Gemeinderat, 2. Sitzung vom 11.12.2015, Wörtliches Protokoll - Seite 63 von 76
Aber ich muss hier in dieser Debatte - ich habe es gestern schon erwähnt - auch noch einmal auf die Unternehmer und Unternehmerinnen zu sprechen kommen. Diese sind letztendlich die größten Arbeitgeber dieser Stadt. Es ist nicht die Stadt selbst, es sind die Unternehmer und Unternehmerinnen. Und wenn ich dann gestern Reden höre, in denen von Anfang an Konzepte, die auch in eine weltoffene Stadt gehören, abgelehnt werden, dann tut mir das ein bisschen weh. Ich spreche jetzt ganz konkret von Initiativen, beispielsweise dieser ganzjährigen Schanigartengenehmigung, die wir uns ja wünschen, oder dass man über Tourismuszonen oder liberalere Öffnungszeiten nachdenkt. Hier muss Wien auch Weltoffenheit beweisen und hier müssten wir auch mit anderen Weltstädten gleichziehen. Das ist mir extrem wichtig, das ist nämlich ein erster dringender Impuls für den Arbeitsmarkt, ein Impuls, den wir dringend brauchen. - Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Zu Wort gemeldet ist Frau GRin MMag. Dr. Kugler. Ich erteile es ihr.
GRin MMag. Dr. Gudrun Kugler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Frau Stadträtin! Werte Kolleginnen und Kollegen!
Meine Kollegin Ingrid Korosec hat schon sehr viel gesagt. Ich möchte noch auf zwei Teilaspekte eingehen, zwei Schlüsselthemen, die mir und uns im Bereich Gesundheit ganz besonders fehlen. Der erste Aspekt betrifft die Frauengesundheit, und da wiederum einen Teilaspekt. Ich habe gestern schon das Phänomen Menschenhandel angesprochen, und das hat wiederum eine Subkategorie, und zwar das Thema Zwangsprostitution.
Eine befreundete Sozialarbeiterin hat mir vor zwei Wochen erzählt, dass sie in Wien auf der Straße unterwegs war und mit zwei Prostituierten gesprochen hat. Die beiden haben sie gefragt, in welcher Stadt sie sich befinden!
Ich glaube, dass wir hier nicht wegschauen dürfen. Es gibt unzählige Frauen, die unfreiwillig in Wien in der Prostitution sind. Ganz viele stammen aus Osteuropa. Viele davon aus Bosnien, Herzegowina, Serbien, Rumänien und Bulgarien. Vielen wird ein Job angeboten, und wenn sie dann in Wien sind, dann rasselt die Falltür ins Schloss. Auch bei den Asylwerbern gibt es viele, die in Gefahr sind, auch bei den minderjährigen Unbegleiteten. Man sagt, dass es „Breaking Houses“ gibt, wo diese Frauen, die das gar nicht wollen, zuerst einmal ein paar Wochen gehalten werden, wo sie geschlagen werden und vergewaltigt werden, bis sie innerlich aufgeben.
Das U.S. State Department hat einen Bericht über Österreich herausgegeben, ganz aktuell, da attestiert man Österreich, dass Fortschritte gemacht wurden, dass es aber noch viel zu tun gibt. Und dann stehen in diesem Bericht ganz konkrete Vorschläge, und die möchte ich Ihnen jetzt weitergeben. Da heißt es, zuerst eine Kampagne bei den Nutzern der Prostitution zu machen. Es sind nämlich immer wieder die Freier diejenigen, die Frauen dann befreien. Die Statistiken - das sind natürlich nur Schätzungen - sagen, dass bis zu 25 Prozent der Frauen in der Prostitution das wirklich zu 100 Prozent unter Zwang machen, und noch einmal 50 Prozent es so halb unter Zwang machen. Aber alleine die 25 Prozent, die ganz unter Zwang stehen! Die das entdecken, sind zuerst einmal die Freier, und da wird dann auch oft geholfen, aber hier braucht es mehr Sensibilisierung.
Ein Vorschlag vom U.S. State Department für Österreich ist auch ein spezielles Unterstützungsprogramm gegen Kinderprostitution, das wird viel zu wenig angegriffen. Und ein dritter Punkt ist eine Verstärkung der Anstrengungen für die Opfer, gemeinsam mit einer Sensibilisierung des Personals in den Gesundheitseinrichtungen. Damit die dort erkennen, dass es sich um ein Opfer handelt, und wissen, wie man darauf reagiert.
Ich schlage auch vor - und das ist jetzt nicht vom U.S. State Department -, dass man bei der Gesundenuntersuchung, die die Prostituierten wöchentlich machen - ab nächstem Jahr nur mehr alle sechs Wochen -, Psychologen einsetzt, die sich die Geschichten der Frauen auch anhören und, auch wenn die Frauen dann oft nicht gleich auspacken, vielleicht geschult werden, wie man denn erkennt, ob da ein Zwangsfall vorliegt. (Beifall bei der ÖVP.)
Ein zweites Anliegen ist der Ausbau der Hospizbetreuung. Dazu stehen jetzt im Regierungsübereinkommen einige ganz wichtige Sachen drinnen, aber ich möchte noch ein paar Vorschläge dazugeben. Im Bereich Palliativmedizin ist Wien ja sehr gut aufgestellt, aber im Hospizbereich ist Wien Schlusslicht. Ich glaube, dass Wien eine Landeskoordinationsstelle für Hospiz braucht, das gibt es in den anderen Bundesländern, ich glaube, dass Wien auch ein stationäres Hospiz einrichten müsste. Eigenlicht fehlt dieser Versorgungsbaustein in Wien. Die ehrenamtlichen mobilen Hospizteams, von denen es viele gibt, haben in Wien keine öffentliche Unterstützung. Das funktioniert ehrenamtlich, das habe ich auch gesagt, aber es braucht Koordinationspersonen und es braucht Schulungen. In anderen Bundesländern - nicht in allen, aber in einigen - werden diese Schulungen für die Ehrenamtlichen von den Ländern gezahlt und auch die Koordinationspersonen. Ich glaube, das ist kein zu großer Betrag, das würde den Ehrenamtlichen wirklich helfen.
Das Thema Tageshospiz steht im Regierungsübereinkommen. Derzeit nicht öffentlich unterstützt, gibt es ein Tageshospiz von der Caritas in Wien nur an Dienstagen und Donnerstagen. Ich war dort, ich habe mir das angeschaut, man möchte dort jeden Tag aufmachen, dafür braucht es aber öffentliche Unterstützung. Ähnlich auch der Palliativmedizinische Konsiliardienst, der in Wien von den Krankenhäusern nur optional angeboten wird. Der Direktor kann entscheiden, ob er das überhaupt möchte oder nicht. Auch hier könnte man noch ein bisschen die Schrauben anziehen.
Warum wollen wir ins Hospizwesen investieren, das kostet Geld, was bringt das? - Ich möchte Sie an den Allparteienkonsens im Parlament erinnern, dort hat man sich gemeinsam, ohne Gegenstimme dafür ausgesprochen, dass das Lebensende so annehmbar wie möglich gestaltet werden soll. Der Grund dafür, alle kennen das Zitat: An der Hand eines Menschen, nicht durch die
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