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Gemeinderat, 2. Sitzung vom 10.12.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 32 von 125

 

chen ins Auge zu sehen. Denn unter dem Schlagwort soziale Gerechtigkeit werden mangelnder Einsatz und fehlende Leistungsbereitschaft gefördert, sogar belohnt. Das ist einer der Gründe, warum unser Sozialsystem in eine Schieflage geraten ist. Warum ist das so? Warum sollte sich wer, der in einem aktiven Job so viel beziehungsweise weniger verdient, als er in Summe mit Sozialleistungen, Gebührenbefreiungen und Förderungen von Steuergeld erhält, anstrengen? Ich sage Ihnen ein Beispiel, das, würde ich sagen, für Sie ist, weil ich für die Mindestsicherung bin, und Sie kennen mich lange genug und kennen mein soziales Engagement. Wenn 2 Erwachsene in der Mindestsicherung sind, 3 Kinder haben, dann bekommen sie ohne Kinderbeihilfe nicht ganz 2.000 netto, 1.936 netto. Wenn der Mann arbeitet, muss er über 3.000 brutto verdienen, damit er auf diesen Betrag kommt. Sie wissen genau, 3.000 brutto ist eigentlich ein relativ gutes Einkommen. Das heißt, da ist etwas im System nicht in Ordnung. Das heißt, noch einmal, nicht weg von der Mindestsicherung, aber eine Reform der Mindestsicherung ist sicher angesagt. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Halten wir uns doch vor Augen: Dass heute fast jeder zehnte Wiener oder jede zehnte Wienerin in der Mindestsicherung ist, ist eigentlich unglaublich. Da muss man an Reformen denken. Da muss man, Herr Margulies, wirklich an Reformen denken, dass es natürlich, wer es braucht, bekommen muss, aber es darf keine Überversorgung sein, dass ich sage: „Warum soll ich arbeiten gehen, weil das verdiene ich gar nicht, wenn ich arbeiten gehe?“ Ich kenne Sie als vernünftigen Menschen und nehme an, dass Sie Einfluss nehmen werden auf Ihre Fraktion. (GR Dipl.-Ing. Martin Margulies: Der Hinweis auf jeden Zehnten tut weh, weil es tatsächlich dabei zählt, es im Jahr zu nehmen, auch wenn es nur ein Mal in Anspruch genommen wird!) - Ich weiß schon. Aber Faktum ist, und ich meine, da geben Sie mir recht, Faktum ist, dass hier Reformen notwendig sind (GR Dipl.-Ing. Martin Margulies: Das stimmt!), weil unser Ziel muss die Selbsterhaltungsfähigkeit der Menschen sein. Das ist ganz klar. Ich denke sogar an Arbeitsanreize. Das heißt, ich kann mir vorstellen, wenn jemand von der Mindestsicherung wegkommt, dass er vielleicht einige Monate sogar noch eine Zuzahlung bekommt. Wichtig ist, dass die Menschen wieder in die Arbeit kommen. (GR Dipl.-Ing. Martin Margulies: Aber es muss auch die Arbeit geben!) Es hängt nicht nur vom Finanziellen ab, sondern das ist ganz wichtig für die Menschen selbst. Wir wollen keine Reform, um jemandem etwas wegzunehmen, sondern wir wollen eine Reform, dass das soziale Netz weiterhin bestehen kann. Das soziale Netz wird wahrscheinlich in den nächsten Jahren noch mehr belastet werden als bisher. (Beifall bei der ÖVP.) Daher stellen wir uns einen Deckel von ungefähr 1.500 EUR vor. Was wir uns auch vorstellen, und ich glaube, da wird es auch eine Zustimmung geben, ist, dass wir teilweise einfach von der Geldzahlung wegkommen, dass wir vielleicht 50 Prozent in Sachleistungen geben. Damit wird das System auch treffsicherer. In der Landtagssitzung kommt es zur Diskussion. Wir werden da einen sehr detaillierten Antrag einbringen. Ich hoffe da auf Zustimmung, weil eigentlich müssen wir alle dasselbe Ziel haben, jenen Menschen, die es brauchen, müssen wir helfen, aber Überversorgungen sind sicher nicht das, was sein soll. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Meine Damen und Herren, die Versäumnisse der rot-grünen Fraktion in der Bildungspolitik sind natürlich der Grund, dass jetzt so viele Menschen auf Mindestsicherung angewiesen sind. Sie berauben tatsächlich die Jugend um ihre Zukunft und die ältere Generation um einen ruhigen Lebensabend. Das heißt, die rot-grüne Stadtregierung macht die Bevölkerung arm. Wir, die Wiener ÖVP, wollen keine Almosenbezieher, sondern wir wollen eine Politik, wo die Menschen in dieser Stadt das Auskommen mit ihrem Einkommen haben. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Mag. Gerald Ebinger: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr StR Schock.

 

12.22.00

StR DDr. Eduard Schock|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Frau Stadträtin! Meine Damen und Herren!

 

Sie haben heute eine seriöse Diskussion eingemahnt. Da muss ich einmal auf Ihren Vergleich zwischen Bund und Wien eingehen. Ich kann das nicht mehr hören! Sie sagen immer, Wien macht weniger Schulden als der Bund, das ist so super. Jetzt kenne ich Ihr Verhältnis zu Herrn Faymann nicht und ich bin auch der Letzte, der die Bundesregierung verteidigen will - das glauben Sie mir hoffentlich -, aber das sind Äpfel und Birnen. Das kann man einfach nicht vergleichen. Das ist heute auch schon angesprochen worden. Der Bund zahlt in Wien zum Beispiel die Eisenbahn, die Straßen. Der Bund zahlt alle Lehrer in Wien, wie wir alle wissen. Die Pensionen für die Wiener Pensionisten zahlt der Bund. Sie können das einfach nicht vergleichen. Es ist völlig aussagelos, das unabhängig von den Kompetenzen einander gegenüberzustellen. Man kann natürlich nur Gebietskörperschaften auf gleicher Ebene sinnvoll vergleichen. Man kann zum Beispiel Österreich mit Deutschland oder mit der Schweiz vergleichen. Man kann auch die Bundesländer vergleichen. Das hat zum Beispiel der Rechnungshof in dem jüngsten Bericht gemacht, und zwar mit einer Kennzahl Schulden pro Einwohner. Da sagt der Rechnungshof, natürlich haben Sie in Wien, wenn man die Länder alle vergleicht, die meisten Schulden gemacht. Von 2008 bis 2013 hat sich der Rechnungshof das angeschaut. 1.828 EUR pro Kopf, pro Wienerin und Wiener zusätzliche Schulden, die die Frau Brauner gemacht hat. Der Rechnungshof sagt daher, Sie haben von allen Ländern die meisten Schulden gemacht, Frau Brauner, vor Kärnten, vor der Steiermark, und zwar mit Abstand die meisten! Das sagt der Rechnungshof. Sie sind der Schuldenkaiser! Das ist die Wahrheit, Frau StRin Brauner! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Aber das geht so weiter, heuer 567 Millionen neue Schulden, im nächsten Jahr 514 Millionen nach dem Voranschlag, über den wir heute reden, 2017 339 Millionen, 2018 270 Millionen, 2019 306 Millionen nach Ihrem eigenen Finanzplan, die offiziellen Zahlen. Und dann sagen Sie uns immer, das war nur ein Sonderfall wegen der Finanzkrise, außerordentliche Umstände. Heute

 

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