Gemeinderat, 62. Sitzung vom 29.01.2015, Wörtliches Protokoll - Seite 83 von 103
Ich würde mich als Rechnungshofpräsident wehren, so zitiert zu werden, Herr DDr Schock. Sie haben nämlich gesagt, der Rechnungshof hätte in seinen Berichten sogar erwähnt, dass die Stadt Wien jetzt 300 Millionen Verluste hat. Und dann zitieren sie dankenswerterweise selber, dass der Rechnungshof feststellt, dass die Realisierung von Verlusten droht.
Na, jetzt sagen Sie mir: Haben wir es schon realisiert, oder droht das nur? Wenn etwas droht, dann habe ich es noch nicht gemacht. Also genau in der Situation sind wir jetzt. Wir wissen das, das verschleiert niemand, und wir wissen, dass das eine unangenehme Situation ist. Aber da herzugehen und zu sagen: „Hurra, jetzt zahlen wir schnell, weil es jetzt am teuersten ist!“, das ist keine Finanzpolitik, die wir für diese Stadt machen wollen.
Daher kann ich nur allen empfehlen, insbesondere auch der ÖVP empfehlen, diesem Misstrauensantrag der Freiheitlichen nicht zuzustimmen. Denn eigentlich würde das bedeuten, dass der Kollege Aichinger zu seinem niederösterreichischen Kollegen, zum Herrn Schneeberger gehen und sagen müsste, geh bitte, bring gegen deinen Finanzlandesrat in Niederösterreich einen Misstrauensantrag ein! - Die sind genau in derselben Situation. Dort sind es die guten Schulden, hier in Wien wären es die schlechten Schulden.
Ich gebe euch das zu bedenken, und ich gebe euch auch zu bedenken, dass wir die gesamte Zeit, wo die ÖVP in der Wiener Regierung gesessen ist, auch die Situation hatten, dass Schweizer Franken rolliert wurden (GR Dkfm Dr Fritz Aichinger: Bis 2008!), und das seit 1984. Das ist überhaupt nichts Neues, sondern etwas, was durchaus Standard war und, wie mein Kollege Vorsitzender schon erwähnt hat, auch auf der Bundesebene unter Finanzministern der ÖVP gang und gäbe war.
Sehr geehrte Damen und Herren! In diesem Sinne kann ich nur sagen: Ein Misstrauensantrag gehört zum parlamentarischen Spiel - vor allem, dass Sie das auch wissen -, das ist nichts Verwerfliches. (GR Dominik Nepp: Das ist kein Spiel mehr! Millionen an Schulden!) Es ist nur notwendig, dass man aufzeigt, was denn da wirklich dahintersteckt, nämlich nichts: falsche Erkenntnisse, falsche Empfehlungen gegen diese Stadt und gegen die BürgerInnen dieser Stadt! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Zum Wort gemeldet ist Herr GR Nepp. Ich erteile es ihm.
GR Dominik Nepp (Klub der Wiener Freiheitlichen): Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Herr Kollege Schicker, ich sage Ihnen eines: Ich debattiere immer gerne seriös, aber wir haben hier die kompletten Unterlagen von der Finanzstadträtin Brauner. Wir können wirklich seriös debattieren, aber Sie haben den Boden der Seriosität verlassen, wenn Sie meinen, es ist alles nur ein Spiel. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) 300 Millionen EUR mehr an Schulden sind ein Spiel, es ist alles nur ein Spiel - das ist leider nur die traurige Wirklichkeit von Ihren fehlerhaften Spekulationen hier in Wien, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)
Wenn der Herr Kollege Schicker meint, es ist ja unglaublich, der Herr Schock wünscht sich Kärntner Verhältnisse, dann muss ich sagen: Der Herr Schock hat Anleihe genommen an dem Gedanken, den jetzt der rote Landeshauptmann Kaiser unten hat, nämlich genau so vorzugehen, wie er vorgeschlagen hat. Wenn also Sie das als lächerlich bezeichnen, was Ihr roter Landeshauptmann hat, dann haben Sie ein schweres Auffassungsproblem hier, was der Herr Schock gesagt hat.
Und wenn Sie meinen, er begeht hier Amtsmissbrauch: Was der Herr Schock festgestellt hat, ist, er hat gesagt, dieser Vorschlag war Amtsmissbrauch. Wir haben das sicher hier, ich sage Ihnen eines. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das war Anstiftung zum Amtsmissbrauch: Erstens heißt das Bestimmung und Beitrag, nicht mehr Anstiftung, das sollten Sie vielleicht auch einmal juristisch nachlesen.
Aber zweitens war das hier kein Akt der Hoheitsverwaltung, sondern ein Akt der Privatwirtschaftsverwaltung. Da gibt es keinen Amtsmissbrauch! Und dafür, dass hier dem Kollegen Schock eine strafrechtliche Handlung unterstellt wird, verlange ich für den Herrn Schicker einen Ordnungsruf, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)
Aber es ist klar: Immer, wenn die Argumente ausgehen, beginnt man, den politischen Gegner lächerlich zu machen. Das erkennt man ja schon an der Beantwortung der Dringlichen Anfrage durch die Finanzstadträtin Brauner, wenn sie sagt: „Haha, hier wird der Begriff Veranlagung falsch verwendet.“
Ich muss ehrlich sagen, mich hat dieser Begriff auch verwundert, denn hier vermischt man nämlich einerseits einen Begriff vom Vermögensmanagement mit Kreditmanagement. Aber, sehr geehrte Frau StRin Brauner, diesen Begriff haben wir so aus einer Anfragebeantwortung von 2012 von Ihnen herausgenommen. Also wenn, dann haben Sie hier diesen Begriff falsch verwendet, meine sehr geehrte Frau Stadträtin! (Beifall bei der FPÖ.)
Frau Stadträtin! Wenn Sie meinen, unsere Anfrage strotzt nur so von inhaltlichen Fehlern, dann möchte ich sagen – auch wenn wir darüber streiten müssen –, dass es da heißt: „Am 15.1. 2015 hat die Schweizer Nationalbank …“ – Das ist die gängige Bezeichnung, auch wenn der Eigenname „Schweizerische Nationalbank“ lautet! (Zwischenruf von VBgmin Mag Renate Brauner.)
Und wenn Sie sagen, dass es nicht zutrifft, wenn wir von Bindung reden, dann sage ich Ihnen: Das haben Sie 2012 im Zusammenhang mit Veranlagung so beantwortet, auch wenn Ihnen das jetzt peinlich ist! Sie können das gerne nachlesen!
Aber ich sage Ihnen noch etwas, wenn Sie sagen, dass unsere Formulierung Bindung falsch ist: Es gibt in der Volkswirtschaft verschiedene Begriffe von Bindung: Es gibt „Crawling Pegs“, es gibt „Adjustable Pegs“, es gibt Wechselkursbandbreiten, et cetera. Wenn Sie diese gesamten Begriffe nicht mit Bindung in Zusammenhang bringen, dann sollten Sie sich überlegen, ob Sie weiterhin an den Wiener Volkshochschulen das Einmaleins
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