Gemeinderat, 57. Sitzung vom 24.10.2014, Wörtliches Protokoll - Seite 20 von 72
bezieherInnen: Mit 153 000 sind es mehr als die Hälfte aller Österreicherinnen und Österreicher, die in dieser Kategorie anzusiedeln sind. Das ist nicht nur ein soziales Problem, sondern auch ein budgetäres, und das kostet die Stadt mehr als eine halbe Milliarde Euro jährlich.
Wien hat mit über 10 Prozent auch die höchste Arbeitslosenrate, das ist wieder eine Steigerung um 15,8 Prozent, sehr geehrte Damen und Herren.
Auch das ist hausgemacht. Alle anderen Städte in Deutschland haben nämlich höhere Wachstumsraten und eine geringere Arbeitslosigkeit, und das ist ein Zeichen, dass in der Stadt nicht richtig regiert wird!
Ich plädiere daher für eine neue Politik mit mehr Effizienz, mit mehr Professionalität und mit mehr Transparenz, damit Wien wieder auf Vordermann gebracht werden kann. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Als nächster Redner hat sich Herr GR Mag Gudenus zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.
GR Mag Johann Gudenus, MAIS (Klub der Wiener Freiheitlichen): Danke. – Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich habe lange überlegt, ob ich mich zu dieser Aktuellen Stunde zu Wort melden soll. (Zwischenruf von GRin Mag Muna Duzdar.) Allein der Titel ist ja eher wie Kraut und Rüben, verehrte Frau Kollegin! Aber die Wortmeldung von Herrn Margulies hat mir bestätigt, dass es wichtig ist, sich hier doch zu Wort zu melden. – Es war wirklich herrlich, seinen Ausführungen zu folgen! Mit so viel Euphorie mit Nachdruck so viel Falsches von sich zu geben, dafür gehört schon ein gewisses Kunstverständnis in der Rhetorik! (Beifall bei der FPÖ.)
Es vollzieht sich eine wundersame Wandlung vom Verfechter der realsozialistischen Planwirtschaft hin zu einem Verfechter des Kapitalismus: Plötzlich ist Wachstum das Nonplusultra. Das Wichtigste auf der Welt ist Wachstum. Herr Margulies! Sie sprechen ständig von Wachstum: Da frage ich mich schon: Ist Wachstum per se ein Wert an sich? Oder birgt das Wachstum, das Sie heute hier postulieren und fordern, nicht doch mehr Probleme, als es Vorteile bringt? Wachsen nicht eher die Probleme mit dem Wachstum, das Sie fordern, Herr Kollege Margulies? – Sie verstehen nämlich anscheinend die Zusammenhänge nicht ganz. Daher fordere ich die GRÜNEN hier im Saal auf, einmal endlich die rosarote Brille abzunehmen und auch die Fakten zu sehen!
Es erheben sich im Hinblick darauf nämlich einige Fragen: Sind wir auf das Wachstum, das Sie so gerne hätten und das in den nächsten Jahren wahrscheinlich auch eintreten wird, überhaupt vorbereitet? Wie wächst Wien? Wer wandert zu? Sind es qualifizierte Zuwanderer? Wie ist deren Bildungsstand? – Das sind die Fragen. Geben Sie uns darauf eine Antwort!
Handelt es sich, rein volkswirtschaftlich gesehen, bei den Zuwanderern bis 2030 nur um Menschen, die zum Wirtschaftssystem und auch zum Sozialsystem etwas beitragen? Oder sind auch Menschen dabei, die vielleicht Kosten verursachen, also sozusagen ins Sozialsystem einwandern? – Das sind wichtige Fragen, Herr Kollege Margulies! Da geht es nicht nur ums Wachstum an sich, sondern die Frage ist: Wie lange sind ein solches System, ein solcher Haushalt und ein solches Budget volkswirtschaftlich überhaupt finanzierbar? Das ist die Frage, die wir uns stellen sollten, Herr Kollege Margulies! (Beifall bei der FPÖ.)
Die Frage ist: Können wir uns ein solches Wachstum bei einem offiziellen Schuldenstand der Gemeinde von 5 Milliarden EUR beziehungsweise, wenn man KAV und Wiener Wohnen dazunimmt, von 8 Milliarden EUR überhaupt leisten? Dabei reden wir noch gar nicht von Wien Holding und sonstigen ausgelagerten Betrieben, womit wir wahrscheinlich schon bei weit über 10 Milliarden EUR sind. Ist das überhaupt noch finanzierbar? Wer soll dafür zahlen? Das fragen Sie nicht! Diese Frage wird nicht gestellt!
Heinz Fassmann hat schon vor mehreren Jahren festgestellt, und das ist nicht irgendwer, sondern jemand, der auch schon Studien für viele Bereiche gemacht hat und gute fachmännische Auskunft geben kann: Fakt ist, dass 80 Prozent der Zuwanderer nach Österreich Kosten verursachen und 20 Prozent der Zuwanderer nach Österreich volkswirtschaftlich etwas bringen. Das ist Faktum, und in Wien ist wahrscheinlich die Rechnung noch um einiges extremer.
Fakt ist: Wir haben in Österreich und vor allem in Wien einen Braindrain. Es wandern mehr Hochqualifizierten ab als zu, und zwar im Verhältnis ist drei zu eins. Das ist Faktum, Herr Margulies! Und dann reden Sie von Wachstum? Wie soll denn das gehen? Fakt ist: Die Zuwanderung findet meist in unser Sozialsystem statt: Grundversorgung, Mindestsicherung. Das ist Faktum, Herr Kollege Margulies! (Beifall bei der FPÖ und von GR Dr Wolfgang Aigner.)
Wien ist ein Magnet. Und somit lässt sich auch Ihre Frage in der von Ihnen gewählten Überschrift Ihrer Aktuellen Stunde beantworten, warum Wien wächst: Weil Sie Wien international als Weltsozialamt und als Weltasylheim darstellen, das für alle Sorgen verantwortlich ist: Der Leistungsträger und Steuerzahler wird die Probleme schon lösen! – Das kann es nicht sein, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist der falsche Ansatz! (Beifall bei der FPÖ.)
Die Frage ist: Haben Sie schon einmal eine Studie erstellt, welche Einflüsse Ihr vielbeschworenes Wachstum in Wien bis 2030 auf die Finanzierbarkeit des Sozialsystems, auf die Finanzierbarkeit des Gesundheitssystems, auf die Finanzierbarkeit der Infrastruktur, des sozialen Wohnbaus, der Öffis und des Verkehrs, auf die Finanzierbarkeit unserer Zukunft, nämlich auf die Bildung der Kinder haben wird? – Solche Studien gibt es nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ihr Wachstum ist eine Belastung fürs Budget! Ihr Wachstum ist ein Minuswachstum, meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist klar. (Beifall bei der FPÖ und von GR Dr Wolfgang Aigner.)
Ihr Wachstum ist eine Belastung für die Bürger. Das können die Leistungsträger noch bezahlen, die Wien wahrscheinlich in den nächsten Jahren verlassen werden, weil es gebührenmäßig und steuermäßig im Umland besser ist oder für Hochqualifizierte im Ausland bessere Voraussetzungen zu finden sind. Das ist Ihr Wachstum! Gute Nacht mit den Grünen!
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