Gemeinderat, 2. Sitzung vom 10.12.2015, Wörtliches Protokoll - Seite 36 von 125
mehr in diesem Haus zu denken geben sollte. Das ist die Tatsache, dass Wien 20 Prozent der österreichischen Bevölkerung hat, rund 35 Prozent der Arbeitslosen und 60 Prozent der Mindestsicherungsbezieher. Meine Damen und Herren, wenn heute mehrfach das Argument kam, wir haben so viele Einpendler in den Arbeitsmarkt, ist das bei Großstädten natürlich nun einmal nicht ganz so unüblich. Das ist eine Situation, die vor 20, 30 Jahren durchaus ähnlich gelagert war, aber da waren die Arbeitslosenzahlen im Vergleich zum Bundesschnitt durchaus andere, meine Damen und Herren.
Wir haben eine Rekordverschuldung. Die Frau Stadträtin konnte sich in ihrer Budgetrede nicht erklären, wie es diese großen Differenzen zwischen 5 Milliarden und 16 Milliarden gab. Ich kann ihr da ein bisschen weiterhelfen. Bei rund 5 Milliarden stehen wir gerade, was budgetwirksam wird. Wenn man dann ausgelagerte Bereiche mit einbezieht, Krankenanstaltenverbund, Wiener Wohnen, und so weiter, gehen die Schulden in die Höhe. Wenn man die Schulden der Stadtwerke dazunimmt, ist man definitiv schon im zweistelligen Milliardenbereich. Jetzt kann man, wie die FPÖ, noch Abgrenzungsposten auch dazunehmen, buchhalterische Frage, dann ist man wohl bei diesen 16 Milliarden. Tatsache ist jedenfalls, dass diese Schulden Rekordschulden sind. Ich gestehe, es geht gar nicht so sehr um die Höhe, sondern um den Weg, den die Verschuldung nimmt und die Geschwindigkeit, in der in den letzten Jahren diese Schulden angestiegen sind. Wie heute schon erwähnt, die Tatsache, dass wir 2016 hier wieder zurückkehren wollten zu einer geplanten und vernünftigen Ausgabenpolitik und ein Nulldefizit schaffen wollten, haben wir auch verfehlt. Wir haben am Wirtschaftsstandort zumindest 2014 leider Gottes ein Minuswachstum gehabt.
Wir haben, auch das wurde heute schon angesprochen, natürlich Dinge im wirtschaftlichen Bereich dieser Stadt, die durchaus unter das Wort Spekulationen subsumiert werden können. Jetzt freut es mich ungemein, dass man im Zuge einer Koalitionsverhandlung dazu übergegangen ist, in diesem Sideletter - ob es den jetzt gibt oder ob er anders heißt, sei völlig dahin gestellt - aus diesen Fremdwährungskrediten auszusteigen. Das finden wir gut. Das finden wir vernünftig. Ich frage mich nur, wir haben das schon über Jahre hinweg gefordert. Der Kollege Neuhuber war da immer ein Mahner in dieser Frage. Rot-Grün hat uns immer erklärt, wie ungeschickt es wäre, langsam abzuschmelzen, weil man rolliert so lange, bis der Wechselkurs toll wäre. Jetzt geht es plötzlich anders.
Wenn man von Spekulationen spricht, ist mir in der Tat - die Kollegin Meinl-Reisinger hat es heute schon angesprochen - nicht klar, warum Unternehmungen, die zu 100 Prozent der Stadt Wien gehören, plötzlich Anteile an steirischen Wurstproduzenten erhalten müssen. Das ist nicht zwingend Aufgabe einer Stadt, wie ich meine. (Beifall bei der ÖVP und von GRin Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES.)
Um aber nicht nur anzukreiden, was aus unserer Sicht das Problematische in der Finanzgebarung der Stadt ist, sondern um, auch wenn Sie es nicht hören wollen, wiederholt zu erklären, wo wir Potenzial sehen, um Einsparungen zu treffen, sei es noch einmal gesagt, Frau Stadträtin, im Pensionsbereich sind nicht 9 Millionen einsparbar. Allein bei den Frühpensionen ist in Summe ein Betrag von rund 200 Millionen zu heben, nicht von einem Tag auf den anderen, ich weiß schon. Aber wenn man nicht beginnt, das Antrittsalter der Frühpensionen von 54 endlich nach oben zu schrauben, dann werden diese Millionen gar nicht zu heben sein. Natürlich sind rund 350 Millionen EUR bei der Harmonisierung des Pensionssystems zu heben, nicht in einem Jahr, aber in den fortlaufenden Jahren.
Ich finde es herrlich, im Zuge der Koalitionsverhandlungen hat es dann von grüner Seite geheißen, wo wir einsparen können, Öffentlichkeitsarbeitsbudget. Da hat es geheißen, um ein Drittel, so steht es auch im Regierungsübereinkommen, wird es reduziert. Wir waren gespannt. Das Budget des PID ist reduziert. Aber ganz ehrlich, Kollege Ellensohn, nur die Auslandsbüros herauszurechnen, bei der Kollegin Brauner und nicht mehr im PID zu parken, macht noch keine Senkung der Öffentlichkeitsarbeit. Darauf möchte ich schon hinweisen. (Beifall bei der ÖVP und von GRin Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES.) Sie haben aber recht. Hier wäre Geld zu heben.
Gesundheitsbereich: StR Blümel hat es schon angesprochen. Hier geht es einfach darum, dass die Kosten pro Patient, beispielsweise im ambulanten Bereich, in Wien wesentlich höher sind als in den Bundesländern. Ich denke, eine medizinische Versorgung ist auch in anderen österreichischen Städten durchaus auf internationalem Niveau.
Ausgelagerter Bereich, auch so ein Thema: Die Schulden dort haben wir schon angesprochen. Zuschuss Wiener Linien über 700 Millionen, Zuschuss KAV über 600 Millionen, meine Damen und Herren. Effizienz? Ich weiß schon, dass die Wiener Linien nicht ausgeglichen bilanzieren werden, aber schauen wir uns doch an, ob wir dort nicht effizienter agieren können. Das wäre jedenfalls ganz wichtig und das sollte man vorerst tun, bevor man immer weiter an der Abgabenschraube dreht.
Der Kollege Margulies - er ist jetzt nicht da, o ja, da oben sitzt er - hat uns heute erklärt, warum unbedingt die Grundsteuer angehoben werden muss. Das ist auch ganz lustig, wenn man sich hier das Koalitionsabkommen ansieht. Darin steht, über Grundsteuer sollte man nachdenken, aber nicht beim sozialen Wohnbau, was so viel heißt, wie Rot-Grün plant, die Grundsteuer von den einfachen Häuslbauern zu erhöhen, und Wiener Wohnen kann es sich wieder einmal richten. Das ist die Belastungspolitik von Rot-Grün. Ich habe da meine großen Zweifel, ob das von den Menschen lange so mitgetragen wird.
Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen ganz offen, die Stadtregierung in München hat es gezeigt, die unter Rot-Grün einen wirklichen Konsolidierungskurs gefahren ist, man kann auch ein guter Linker sein, wenn man keine Schulden macht. - Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
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