Gemeinderat, 3. Sitzung vom 16.12.2015, Wörtliches Protokoll - Seite 43 von 99
derem auch die Tatsache, dass die jährlichen Einnahmen in Wien im Zeitraum 2008 bis 2012 zwar durchschnittlich um 2 Prozent gestiegen sind, dass aber die Ausgaben mit 2,5 Prozent hingegen deutlich darüber gelegen sind, was mittel- und langfristig sicherlich nicht finanzierbar ist. Gleichzeitig zeigte sich in den Jahren 2008 bis 2012, dass der Haushalt der Gemeinde Wien durchgehend einen Abgang ausgewiesen hat und dass das vereinheitlichte Jahresergebnis sowie der Primärsaldo durchgehend negativ gewesen sind.
Wenn GR Ellensohn darauf hinweist, dass es Sache der Politik ist, wie viel Schulden gemacht werden, dann möchte ich sagen: Es ist Sache der Politik, dafür Sorge zu tragen, dass die zur Verfügung stehenden Geldmittel sparsam, wirtschaftlich und zweckmäßig eingesetzt werden. Dafür finden wir Partner, nämlich den Rechnungshof und gleichzeitig auch die Vertreter der Gesetzgebung, die im Rahmen ihrer Kontrolle darauf achten, dass die Geldmittel sparsam, wirtschaftlich und zweckmäßig eingesetzt werden. Und diesbezüglich gibt es sicherlich Handlungsbedarf. (Beifall bei FPÖ, ÖVP und NEOS.)
Dass es in diesem Zusammenhang Handlungsbedarf gibt und dass das Agieren von heute nicht die Zukunft beschränken soll, zeigt auch der Umstand, dass es im Zeitraum 2008 bis 2012 – das wurde von Herrn Dr. Stürzenbecher angesprochen – Änderungen etwa im Hinblick auf Kinderbetreuung beziehungsweise Mindestsicherung und dergleichen gab. Man muss aber auch darauf hinweisen, dass es die stärksten Steigerungsraten in diesem Zeitraum bei der Finanzverwaltung gegeben hat, wo die Steigerungsrate 256,5 Prozent betrug. Hier wäre anzusetzen, in Anbetracht der gegenwärtigen Zinsen und zukünftigen Verpflichtungen und aktuellen Aktivitäten, dass die Kinderbetreuung sowie die Mindestsicherung auch in Zukunft im gleichen Ausmaß möglich sind, wie es in der Vergangenheit der Fall war. Das ist aber nur dann möglich, wenn die Geldmittel sparsam, wirtschaftlich und zweckmäßig eingesetzt werden.
Dass entsprechende Maßnahmen gesetzt werden müssen, zeigt unter anderem auch die Tatsache, dass die Finanzschulden im Zeitraum 2008 bis 2012 auf 4,35 Milliarden angestiegen sind. Und das zeigt sich auch, wenn man sich den Österreichischen Stabilitätspakt 2012 anschaut: Man hat mit einem Ansteigen der Finanzschulden auf 4,94 Milliarden EUR bis zum Jahr 2016 gerechnet. Betrachtet man den Voranschlag 2016, dann zeigt es sich aber, dass die Finanzschulden voraussichtlich auf 5,464 Milliarden EUR ansteigen werden. Auch dieser Umstand zeigt im Hinblick auf die internationalen Entwicklungen und Anforderungen, die wir zu erfüllen haben, dass entsprechende Maßnahmen notwendig sind.
Ich möchte darauf hinweisen, dass Österreich im Jahr 2015 schon zwei Mal von EU-Seite aufgefordert wurde nachzubessern. Im Jahr 2015 hat der Europäische Rat beziehungsweise der ECOFIN darauf hingewiesen, dass Österreich Gefahr läuft, signifikant vom Stabilitäts- und Wachstumspakt abzuweichen und dass Maßnahmen zu setzen sind.
Auch der IWF hat gerade erst vor Kurzem darauf hingewiesen, dass Maßnahmen notwendig sind, auch Moody‘s hat darauf hingewiesen, dass der Ausblick Österreichs von stabil auf negativ herabgestuft wird. – Das heißt also, es sind Maßnahmen notwendig, und in diesem Zusammenhang möchte ich erwähnen, dass der Rechnungshof es in der Vergangenheit immer als seine Aufgabe gesehen hat und auch in Zukunft als seine Aufgabe sieht, darauf hinzuweisen, ob der Weg, der von der Politik beschritten wird, sparsam, wirtschaftlich und zweckmäßig ist. – Genau das ist die Aufgabe, die der Rechnungshof hat, und genau diese Aufgabe nimmt er auch wahr. (Beifall bei FPÖ, ÖVP und NEOS.)
Gleichzeitig ist in vollem Ausmaß zu berücksichtigen, dass die Politik die Entscheidungen trifft, denn das Primat der Entscheidungen liegt bei der Politik und nicht bei der Kontrolle. Die Kontrolle hat aber die Aufgabe, darauf hinzuweisen, ob der Weg zum Ziel sparsam, wirtschaftlich und zweckmäßig beschritten worden ist.
Es ist schon angesprochen worden, und jeder kennt den Bericht im Zusammenhang mit der Konsolidierung, dass es, um ordentlich steuern und auf die weltwirtschaftliche Lage reagieren zu können, wesentlich wäre, aufbauend auf eine umfassende Aufgabenkritik eine wirtschaftspolitische Gesamtstrategie mit dem Ziel der Haushaltskonsolidierung sowie gesetz- und ausgabenreduzierender Maßnahmen zu erstellen. Das steht auch im Zusammenhang mit der Erstellung und Veröffentlichung einer mittelfristigen Planung als Analyse- und Steuerungsinstrument, einer Mehrjahresplanung der Stadt Wien mit Mehrjahresplanungen für den Krankenanstaltenverbund, für Wiener Wohnen und gleichzeitig für Wien Kanal und einer vollständigen Darstellung des Vermögens im Sinne einer transparenten Rechnungslegung.
In diesem Zusammenhang möchte ich erwähnen, dass es sehr positiv war – das ist auch angesprochen worden –, dass es intensive Bestrebungen beziehungsweise Diskussionen im VRV Komitee, also im Komitee zur Weiterentwicklung des Rechnungswesens, gegeben hat und dass es schlussendlich gelungen ist, dass es im Jahr 2015 ein neues Rechnungswesen für Länder und Gemeinden gibt und dadurch genau die Schwachstellen, die auch im Rahmen der Prüfung der Konsolidierungsmaßnahmen in Wien sowie auch in allen anderen Bundesländern hervorgekommen sind, beseitigt werden, indem mehr Transparenz, Vergleichbarkeit und gleichzeitig Steuerungsmöglichkeiten verankert werden.
Gleichzeitig wird es mit dem neuen Rechnungswesen auch notwendig sein, weitere Maßnahmen zu ergreifen, insbesondere eine Novellierung des § 16 der Finanzverfassung anzugehen, und zwar dementsprechend, dass einheitliche Regelungen für die Mittelfristplanung, für die Wirkungsorientierung, für einheitliche Haftungsobergrenzen und auch für ein Spekulationsverbot geschaffen werden. Dadurch wäre es möglich, dass in Zukunft mehr Transparenz besteht und dementsprechend Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch mehr Informationen zur Verfügung stehen.
Zu allen einzelnen Berichten, die schon angesprochen wurden: Im Zusammenhang mit dem europäischen
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