Gemeinderat, 62. Sitzung vom 29.01.2015, Wörtliches Protokoll - Seite 56 von 103
schen in dieser Grundlage in einer stabilen Demokratie. Danke. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Dipl-Ing Martin Margulies: Ich danke sehr. Als Nächster zum Wort gemeldet ist GR Klubobmann Ellensohn!
GR David Ellensohn (Grüner Klub im Rathaus): Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!
Die vielen Poststücke, die da zusammengefasst wurden, könnte man auch unter dem Titel „Zusammenleben organisieren in der Stadt“ bringen. Wie machen wir das in unserer ganzen Vielfalt, wenn ich den Verein Integrationshaus dazunehme, oder „Miteinander Lernen“, Beratungs-, Bildungs- und Psychotherapiezentrum für Frauen, Kinder und Familien, oder noch ein Bildungs- und Beratungszentrum für ImmigrantInnen, den Verein Helping Hands, oder die Subvention am Ende dieser Liste mit 600 000 für den Verein Beratungszentrum für Immigrantinnen und Immigranten? Die Idee dahinter ist: Wie organisieren wir das Zusammenleben in einer Stadt, wo halt nicht jeder in der hundertsten Generation Wiener und Wienerin ist, sondern Leute wie ich als Erwachsener in diese Stadt gekommen ist und andere laufend jeden Tag von noch weiter weg zuwandern?
Die Stadt wächst. Wir haben eine ganze Menge neuer WienerInnen jedes Jahr und wir haben auch Leute, die die Stadt wieder verlassen. Wir haben mittlerweile wieder einen Geburtenüberschuss, und, und, und. Wie tun wir mit dieser ganzen Vielfalt? Und all diese Subventionen, die wir da jetzt abstimmen, wenn du die verliest und Leute fragst, sollen wir denen helfen, ist das gescheit, dann findest du eigentlich wenige, wenn du das sehr unaufgeregt ansprichst, und die Leute sagen, nein, das finde ich ganz blöd, das hört sich alles vernünftig an. Aber es geht ja nicht ausschließlich darum, dass in der Stadt alle gemeinsam leben wollen, weil wir ja nicht alle, wie hier mehrfach erwähnt wurde, die gleichen Werte vertreten. Getan wird aber so. Es wird aber so getan, als gäbe es sowas wie die Werte aller Österreicher und Österreicherinnen. Und die stehen dann gegen die Werte aller Türken und Türkinnen. In dem Moment wird aus dem schönen Akkilic da herinnen, der natürlich österreichischer Staatsbürger ist, weil er sonst ja nicht herinnen sitzen dürfte, weil wir ein Wahlrecht haben, das anderes nicht möglich macht, und plötzlich steht er in einer Rede, Herrn Aigner, für alles, was mit der Türkei oder mit dem islamischen Glauben zu tun hat. Das wäre ungefähr so schlau, als ob ich verantwortlich wäre für das, was der Herr Gudenus sagt und er für das, was ich will. Das wollen wir beide nicht. (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: O ja, finde ich super! – Heiterkeit bei der SPÖ.) Ich glaube nicht … Also ich jedenfalls nicht. Ich bin nicht für alles verantwortlich, was der Herr Gudenus oder andere FPÖler und auch andere Leute in diesem Saal machen. Da sollen alle möglichst nach ihrer eigenen Facon leben können, solange sie anderen dabei das Leben nicht schwer machen. Auf jeden Fall ist das so überbordend gewesen, dass bei uns jetzt natürlich eine Mörderaufregung drinnen ist, wo man sagt, das gibt es ja nicht, das kann man ja nicht so formulieren. Senol Akkilic hat da selber öfter gesagt, wie er zum Erdogan steht. Würde er den Erdogan wählen oder ist er ein Majdan? Und es ist halt einmal nicht das Gleiche, sondern es ist schwer gegeneinander.
Hat irgendjemand da herinnen bis jetzt jemanden in einem radikalen politischen Islam, was immer genau auszudefinieren wäre, da verteidigt? Nein. Also ich verzichte immer darauf, andere Leute zu bitten, sich zu entschuldigen, weil das nicht funktioniert und weil das allen schwer fällt. Aber das waren schon gröbere Entgleisungen. Ganz besonders interessant habe ich das Frauenbild gefunden. Der Herr Aigner ist nicht in der FPÖ groß geworden, also muss er das nicht alles wissen und er war nie beim Ring Freiheitlicher Jugend, nehme ich jetzt einmal an. Aber der RFJ hat auf seiner Homepage lang gehabt, was die Aufgabe von Frauen ist. Der Herr Aigner hat vorhin gemeint, da gibt es Religionen, die ausschließlich darauf aufgebaut sind, dass man möglichst viele Kinder hat, genau das mit einer blonden Frau, und Frauen sollen mehr als drei Kinder kriegen. Alles andere ist irgendwie ein Fehler. Ring Freiheitliche Jugend. Da sitzen vermutlich ein paar, die dort dabei waren. Auch nicht alle, aber ein paar werden schon dabei gewesen sein. Das müssen Sie nicht wissen, Herr Aigner, aber Ihr Bild, das Sie rundherum haben, abgesehen davon, dass wir eine Fraktion haben, die bei 30 Personen 27 Männer und 3 Frauen hat, das auch nicht ganz meinen Werten entspricht. Das sind nicht österreichische Werte, wie wir sie vertreten. Das sind nicht grüne Werte, wo Listen zu Recht halb-halb oder mit mehr Frauen sind. Das sind nicht unsere. Und deswegen: Nein, weder haben wir alle in dem Raum in jeder Frage den gleichen Wert - haben wir nicht - noch haben das irgendwelche Leute aus irgendeiner Nation.
Ich kenne kein Land, wo alle, die dort wohnen, ob es ein kleines Land ist mit 100 000 Einwohnern oder große Länder mit Millionen, das Gleiche sagen. Wie soll denn das funktionieren? Das kann es gar nicht geben, gibt es nicht, gibt es da auch nicht. Kollege Akkilic wollte vorhin eine tatsächliche Berichtung, die allerdings den Rahmen gesprengt hätte, weil er da jeden Satz hätte widerlegen müssen. Das geht sich nicht aus. Aber ich weiß nicht, ob er selber noch eine Entschuldigung verlangen möchte. Ich lass‘ es dabei und sage, zwischendurch entgleiten hier die Wertungen gegeneinander.
Der Internationale Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust am 27. Januar und heuer noch einmal besonders 70 Jahre Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz ist in den letzten Tage auch gebührend mit Gedenkveranstaltungen begangen worden. Dass wir heute eine Wiener Erklärung zur Bekämpfung des Antisemitismus machen, da hat die Vorrednerin vollkommen recht, ist eigentlich schade, dass wir das alle für notwendig halten, weil schön wäre es, wir würden das alles nicht brauchen. Tatsache ist, dass in Europa der Antisemitismus steigt. Die gröbsten oder die harten Zahlen, die man dazu nehmen kann, sind zum Beispiel in Frankreich. In Österreich waren vor über 100 Jahren 180 000 Juden und Jüdinnen da, die nahezu alle in den Grauen des Nationalsozialismus getötet, verschleppt, vertrieben wurden und die, die konnten, geflüchtet sind. Heute ist
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