Gemeinderat, 3. Sitzung vom 16.12.2015, Wörtliches Protokoll - Seite 60 von 99
Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Ja, nehmen wir zu Kenntnis. Ich weiß nicht, ob es Aufgabe des Berichterstatters ist, die eigene Fraktion zu zitieren.
Egal, wir kommen jetzt zur Abstimmung. (GR Armin Blind: Wieder einmal nicht geschafft!) – Ich sage eh, es ist in Ordnung. (Allgemeine Heiterkeit.)
Wir kommen zur Abstimmung über die Postnummer 84. Gegen- oder Abänderungsantrag wurde nicht gestellt. Ich bitte jene Damen und Herren des Gemeinderates, die dem Antrag des Berichterstatters zustimmen wollen, die Hand zu erheben. – Zustimmung von ÖVP, NEOS, SPÖ und Grünen gegen FPÖ. Daher ist die Postnummer 84 angenommen.
Es gelangt nunmehr Postnummer 45 der Tagesordnung zur Verhandlung. Sie betrifft eine Subvention an den Verein QWien – Zentrum für schwul/lesbische Kultur und Geschichte. Ich bitte den Berichterstatter, Herrn GR Woller, die Verhandlungen einzuleiten.
Berichterstatter GR Ernst Woller: Ich ersuche um Zustimmung.
Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Ich eröffne die Debatte. Zu Wort gemeldet ist Frau GRin Mag. Meinl-Reisinger. Ich erteile ihr das Wort. – Bitte schön.
GRin Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich melde mich an dieser Stelle zu Wort, aber jetzt weniger – da ich auch im Vorfeld gefragt wurde –, weil ich eine inhaltliche Kritik an der Tätigkeit des Vereins oder an dem Projekt an sich habe, sondern, und ich schließe da eigentlich an die Debatte an, die wir in den vergangenen Minuten und Stunden gehabt haben, weil es mir ein Anliegen ist, noch einmal hier, auch im Zuge der Debatten über Kulturförderung, darüber zu reden, was unsere Sicht der Dinge ist, wenn es um die Subvention von Vereinen oder Aktivitäten geht.
Herr Valentin, ich gebe Ihnen völlig recht, die Vereinspraxis ist etwas Großartiges in Österreich. Dieses zivilgesellschaftliche Engagement, mit den viele Menschen, viele Frauen, viele Männer, viele Jugendliche, viele ältere Personen sich ehrenamtlich, zumeist ehrenamtlich, nicht immer ehrenamtlich für zivilgesellschaftliche Themen, für kulturelle Themen, für soziale Themen, für Nachbarschaftshilfe engagieren, das ist alles wunderbar. Das ist sicherlich auch ein Rückgrat des Zusammenhalts der Gesellschaft.
Die Frage ist tatsächlich, ob man die Großartigkeit dieser zivilgesellschaftlichen Leistung auf der einen Seite auch ins Treffen führen kann bei der Frage der Beurteilung von Tätigkeiten von historisch gewachsenen parteinahen Vereinen. Das bezweifle ich sehr. Das bezweifle ich sehr, denn das hat schon vorwiegend historische Gründe, aber natürlich auch – Netzwerk wurde angesprochen – ganz klare machtstrategische Gründe. Und es ist kein Zufall, ich komme jetzt auf den Bereich der Kulturförderung zu sprechen, dass beispielsweise bei der dezentralen Kulturförderung in manchen Bezirken ja geradezu ein Förderproporz zu sehen ist. Je nach Kräfteverhältnis, nach Größenverhältnis bekommt dann halt der SPÖ-Verein doppelt so viel wie der ÖVP-Verein, und die FPÖ ist irgendwo in der Mitte oder weiter darunter, je nach Größenverhältnis. (Zwischenruf von GR Erich VALENTIN.) Das meine ich ganz evidenzbasiert und nüchtern. Sie können sich das in diesem Bericht geradezu anschauen und feststellen, es gibt so etwas wie Förderproporz. (Beifall bei den NEOS.)
Sie können sich auch anschauen – mein Kollege Wiederkehr hat das Thema auch schon angesprochen –, beispielsweise auf der einen Seite das Donauinselfest, auf der anderen Seite das Stadtfest, und jetzt auch die „Wienwoche“. Auch hier macht man es sich aus, man teilt diese Mittel untereinander auf. (Zwischenruf von GR Erich Valentin.) – Herr Valentin, ich höre Sie leider nicht, wenn Sie die ganze Zeit reinquatschen! Ich beurteile damit aber noch nicht automatisch, ob ich das, was passiert, für sinnvoll oder zweckmäßig halte. Es ist keine inhaltliche Kritik verbunden mit der Frage, was der Verein tut. Ich gehe sogar weiter … (GR Siegi Lindenmayr: Aber Sie unterstellen, dass es Parteivereine sind!) – Ja, ich kann Ihnen sagen, wie wir das klassifiziert haben. Ich habe es, glaube ich, hier schon einmal gesagt, ich sage es Ihnen gerne. Wir sind diese ganzen Förderungen durchgegangen und haben gesagt, okay, irgendwo müssen wir für uns eine Klassifikation treffen. Diese haben wir dahin gehend getroffen, dass wir gesagt haben, wenn Obmann oder Obfrau eines Vereins ein Mandatsträger, eine Mandatsträgerin ist und/oder in dem Vereinsvorstand, in dem ja meistens drei, vier, fünf Personen sitzen, zumindest zwei entweder Mandatsträger oder hochrangige Funktionäre einer Partei sind, dann klassifizieren wir das als parteinahen Verein.
Ich finde, das ist eine großzügige Definition, denn, glauben Sie mir, es fällt auch viel hinaus. Aber ich bin gerne bereit, über diese Definition zu diskutieren, darum geht es mir nicht. Diese ist natürlich willkürlich getroffen, aber irgendwo muss man diese Definition für sich auch treffen. Genauso wie auch wir als neue Fraktion hier im Haus irgendwann einmal für uns Kriterien festlegen müssen, mögen sie formaler Natur oder inhaltlicher Natur sein, nach welchen Kriterien wir einem Subventionsansuchen die Zustimmung geben oder ablehnend gegenüberstehen. Das ist die Arbeit, die wir machen müssen. (GR Erich Valentin: Was ist mit der Leistung?) – Ich komme dann noch zur Leistung zu sprechen.
Jetzt komme ich aber zu meiner Erwartungshaltung gegenüber einer Stadtpolitik, wenn es um Förderpraxis geht. Wenn Sie die Frage nach der Leistung stellen, so ist sie durchaus berechtigt, aber dann schreiben Sie bitte auch klare Leistungskriterien in ein entsprechendes Förderungsgesetz hinein. (Beifall bei den NEOS und von GR Dr. Wolfgang Aigner.) Ich bin ganz Ihrer Meinung, es geht immer um die Leistung. Und da kann man eine politische Diskussion führen. Ich bin eigentlich der Meinung, dass in einer pluralistischen Gesellschaft durchaus auch Aktivitäten gefördert werden sollen, die nicht unbedingt meiner politischen Ausrichtung entsprechen. Also ich teile hier nicht die Meinung der FPÖ oder auch der ÖVP, beispielsweise was das Amerlinghaus angeht. Ich glaube, es ist wichtig in einer Stadt, diesen Pluralismus zu haben. Aber ich erwarte mir, dass wir eine politische Debatte über diese Kriterien führen, über Kriterien der
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