Gemeinderat, 65. Sitzung vom 25.03.2015, Wörtliches Protokoll - Seite 8 von 96
ständlich und ausschließlich für nachhaltige Investitionen verwendet haben.
Diese nachhaltigen Investitionen sind Werte, die die Stadt jetzt hat, die die Wiener und Wienerinnen haben, und das, sehr geehrte Damen und Herren, ist eine ganz klare Strategie. Wir bekennen uns zum Stabilitätspakt, wir haben ihn auch immer nach Punkt und Beistrich eingehalten. Dass ich generell der Ansicht bin, dass es politisch notwendig ist – aber das muss österreichweit und auch auf europäischer Ebene passieren –, dass wir hier zu einer neuen Politik kommen, das wissen Sie, denn die Austeritätspolitik ist in meinen Augen eindeutig gescheitert.
Aber ganz konkret zur Stadt Wien kann ich sagen:
Erstens: Unser Schuldenstand ist unter 6 Prozent, also unter einem Zehntel dessen, was hier allgemein akzeptiert wird.
Zweitens: Den Schulden, die die Stadt Wien hat, stehen nachhaltige Werte gegenüber.
Drittens: Es war notwendig, hier eine antizyklische Wirtschafts- und Investitionspolitik zu machen. Das hat die Stadt Wien getan.
Und unabhängig von dem, was ich politisch an Veränderungsperspektiven für richtiger halte, haben wir einen Stabilitätspakt. Also es liegt ein Konsolidierungspaket vor, und an diesen Stabilitätspakt halten wir uns auch.
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Ich danke für diese Beantwortung. Die 1. Zusatzfrage stellt GR Dr Aigner. Bitte.
GR Dr Wolfgang Aigner (Klubungebundener Mandatar): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Vizebürgermeisterin!
Ja, danke schön für die Beantwortung. Es ist schön, dass den Fremdmitteln auch Werte gegenüberstehen, aber wir wollen ja alle nicht, dass wir unsere Werte irgendwann einmal verwerten müssen, wenn uns sozusagen das Wasser bis zum Hals steht. Ich glaube, deswegen ist es auch wichtig, im Bereich eben der Schulden den Pfad, der, glaube ich, vernünftigerweise europaweit eingeschlagen worden ist und wird, weiterzugehen. Wenn man nach Deutschland blickt, sieht man, dass man sowohl Sparen und ausgeglichene Haushalte als auch ein Wachstum und eine sinkende Arbeitslosigkeit bewerkstelligen kann. Also ich glaube nicht, dass das immer so enden muss wie in Griechenland. Da gibt es, glaube ich, viele Faktoren, dass wir uns eben nicht nur formal dazu bekennen sollen, ausgeglichene oder einigermaßen im Lot befindliche öffentliche Haushalte zu haben, sondern da ist eine sinnvolle Politik notwendig, die auch die Zukunft letztendlich mit einbezieht.
Wenn wir uns zum Stabilitätspakt bekennen, wäre natürlich auch die Frage zu stellen, inwiefern es auch auf Wiener Ebene Sinn macht, so etwas wie auf Bundesebene zu haben und so einen mehrjährigen, einigermaßen verbindlichen Budgetpfad auch zu leben, der natürlich dann immer wieder adaptiert werden muss. Das gibt es ja bis dato vielleicht in Ihren Berechnungen, aber sozusagen nicht mit einer politisch und rechtlich verbindlichen Zwecksetzung.
Also können Sie dem Gedanken nähertreten, eben hier einen mehrjährigen Budgetpfad, der auch dem Gemeinderat vorgelegt wird und der sozusagen irgendwo auch die Organe der Stadt Wien in den nächsten Jahren in irgendeiner Form bindet, vorzulegen?
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Frau Vizebürgermeister.
VBgmin Mag Renate Brauner: Zum Ersten freue ich mich über das Bekenntnis, dass wir die Werte der Stadt Wien nicht verkaufen wollen. Das freut mich, das ist in diesem Gremium nicht immer so einhellig gewesen. Sie sprechen für sich, und ich freue mich, dass zumindest Sie das so sehen. Ich kann mich erinnern an Forderungen, die Wien Energie zu verkaufen, Gemeindewohnungen zu privatisieren. Meine Fraktion hat sich da immer total dagegen verwehrt, aber wenn das jetzt alle so sehen, ist das ein erfreulicher Gesinnungswandel.
Zum Zweiten möchte ich klarstellen, dass selbstverständlich auch ich mich zu einem langfristig ausgeglichenen Budget bekenne, das ist ja überhaupt keine Frage, die Frage ist nur: Wie kommt man denn zu diesem langfristig ausgeglichenen Budget? Indem man prozyklisch agiert, nämlich in der Wirtschaftskrise die Krise noch verschärft, wie es meiner Einschätzung nach geschieht, und nicht nur meiner Einschätzung nach, sondern vieler, vieler internationaler Experten und mittlerweile auch immer mehr und mehr Regierungschefs innerhalb der Europäischen Union? Eine prozyklische, einseitige Austeritätspolitik, die die Krise verschärft, ist sehr wohl mit ein Ergebnis dessen, was wir jetzt in Griechenland, Spanien oder Portugal beobachten können, wo der Schuldenstand jetzt höher ist als vor der Krise. Und das ist auch kein Wunder, denn wie soll es in einer ruinierten Wirtschaft und bei einer Bevölkerung, die keine Nachfrage produzieren kann, weil sie selber kein Geld hat und von der Verelendung bedroht ist, zu einem Wirtschaftsaufschwung kommen? Aber dieser Wirtschaftsaufschwung ist notwendig, um Schulden wieder zurückzahlen zu können. Es muss die Wirtschaft wieder in Schwung kommen, denn nur dann sind meiner Meinung nach wieder ein entsprechender Schuldenabbau und Schuldenrückzahlungen möglich. Auch Ausgaben würden dann gekürzt werden, weil dann die Arbeitslosenzahlen wieder sinken. Wir wissen alle, dass Wirtschaftswachstum notwendig ist, damit die Arbeitslosenzahlen wieder sinken. In Wien ob unserer hohen Produktivität ist ein ganz besonders hohes Wirtschaftswachstum notwendig, und das ist nur möglich mit Wirtschaftsaufschwung und den dafür notwendigen Investitionen.
Und zu Ihrer Frage der mehrjährigen Planung. Nun, wir haben diese mehrjährige Planung. Ich habe schon den Stabilitätspakt angesprochen. Dieser geht ja nicht nur über ein Jahr, sondern der Stabilitätspakt ist ein mehrjähriger, sehr fein ausverhandelter und sehr komplexere Plan, der eben vorsieht, dass es ab dem nächsten Jahr keine Neuverschuldung mehr geben darf und danach auch ein sehr komplexer Schuldenabbauprozess startet. Sehr komplex deswegen, weil wir auch eine neue Form der Defizitberechnung haben, nämlich mit dem strukturellen Defizit, womit versucht wird, Wirtschafts
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