40 von 140

 

Richtung geht.

 

Ich möchte abschließend ein kurzes Zitat aus der „Welt“ vom 18. Mai 2015 bringen. „Europa muss Festung sein“, titelt Dirk Schümer. „Wir dürfen uns nicht vor den Flüchtlingen verschließen“, heißt es, „aber unkontrollierte Zuwanderung ist kein Menschenrecht, sondern führt in den unerklärten Bürgerkrieg. Ebenso gut dürfen wir uns Europa als Festung des Wohlstandes, des Rechts und des Friedens inmitten einer unsicheren und blutigen Welt vorstellen - und noch - es klingt zwar wie ein Tabu, aber Europa braucht dringend definierte Grenzen, gerade um diejenigen Flüchtlinge zu erkennen und zu verteilen, die wie die Christen oder Jesiden vom Völkermord bedroht sind …

 

Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl (unterbrechend): Ich darf Sie bitten, zum Schlusswort zu kommen.

 

GR Johann Herzog (fortsetzend): … Sie aber der Illegalität zu überlassen, damit ist niemandem geholfen.“

 

Ich bin schon am Schluss, Herr Vorsitzender, und habe mein Referat schon beendet. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Die Überzeit waren 35 Sekunden. Zur allgemeinen Beratung des Rechnungsabschlusses für das Jahr 2014 liegt keine Wortmeldung mehr vor.

 

13.10.40Wir kommen nun zur Beratung der Geschäftsgruppe Finanzen, Wirtschaftspolitik und Wiener Stadtwerke. Zu Wort gemeldet ist Herr GR Mag Neuhuber. – Ich erteile es ihm.

 

13.10.54

GR Mag Alexander Neuhuber (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien)|: Herr Vorsitzender! Frau Berichterstatterin! Meine Damen und Herren!

 

Wir haben es heute schon in der Generaldebatte einige Male gehört, im Großen und Ganzen nichts Neues, die „Alles ist gut“-Debatte der Frau Stadträtin, alles paletti, wie eigentlich jedes Mal. Die Heldentaten der rot-grünen Regierung werden verkündet, Rekordleistungen sollen es sein.

 

Meine Damen und Herren, die einzigen Rekordleistungen, die es bei genauer Betrachtung wirklich in dieser Stadt gibt, sind ein Rekordschuldenstand und ein Rekord bei der Arbeitslosigkeit. Das kann man einfach nicht wegdiskutieren. Es ist heute schon einmal das Wort vom Potemkin‘schen Dorf gefallen. Ja, diese Debatte ist ein Potemkin‘sches Dorf, vor allem, wenn man die Rede der Frau Finanzstadträtin gehört hat. Ich möchte sagen, für Wien gibt es vielleicht auch die „Brauner‘sche Fassade“, ein bisschen Zierrat außen auf der Fassade, aber dahinter ist nichts als ein großes Budgetloch, meine Damen und Herren.

 

Wien hat die höchste Arbeitslosigkeit aller Bundesländer, plus 30 000 seit Beginn der rot-grünen Koalition. Das Beschäftigungswachstum ist bescheiden, wie wir wissen. In den letzten 20 Jahren hatte Wien gerade einmal 1 Prozent mehr an Beschäftigten, in Oberösterreich waren es im gleichen Zeitraum 21 Prozent – wenn Sie so wollen, der Vergleich der Landeshauptleute Pühringer und Häupl macht Sie auch in dieser Hinsicht sicher.

 

Wien ist beim Wirtschaftswachstum das Schlusslicht unter den österreichischen Bundesländern und Wien fällt auch in verschiedenen Rankings zurück, der Kollege Gudenus hat das heute schon einmal erläutert. Sie sind immer so stolz auf Ihre Mercer-Studie, aber in Wirklichkeit schaut es halt ganz anders aus: Global Cities Report, Wien nur mehr Nummer 18, selbst Eurostat – eine unabhängige europäische Stelle – sagt, dass Wien bei den Regionen zurückfällt, einstweilen nur mehr Nummer 12, also in den letzten Jahren aus den Top 10 herausgeflogen ist.

 

Das ist leider eine ganz eindeutige Tendenz, Wien ist am absteigenden Ast. Nur bei den Schulden, da sind wir am aufsteigenden Ast. Jetzt können wir darüber diskutieren – ich komme dann noch zu Kollegen Margulies –, was hier wirklich an Schulden einzurechnen ist, nur bei den sogenannten direkten Schulden von 2007 bis 2015 plus 250 Prozent. Das, meine Damen und Herren, ist europarekordverdächtig. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Und die Debatte zeigt, Kollege Margulies, da hast du schon recht gehabt, wir vergleichen manchmal zwar nicht Äpfel mit Birnen, aber Äpfel mit Äpfeln. Es ist immer so eine Frage, was wir jetzt in die Schulden einbeziehen: Ist es nur die Stadt Wien, sind es die Unternehmungen, sind es auch die Betriebe, die Beteiligungen der Stadt Wien? – Da werden viele Zahlen durcheinandergemischt. Auch deine Aufzählung heute – die ich durchaus teile und über die man diskutieren soll, es gibt halt auch Vermögenswerte der Stadt Wien – zeigt, wie wichtig eine konsolidierte Konzernbilanz der Stadt Wien wäre. Denn dann hätten wir es schwarz auf weiß, dann müssten wir nicht mehr darüber diskutieren, über welche Zahlen wir eigentlich reden, sondern dann hätten wir alles beisammen. Wir sind hier, glaube ich, einer Meinung, wenn man diese hätte, täten wir uns wesentlich leichter.

 

Aber leider ist nicht nur Wien am absteigenden Ast, meine Damen und Herren, sondern bei genauer wirtschaftspolitischer Betrachtung ist ganz Österreich am absteigenden Ast, und das ist äußerst traurig und bedenklich. Das sage nicht ich von der Wiener Oppositionsbank, das sagt auch gar keine österreichische Institution, sondern eine schweizerische. Das können Sie zum Beispiel in „Die Presse“ vom 28. Mai nachlesen: „Der wirtschaftliche Abstieg Österreichs ist eine Realität. Dieser Befund des Lausanner Instituts für Management-Entwicklung - IMD kommt angesichts der schwachen Wirtschafts- und Einkommensentwicklung im Land wohl nicht gerade überraschend.“

 

Und dann sagt dieses neutrale Institut weiter: „Österreicher müssten später in Pension gehen, ein besseres Schulsystem entwickeln und die Staatsausgaben in den Griff bekommen, so die Empfehlungen der Schweizer Experten an die heimische Regierung.“

 

Schulden besser in den Griff bekommen, mein Damen und Herren, später in Pension gehen, das ist etwas, was wir uns wohl auch für Wien auf den Denkzettel schreiben können. Die Symptome, woran es in Österreich mangelt, sind dieselben Stichworte – vielleicht wird das Kollege Ulm ja noch ausführen –, Frühpensionierungen der Stadt Wien, die Symptome sind dieselben.

 

Da darf ich Ihnen nur Ihren Kollegen Androsch zitieren. Der sagte nämlich am 5. Juni in „Der Standard“:

 

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