Gemeinderat, 3. Sitzung vom 16.12.2015, Wörtliches Protokoll - Seite 73 von 99
in der Beteiligung, nicht in der Bevormundung und nicht in der Betreuung. Sie übersetzen die Widersprüche auch der Politik in den Lebensalltag von Menschen, und sie vermitteln die Möglichkeiten und Unmöglichkeiten, die Migrantinnen und Migranten erleben, auch wieder zurück an die Politik. Sie unterstützen den gleichberechtigten Zugang zum Arbeitsmarkt, zu Bildung, zu Gesundheit, zu Wohnen, sie leisten Antidiskriminierungsarbeit und Antirassismusarbeit, und sie leisten Gewaltprävention und Extremismusprävention. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Sie sind in der Integrationsarbeit unverzichtbar, und sie verfügen über Wissen im Bereich der Rechtsberatung, im Bereich der Institutionen, über Sozialkompetenz, im Empowerment, in der Auseinandersetzung mit Ausgrenzungserfahrungen, und sie leisten wichtige Vernetzungsarbeit auf nationaler und internationaler Ebene. Sie verfügen über eine hohe lebensweltliche Nähe - das Ankommen bei den Menschen -, wenn sie, wie der Verein NACHBARINNEN, in einem Peer-System migrantische Frauen begleiten und unterstützen. Sie sind ganzheitlich aufgestellt, wenn sie, wie der Verein Piramidops, mehrsprachige Sozialberatung, Arbeits- und Bildungsberatung und frauenspezifische Schwerpunkte anbieten. Sie haben niederschwellige Angebote wie die Jugendbildungswerkstatt und die Sprach-, Lern- und Bildungsangebote von Interface. Sie setzen sich ein für das Recht auf Familienleben und auf freie PartnerInnenwahl, wie der Verein FIBEL. Sie thematisieren binationale Beziehungen nicht als einen privaten Lebensentwurf von einzelnen Personen, sondern im Kontext von politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen. Und sie sind von gegenseitigem Vertrauen geprägt wie im Verein Integration Amerlinghaus, wo Migrantinnen selbst Workshop- und Kursleiterinnen sind und Unterstützung bei Gewalt gegen Frauen und Gewalt in der Familie anbieten.
In diesem Sinne unterstützen wir die wichtige Arbeit der AkteurInnen in diesem Bereich für Gleichberechtigung, Partizipation und ein solidarisches Miteinander.
An dieser Schnittstelle liegt auch die Arbeit von Initiativen, die sich für die Rechte von Sexarbeiterinnen und gegen den Menschen- und Frauenhandel einsetzen. Menschenhandel ist nicht Sexarbeit, und die Gleichsetzung von Sexarbeit mit Menschenhandel ist ein wesentlicher Grund für die Rechtlosigkeit von Sexarbeiterinnen, für ihre Abwertung und für ihre gesellschaftliche Marginalisierung. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Menschenhandel findet in verschiedenen Bereichen statt: in der Prostitution, in der Ehe, im Haushalt, in anderen Tätigkeitsbereichen wie in der Reinigung, in der Tourismusindustrie oder in der Landwirtschaft. Zentrale Probleme sind dabei die Rechtlosigkeit der Opfer, die Täter-Opfer-Umkehr, die auch hier stattfindet, die fehlende Aufenthaltsmöglichkeit für Opfer, unabhängig davon, ob sie in einem Prozess gegen Täter aussagen können oder wollen. In diesem Zusammenhang wollen wir als Stadt an einer Verbesserung des Opferschutzes und der Unterstützungsangebote mitwirken. Daher stellen GRÜNE und SPÖ gemeinsam mit ÖVP und NEOS folgenden Antrag:
„Der Wiener Gemeinderat spricht sich dafür aus, an der Prüfung und etwaigen Umsetzung der Empfehlungen des GRETA-Länderberichtes zu Österreich mitzuwirken. Als bewusstseinsbildende Maßnahme setzt die Stadt Wien 2016 einen Menschenrechtsschwerpunkt zur Bekämpfung des Menschenhandels.
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung dieses Antrags an den Gemeinderatsausschuss für Kultur, Wissenschaft und Sport beantragt.“ - Vielen Dank. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächster ist Herr GR Blind zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.
GR Armin Blind (FPÖ): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Berichterstatter! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Wir haben wie jedes Jahr hier im Spätherbst beziehungsweise im Winter eine ganze Liste von Vereinen vorliegen, die sich in weiten Bereichen mit den gleichen Zielen, mit den gleichen Aufgaben beschäftigen, was natürlich eine unglaubliche Bürokratie zur Folge hat: Man muss für jeden Verein Büros haben, man muss für jeden Verein eine eigene Verwaltung haben, man braucht Computer, man braucht Telefone, et cetera. Wir haben die Tätigkeitsberichte dieser Vereine sorgsam durchgearbeitet und natürlich auch gesehen, dass ein Gutteil der Arbeitszeit dieser Vereine für Vernetzungstreffen zwischen diesen Vereinen draufgeht. Das heißt, auch diesbezüglich findet keine Ökonomisierung statt, es findet sich dort keine schlanke Struktur.
Wir haben heute hier den Präsidenten des Rechnungshofes sitzen gehabt und, meine Damen und Herren, wir fordern Sie seit Jahren auf, darüber nachzudenken, wie man auch in diesem Bereich der Förderungen der Stadt Wien zweckmäßig, sparsam und wirtschaftlich vorgehen kann. Sie hatten hier den Rechnungshofpräsidenten sitzen, aber in diesem Bereich versagen Sie kläglich. (Beifall bei der FPÖ.)
Und was machen diese Vereine jetzt beispielsweise? - Wir haben ja schon von meinen Vorrednern einige Schilderungen gehört. Der Verein FIBEL beispielsweise macht Beratung für bikulturelle Ehen, er unterstützt Menschen in ihren Konfliktsituationen und vermittelt in Konflikten, begleitet auch zu Behörden. - Na bitte. – Also: „Bei Fragen des kulturspezifischen Rollenverständnisses, unterschiedlichen Auffassungen zur Ehe, interkulturellen, interreligiösen und migrationsbedingten Missverständnissen“ werden „interkulturelles Konfliktmanagement“ und „interkulturelle Mediation“ angeboten.
Bitte, da geht es um Leute, die verheiratet sind! Da geht es nicht um Menschen, die sich gerade kennen gelernt haben. Und man sollte doch wenigstens wissen, welchen kulturellen Hintergrund der Ehepartner hat! Den heiratet man ja nicht von heute auf morgen, sondern da sollte man sich schon ein bisschen prüfen, bevor man sich ewig bindet. Auf jeden Fall halten wir es für eine sehr bedenkliche Subvention der Stadt Wien, wenn damit Leute, die sich ihren Ehepartner frei ausgesucht
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