Gemeinderat, 66. Sitzung vom 24.04.2015, Wörtliches Protokoll - Seite 69 von 86
Was meine ich damit? – Ich meine nicht die relativ hohen Einkommensgrenzen, die für eine geförderte Wohnung in Anspruch zu nehmen sind. Da bin ich durchaus geneigt, der Argumentation der Sozialdemokratie Folge zu leisten: Wir wollen eine Durchmischung, wir wollen keine Ghettos und wir wollen keine brennenden Vorstädte, wie wir das in Paris erlebt haben. – Hakerl, verstehe ich, finde ich in Ordnung.
Aber was ich nicht verstehe, ist, dass man im Gemeindebau beispielsweise nicht nach einer gewissen Zeit auch noch die Bedürftigkeit der Menschen dort hinterfragt. Ohne jetzt gegen Menschen pauschal vorzugehen, aber warum muss ein grüner Nationalratsabgeordneter, warum müssen SPÖ-Bezirksvorsteher im Gemeindebau auf 4, 5 EUR pro Quadratmeter leben, wo sie sich doch marktübliche Mietzinspreise leisten könnten? – Das ist nicht die soziale Treffsicherheit, die wir im geförderten Wohnbau brauchen und die ich mir eigentlich auch von einer Sozialdemokratie, die ja ihren Namen ernst nimmt, erwarten würde. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich glaube, hier ist es durchaus zumutbar, dass Menschen, die dort vielleicht auch verwurzelt sind und dort bleiben wollen – ich sage ja nicht, dass alle ausziehen müssen –, dass Besserverdiener, die vielleicht früher einmal eine Förderung der Stadt benötigt haben, jetzt aber durch ihre Leistung Gelder haben und diese Förderung nicht mehr benötigen, auch einen marktüblichen Preis zahlen. Ich bitte dennoch – ich weiß, es kommt immer reflexartig ein Njet – darüber nachzudenken, denn hier könnten auch Gelder lukriert werden, die wir im geförderten Wohnbau einsetzen. (GR Siegi Lindenmayr: Sie wollen Eigentumswohnungen fördern!) – Ja, auch das will ich, Herr Lindenmayr. Es ist mir schon klar, dass das Ihrem Weltbild nicht entspricht.
Es geht aber hier nicht nur um ideologisches Eigentum an den eigenen vier Wänden, das es übrigens in allen europäischen Städten stärker gibt als bei uns in Wien – wir haben weniger als 20 Prozent Eigentum an den eigenen vier Wänden, in Spanien ist es „the other way round“, dort leben 80 Prozent der Menschen in den eigenen vier Wänden. Es ist mir vor allem auch ganz wesentlich für Menschen im Alter, damit diese nicht in die Armutsfalle laufen. Denn solange man im Berufsleben steht, ist die Mietwohnung oftmals kein Problem, wenn man dann aber in Pension geht, sieht man, wieviel von der Pension durch die Mietkosten weggeknabbert wird. Auch das sollte eine Argumentation sein, die Ihnen zuträglich ist.
Ich glaube, Eigentum an den eigenen vier Wänden ist etwas, das man durchaus fördern sollte, fördern müsste. Unser Wohnbausprecher Norbert Walter und ich haben dieser Tage ja auch ein Modell vorstellt, nach dem wir mit einer Einmalförderung von 700 EUR auf den Quadratmeter in etwa genauso viel Wohnungen fördern sollten in dieser Stadt, wie wir das jetzt mit dem Gemeindebau Neu tun – also rund 700 Wohneinheiten –, um eben Jungfamilien die Möglichkeiten zu geben, Eigentum zu bilden, das derzeit freifinanziert gerade für junge Menschen absolut unfinanzierbar ist.
Das ist, glaube ich, Wohnbaupolitik, die sinnvoll ist, die den Menschen auch die Eigenverantwortung gibt. Das ist der Weg, den wir als bürgerliche Partei gehen wollen, und das unterscheidet uns eigentlich von allen anderen Fraktionen in diesem Haus. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Zu Wort gelangt Herr GR Mag Chorherr. – Ich erteile es ihm.
GR Mag Christoph Chorherr (Grüner Klub im Rathaus): Meine Damen und Herren!
Ich danke insofern meinem Vorredner, Herrn Juraczka, damit man das breit diskutiert und auch herausarbeitet, wo die jeweiligen Unterschiede sind. Denn wohnungspolitisch ist gerade die zentrale Frage, wie man Gesellschaft sieht, wie man Verteilung sieht, das ist ein legitimer Zugang, und es wird überall diskutiert, welche Rolle Eigentum und Nichteigentum spielen.
Es juckt mich natürlich jetzt sehr, im Detail auf den Antrag der FPÖ einzugehen. Aber ich habe mir vorgenommen, dass ich mir die Häme ernsthaft spare und damit auch die Frage, wie man sich das vorstellt, Terroristen von der Wohnungsvergabe auszuschließen, wie man sich das lebenspraktisch vorstellt, ob man sagt, bitte ankreuzen: Ich bin so und so alt, habe so und so viele Kinder und – bitte ankreuzen –Terrorist ja oder nein – und dann kreuzt einer ja an. Ich spare mir das jetzt.
Lassen wir es bei dem und diskutieren die in der Tat wesentliche Frage, die in allen europäischen Städten diskutiert wird. Daher ganz kurz: Wien ist in einer besonders positiven, aber gleichzeitig besonders herausfordernden Situation. Wien gehört zu jenen Schwarmstädten – das ist ein neuer Begriff, da nicht Großstädte in der Summe boomen, sondern einige wenige von besonderer Attraktivität –, wo die Bevölkerung sehr stark wächst. München ist so eine Stadt, Paris ist so eine Stadt, London ist so eine Stadt, Berlin ist so eine Stadt, wo das Wachstum besonders stark ist. Manchmal denke ich mir, da gibt es ganz viele Chancen, aber das stellt natürlich die Stadt vor enorme Herausforderungen.
Wenn die Nachfrage wächst, steigen meistens die Preise. Ich war gestern auf einer Tagung der Gemeinnützigen Wohnungswirtschaft in Krems, wo ein Vertreter des Wirtschaftsforschungsinstitutes eine Graphik gezeigt hat, die – aus Daten des Statistischen Zentralamtes – eindeutig darstellt, wie sich seit 2006 die Wohnungsmieten in Österreich, in Deutschland und im EU-Raum verändert haben. – Nirgendwo sind die Mieten in Summe so stark gestiegen als in Österreich. Das setzt insbesondere Menschen mit geringem Einkommen enorm unter Druck und führt dazu, was wir – und ich möchte es wiederholen – in Wien aus einer Reihe von sozialen und ökologischen Gründen nicht wollen, dass man sich wie in Paris Wohnungen in der Stadt nicht mehr leisten kann und deswegen ins Umland ziehen muss.
Ich möchte noch einmal an eine Zahl erinnern, die auch gestern bei dieser Wohnwirtschaftstagung gekommen ist, da wir ja in unseren Kreisen oft ein bisschen aus den Augen verlieren, wie hoch die Durchschnittseinkommen in Österreich sind: Das Medianeinkommen von Unselbstständigen beträgt pro Jahr in Österreich 18 000
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