Gemeinderat, 57. Sitzung vom 24.10.2014, Wörtliches Protokoll - Seite 63 von 72
dachlose. Wie erkläre ich es, dass es Suchtkranke gibt? Was sage ich meinem Kind? Ich gebe zu, das ist nicht ganz einfach, das stimmt, das stimmt tatsächlich. Ich weiß es aus eigener Erfahrung, wenn mein Siebenjähriger in der U-Bahn plötzlich zu einem Suchtkranken hingeht und lautstark fragt, warum er denn Drogen nimmt, wenn das nicht gesund ist, daraufhin hat sich eine Diskussion in der U-Bahn entwickelt.
Also es ist nicht einfach, diese Fragen zu beantworten, wenn es einem nicht gut geht, dass es auch Menschen gibt, denen es weniger gut geht. Aber es gibt Sie. Und Rot-Grün vertritt hier eine Politik, die Platz für alle Menschen in der Stadt hat. Es geht nicht darum, dass wir uns um diese Menschen kümmern müssen. Es geht um Rechte, es geht um die Würde jedes Einzelnen und jeder Einzelnen. Es geht um das gemeinsame Zusammenleben.
Lassen Sie mich noch einen Gedanken festhalten, nämlich die Frage: Was wäre denn die Alternative? Was wäre die Alternative? Und erlauben Sie mir, diesen Gedanken festzuhalten. Ich möchte nicht - und ich bin davon überzeugt, dass im Grunde das niemand will in unserer Stadt - in einer Stadt leben, wo wir irgendwann einmal beginnen, darüber zu diskutieren, dass es da überflüssige Menschen gibt, Menschen, die nicht konsumieren, die nicht produzieren, Menschen, die eine Belastung für diese, unsere Gesellschaft sind, und auf der anderen Seite die unabkömmlichen LeistungsträgerInnen. Ich möchte nicht, dass die Stadt des sozialen Zusammenhalts auseinanderbricht. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Insofern verstehe ich die Unsicherheiten von Anrainern und Anrainerinnen, wenn sie das erste Mal davon erfahren. Insofern finde ich es gut und richtig und wichtig, transparent zu informieren, was passiert, auf Augenhöhe zu informieren. Ich finde es gut, was hier alles angeboten wird, damit Fragen beantwortet werden. Es stimmt auch, dass ich den Anrainern und Anrainerinnen, die per se nicht mit suchtkranken Menschen konfrontiert werden wollen, per se nicht, kein Angebot machen kann. Das stimmt, weil wir muten in unserer Stadt den Anblick von Armut zu. Wir muten in unserer Stadt Andersartigkeit zu. Und ich gehe einen Schritt weiter. Wir sind stolz darauf, dass wir hier diese Form der Inklusion mit allen Herausforderungen leben. Geben Sie diesem Projekt eine Chance! Vielen Dank. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Für eine tatsächliche Berichtigung hat sich Herr StR Mag Juraczka zum Wort gemeldet, und ich erteile es ihm.
StR Mag Manfred Juraczka: Vielen herzlichen Dank, Herr Vorsitzender!
Ich habe mich zu einer tatsächlichen Berichtigung gemeldet, weil Ihr Debattenbeitrag, Frau Kollegin Hebein, zeigt, dass verstehen auch verstehen wollen voraussetzt. Wenn Sie unter anderem auch meiner Fraktion unterstellen, dass wir wider besseren Wissens, wider dessen, was ich hier gesagt habe, in ganz Wien keine weiteren Beratungszentren zulassen wollen, sie aus der Stadt verbannen wollen, dann ist das schlicht und einfach unwahr. Und ich sage Ihnen ganz offen: Ich habe nicht gesagt, ein Standort soll unter großer Bürgerbeteiligung gefunden werden. Ich habe gesagt, Experten, die Suchtberatung, die Polizei, Ärzte, auch die Politik sollen einen neuen Standort suchen und der soll dann rechtzeitig und qualitativ hochwertig den Anrainern vorgestellt werden. Es soll informiert werden. Die Suche muss die Politik übernehmen. Aber ich sage Ihnen eines: Ich und meine Fraktion haben jetzt auch in meinem Beitrag vorhin etwas übernommen, was eigentlich Aufgabe der Regierung wäre, nämlich Alternativen, alternative Standorte zu bieten. Ich habe ganz konkret von Stadtbahnbögen gesprochen, die viele Nachteile, die der jetzige Standort hat, nicht haben. Sie haben es in einem durchaus längeren Debattenbeitrag zwar verstanden, uns anzupatzen, zu behaupten, wir würden auf Suchtkranke hinhauen, zumindest verbal, waren aber nicht in der Lage zu erklären, warum unser Vorschlag nicht geeignet gewesen wäre. Ich muss ganz offen sagen (GR Mag Rüdiger Maresch: Das ist keine tatsächliche Berichtigung! Das ist ein Debattenbeitrag!), auch ein sanfter Tonfall ist mitunter geneigt, durchaus polemisch zu erklären. Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP. – GR Dr Kurt Stürzenbecher: Wo war jetzt die tatsächliche Berichtigung? Und die Redezeit? - GRin Birgit Hebein: Was haben Sie berichtigt?)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Es war die tatsächliche Berichtigung dabei, ohne Zweifel, und der Herr Stadtrat hat auch die Redezeit eingehalten. Wir haben drei Minuten Maximum, das wissen wir alle. Daher bitte, Zwischenrufe sind nicht notwendig.
Als Nächster zum Wort gemeldet hat sich Herr GR Mag Gudenus und ich erteile es ihm.
GR Mag Johann Gudenus, MAIS (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen!
Kurz zur Debatte. Die Frau Hebein hat ja in ihren Ausführungen auch unter Beweis gestellt, dass Sie eher wenig Ahnung von der geltenden Rechtsordnung hat, wenn sie zum Beispiel rauchen oder Alkohol trinken mit harten Drogen vergleicht. Klar, Suchtpotenzial ist überall vorhanden, das wissen wir. Doch werden diese Suchtmittel von der Gesellschaft unterschiedlich behandelt, ob das jetzt zu Recht ist oder zu Unrecht steht wieder auf einem anderen Blatt Papier. Aber das hat der Nationalrat so mit einer Mehrheit auch entschieden. Das steht im Strafgesetzbuch oder auch in anderen Gesetzen so drinnen. Deswegen kann ich ja konstatieren, Frau Kollegin Hebein: Es gibt keine überflüssigen Menschen, da haben Sie recht, es gibt vielleicht nur überflüssige Wortmeldungen. (Beifall bei der FPÖ.)
Frau StRin Wehsely! Ich bedanke mich auch sehr für die wirklich sehr ausführliche Beantwortung. Das meine ich auch wirklich in der Ernsthaftigkeit. Und Sie haben eine sehr konstruktive Debatte eingemahnt. Dafür bin ich auch, sehr gerne. Aber ich muss schon feststellen, dass das Vorgehen der Stadtregierung das etwas erschwert, weniger für uns Politiker, aber umso mehr für die Leute, die davon eben direkt betroffen sind. Das sind die Anrainer, das sind die Bürger im Bereich Nußdorfer Straße, in dem Bereich eben, wo dieses Zentrum entsteht. Das Vorgehen der Stadtregierung erschwert hier eine sachli
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