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Gemeinderat, 2. Sitzung vom 10.12.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 16 von 125

 

Die einzige Regel, die es wirklich jedes Jahr beim Budget und dann wieder im Sommer beim Rechnungsabschluss gibt, lautet: Alle machen ihre Reden, unabhängig davon, was zuvor gesprochen wurde. Sie werden ja auch mitgebracht, ausgedruckt, vorgelesen. Auf die erste Information wird rudimentär eingegangen und dann werden halt die eigenen Sachen geredet, dann wird Kant zitiert oder die Revolution von irgendwelchen früheren Jahrhunderten. Das muss alles herhalten für eine Rechnungsabschlussdebatte. – Wer hat denn heute die Brille vergessen? (Der Redner hält eine Brille in die Höhe. – Ruf bei den GRÜNEN: Meinl-Reisinger!) 

 

Die Aufgaben der Städte, darüber könnten wir uns auch unterhalten. Was haben wir überhaupt zu tun als Stadt Wien? Was haben wir zu tun als eine der größten Städte in Europa? – Wir sind, wenn wir 2-Millionen-Stadt sind, knapp dran bei den Top 10, nicht innerhalb der EU, sondern überhaupt in Europa, es sind nicht viele, die größere Städte sind. Das gute Leben für alle, das sagt sich leicht, aber die Idee muss sein, dass wir versuchen, jedem Menschen in Wien ein so gutes Leben wie möglich zu ermöglichen. Gesundheit, Wohnen, Bildung, alles, was dazu gehört. Darüber wird dann aber leider rudimentär geredet. Ich habe jetzt von der Opposition den Eindruck gehabt, die wichtigste Aufgabe der Stadt Wien ist, Geld zu sparen. Was man dann damit tut, wurde nicht gesagt, aber Hauptsache, wir sparen irgendwo das Geld ein.

 

Wien hat innerhalb von Österreich noch ein paar Zusatzaufgaben, damit man das nicht vergisst. Die sind teilweise auch angesprochen worden. Wir haben 260.000 PendlerInnen, die nach Wien kommen. Ich habe es schon ein paar Mal gesagt, wenn jeder in seinem Bundesland bleiben würde, wenn alle in der Früh in ihrem Bundesland einen Arbeitsplatz suchen würden, würde es traurig aussehen in Niederösterreich und im Burgenland, denn die kommen hierher, während sehr viel weniger Leute auspendeln. Das heißt, wir schaffen auch viele Arbeitsplätze für die anderen acht Bundesländer. Wir haben 190.000 Studierende und sind damit die größte deutschsprachige Universitätsstadt. Das sind natürlich nicht alles Wiener und Wienerinnen von Geburt an. Wir haben im Spital nicht ausschließlich Wiener und Wienerinnen, sondern jeder fünfte Patient/jede fünfte Patientin kommt aus Niederösterreich, obwohl ich glaube, dass dort die Spitäler auch nicht schlecht funktionieren, aber es wird einen Grund haben, dass so viele zu uns kommen.

 

Dieses Wachstum ist die Hauptaufgabe, die wir in den nächsten Jahren haben werden, und das Wachstum hat sich durch verschiedene Faktoren noch beschleunigt. Das könnte auch so bleiben, aber demographische Entwicklungen vorauszusagen, das hat schon die letzten Jahrzehnte schlecht geklappt. Jetzt gehen wir einmal davon aus, dass wir jedes Jahr annähernd 30.000 WienerInnen mehr haben als zu Beginn des Jahres.

 

Deswegen neue Stadtentwicklungsgebiete, deswegen Investitionen in den öffentlichen Raum, deswegen 365-EUR-Jahresticket-Welterfolg. Wir versuchen ja ganz viele Sachen, um das Leben lebenswert zu machen und zu investieren.

 

Wir haben einen Schuldenstand – ich gehe jetzt einmal kurz auf den Schuldenstand ein –, der in Wien 6,2 Prozent des Bruttoregionalprodukts bedeutet und auf österreichischer Ebene ein bisschen weniger als 60 Prozent pro Jahr. – Nur zum Vergleich.

 

Die Neuverschuldung für nächstes Jahr beträgt bei uns 0,4 Prozent, österreichweit 1,6 Prozent, weil Herr Blümel oft den Schuldenstand angesprochen hat. Dann hat er von einer Staatsschuldenkrise gesprochen, wie schlecht der Staat war, er war nicht in der Lage, den Finanzskandal und die Spekulationsblase und die Abzockereien aufzufangen, weil der Staat zu wenig Geld gehabt hat für die Spekulierenden gegen alles Mögliche. Das hätte man wahrscheinlich tun müssen, jeden Einzelnen aufzufangen. Das habe ich überhaupt nicht verstanden, was dort die Aufgabe gewesen wäre. Noch lustiger finde ich, dass das eine Partei sagt, die seit 1987 – ich weiß nicht, die jüngsten Leute hier drin waren damals wahrscheinlich noch nicht mal geboren – in der Bundesregierung ist, und dann heißt es, Staatsschulden, abgesandelt. Ich weiß nicht, was dem Land alles angetan wurde von einer Bundesregierungspartei Volkspartei. In mehreren Jahrzehnten ist sie sicher dafür mitverantwortlich; wenn man immer das Wirtschaftsministerium geleitet hat, ist man zuständig für die Wirtschaftspolitik im Land. Aber das ist egal, das hat ja alles nichts mit Fakten und Wahrheit zu tun.

 

Ich versuche trotzdem, ein paar Zahlen zu nennen, die wichtig für Wien sind: Gesundheit und Soziales, über 4 Milliarden EUR Investition für das nächste Jahr. Wir haben 160.000 Menschen, die auf die Bedarfsorientierte Mindestsicherung angewiesen sind. Das ist nicht gut.

 

Zum Glück sind es nur 10 Prozent davon, die ausschließlich davon leben müssen, alle anderen haben auch noch andere Einnahmen. Leider werden es immer mehr, die neben der Arbeit, neben einem Teilzeitjob tatsächlich noch auf Sozialleistungen angewiesen sind, weil die Löhne in Österreich nicht Schritt gehalten haben. (Zwischenruf von StR Mag. Gernot Blümel, MBA.) Die oberen Löhne haben schon Schritt gehalten – weil da kritisch geschaut wird –, unsere halten eh mit. Löhne über 5.000 EUR brutto haben sich insgesamt über die Inflationsrate entwickelt. Nicht entwickelt haben sich Löhne von Leuten, die mit weniger als 2.000 EUR brutto auskommen müssen. Im Median sind wir da schon in der besseren Hälfte unterwegs.

 

Wo soll man denn im Gesundheitsbereich sparen, denn dort sind ja hohe Kosten, 4,2 Milliarden EUR? Soll man weniger BMS auszahlen? Das ist ohnehin ein Vorschlag der Volkspartei, ob man zwei Kinder hat oder drei oder vier oder fünf, man bekommt immer gleich viel Bedarfsorientierte Mindestsicherung. Also wenn es dir schlecht geht, und du hast mehr Kinder, bekommst du immer gleich viel. Das ist der aktuelle Vorschlag. Da könnte man tatsächlich Geld sparen. Bei den armen Familien könnte man tatsächlich Geld sparen, das ist Ihr Vorschlag, nicht meiner. Deswegen haben ja auch konsequenterweise in diesem Haus sowohl die FPÖ als

 

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