Gemeinderat, 56. Sitzung vom 25.09.2014, Wörtliches Protokoll - Seite 67 von 88
Schienenfahrzeugen vor, dass bis zum 31. Dezember 2015 eine Ausnahmeregelung besteht, nichtsdestotrotz sollte diese in einem so gering wie möglichen Ausmaß ausgeschöpft werden. Leider kommt es daher immer wieder vor, dass Personen mit Behinderung der uneingeschränkte Zugang oder die barrierefreie Nutzung öffentlicher Einrichtungen verunmöglicht wird, sodass es folglich zu groben Benachteiligungen dieser Bevölkerungsgruppe kommt.
Dies wird auch im letzten Bericht der Volksanwaltschaft aufgezeigt, nämlich dass Toilettenanlagen beim Donauinselfest nicht barrierefrei zugänglich gewesen sind, und die zuständige Behörde keine Abhilfe geschaffen hat. Es sollte daher dringlichst die Vorgabe eines jeden amtsführenden Wiener Stadtregierungsmitgliedes sein, jedwede in das Ressort fallende bauliche Benachteiligung umgehend zu beseitigen. Die gefertigten Gemeinderäte stellen daher gemäß § 36 der Geschäftsordnung für den Gemeinderat der Stadt Wien nachfolgenden Dringlichen Antrag:
‚Der Herr Bürgermeister wird aufgefordert, alle baulichen Einrichtungen, die in den öffentlichen Bereich der Stadt Wien fallen, nach Benachteiligung für Personen mit Behinderung zu untersuchen und diese unmittelbar, ohne Aufschub beseitigen zu lassen.‘
Gemäß § 36 der Geschäftsordnung für den Gemeinderat wird beantragt, dass der Antrag mündlich begründet werden kann und hierauf eine Debatte über den Gegenstand stattfindet.
Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Ich danke für die Verlesung. Für die nun folgende Begründung des Verlangens auf dringliche Behandlung dieses Antrages sieht die Geschäftsordnung gemäß § 38 Abs 2 eine Redezeit von 20 Minuten vor. Zur Begründung des Verlangens erteile ich nun Herrn GR Ing Guggenbichler das Wort.
GR Ing Udo Guggenbichler, MSc (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und vor dem Internet!
Einige Behindertenorganisationen haben gesagt, sie werden dieser Debatte lauschen; weil sie wissen, wie wichtig es ist, dass in dieser Stadt endlich etwas geschieht. – Die Sicherstellung einer menschenwürdigen und hochwertigen Pflege und Unterstützung für Pflegebedürftige und behinderte Menschen ist eine große Aufgabe und auch eine große Herausforderung für die Stadt Wien. Statistiken gehen davon aus, dass bei uns im Jahr 2050 die durchschnittliche Lebenserwartung von Frauen 90 Jahre und jene von Männern 86 Jahre betragen wird. Bereits im Jahr 2030 werden 25 Prozent der Menschen in dieser Stadt über 65 sein. Ich zähle dann auch schon dazu.
Am 26. September 2008 wurde die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, die Behindertenrechtskonvention, von Österreich ratifiziert. Mit dieser Unterschrift verpflichten wir uns – in der ersten Menschenrechtskonvention, die im 21. Jahrhundert ratifiziert wurde –, diese Bestimmungen ins nationale Recht umzusetzen. Um welche Bestimmungen ist es dort gegangen?
Die wichtigsten Grundsätze dieser Konvention sind: Die Achtung der dem Menschen innewohnenden Würde, der Autonomie des Einzelnen, einschließlich der Freiheit, eigene Einschätzungen zu treffen sowie die Unabhängigkeit von Personen, die Nichtdiskriminierung, die volle und wirksame Teilnahme am gesellschaftlichen Leben, Respekt vor der Unterschiedlichkeit und Akzeptanz von Menschen mit Behinderungen als Teil der menschlichen Vielfalt, Chancengleichheit, Barrierefreiheit, Respekt vor den sich entwickelnden Fähigkeiten von Kindern mit Behinderungen und Achtung des Rechtes von Kindern mit Behinderung auf Wahrung ihrer eigenen Identität.
Menschen mit Behinderungen haben ein Recht auf ein Höchstmaß an Gesundheit und gleichwertig möglichst nahen Zugang zu den Gesundheitsdiensten. Weiters verpflichtet uns im öffentlichen Bereich das Wiener Antidiskriminierungsgesetz sowie das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz für den ausgegliederten Bereich, wenn dort Dienstleistungen angeboten werden. Aber, sehr geehrte Damen und Herren, es sollte nicht nur eine gesetzliche, sondern auch eine moralische Verpflichtung sein, jenen Menschen, denen es nicht so gut geht wie uns, alles zu ermöglichen, damit sie in unserer Stadt uneingeschränkt am Leben teilnehmen können. Aber wie wird in dieser Stadt mit diesen Menschen umgegangen? Meine Kollegen werden später noch zu einigen Ressorts, in denen sie selbst tätig sind, über die Zustände sprechen.
Ich habe zu diesem Thema schon einmal gesprochen, nämlich über die Streichung des Busses für Ausflugsfahrten von Kindern der Hans Radl Schule in Währing. Und ich kann mich noch ganz genau erinnern, wie die SPÖ und die rot-grüne Stadtregierung damals mit den behinderten Kindern umgegangen sind. Man muss sich bildlich vorstellen: Man fördert das Amerlinghaus mit mehreren Hunderttausend Euro, in dem nachweislich mehrere linksextremistische Vereine hausieren und wo Gewaltfreiheit nicht an oberster Stelle steht. Aber die 110 000 EUR für einen Bus, mit dem Schüler dieser Hans Radl Schule Ausflugsfahrten machen konnten, wurden einfach gestrichen; weil offensichtlich nicht gewünscht ist, dass diese Schüler Ausflugsfahrten in den Lainzer Tiergarten, auf den Kahlenberg machen können oder einmal gemeinsam auf eine Schullandwoche fahren können.
Schade, dass Herr StR Oxonitsch nicht da ist. Außerdem finde ich es bedauerlich, dass bei einem Dringlichen Antrag an den Bürgermeister der Bürgermeister es nicht der Mühe wert findet, sich hier einzufinden; dabei geht es um Menschen mit Einschränkungen, für die er auch zuständig ist. Ich habe mit Vertretern von Behindertenorganisationen gesprochen. Die haben mir gesagt: Bis zu 15 Prozent der Bürger haben Einschränkungen, und im urbanen Bereich sind es tendenziell ein bisschen mehr. Diese Menschen würdigt unser Herr Bürgermeister nicht, sondern verhöhnt sie mit seiner heutigen Abwesenheit bei dieser Diskussion.
Ich möchte aber auch die Antwort des Stadtrates für Jugend und Bildung erwähnen. Er hat gesagt, Ausflugs
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