Gemeinderat, 54. Sitzung vom 24.06.2014, Wörtliches Protokoll - Seite 64 von 81
ist. Und da habe ich schon mehrfach meine Zweifel geäußert, ob diese vielen kleinen Gruppen, wo oft nur eine Gruppe entsteht, oder diese vielen privaten Träger außerhalb der großen institutionellen Träger wirklich in der Lage sind, die entsprechende Qualität auch darzustellen.
Wenn man so viele zusätzliche Kindergartenplätze schafft, was ja gut und wichtig ist, dann wäre es auch wichtig, dass man auch im Bereich der Behörde – ich glaube, dafür ist die MA 10 zuständig – das entsprechende Personal schafft, das dann auch in der Lage sein sollte, entsprechende Kontrollen vorzunehmen.
Was mir noch abgeht, ist die Evaluierung der außerschulischen Jugendarbeit. Da haben wir auch schon vor geraumer Zeit Mittel für eine Evaluierung freigegeben. Auch hier wäre es einmal interessant zu sehen, wie hier welche Effekte durch einen nicht unbeträchtlichen Mitteleinsatz erzielt werden.
Ganz generell bin ich der Ansicht, dass man im Bereich der Subventionen schon auch, gerade in Zeiten wie diesen, wo das Geld sichtlich knapp wird, einmal gewisse Dinge in Frage stellt. Es tut mir wirklich weh, dass sich das Amerlinghaus, das einen vernichtenden Kontrollamtsbericht nach sich gezogen hat, wo es wirklich Missstände gibt, jetzt wiederum eine nicht unbeträchtliche Subvention ertrotzt hat, teilweise durch Methoden, die mehr als hinterfragungswürdig sind. – Dieser Wildwuchs an vielen verschiedenen Organisationen und Vereinen – wir haben schon oft darüber gesprochen – sollte auch einmal wirklich evaluiert werden. Ich bin schon gespannt, wann diese Evaluierung entsprechende Ergebnisse zeitigt.
Das Werbebudget ist auch schon angesprochen worden. Seien sie mir nicht böse, aber dass der Kindergarten in Wien gratis ist, das hat sich wirklich fast bis zum Letzten, den es interessiert, durchgesprochen. Ich verstehe nicht, warum man da seitenweise inserieren muss, dass der Kindergarten gratis ist, und denke, der Überraschungseffekt und der Informationseffekt halten sich in Grenzen. Ich ziehe eher den Schluss, dass der Wahlkampf naht und dass Sie natürlich diese beträchtlichen Mittel in Richtung einer entsprechenden Eigendarstellung hinlenken. Denn es ist klar, dass jedes Jahr Weihnachten ist und Advent in Wien und so weiter. Dass man Jahr für Jahr Pflegeeltern braucht und sucht, ist genauso wie die Blutspender, die gebraucht werden. (Zwischenruf von Amts StR Christian Oxonitsch.) – Ja, eben, da geht es aber dann halt vielleicht wirklich um Leben oder Tod. Aber der Advent findet jedes Jahr statt, es fragt sich, ob man für das, was man alles im Advent in Wien machen kann, immer Millionen in Werbekampagnen hineinstecken muss. Ein bisschen kommt mir das schon so vor, als ob das eine oder andere Gratisblatt deshalb gratis ist, weil Sie ihr Steuergeld und unser Steuergeld hineinstecken. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr GR Mag Czernohorszky. Seine Redezeit wird auf 15 Minuten begrenzt.
GR Mag Jürgen Czernohorszky (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Herr Stadtrat! Meine Damen und Herren!
Nachdem alle meine Vorredner einen Schwerpunkt gewählt haben, nämlich das Thema Bildung, werde ich das auch tun. Das ist ja völlig zu Recht passiert. Es ist nicht nur der Schwerpunkt dieser Geschäftsgruppe, es ist auch der Schwerpunkt unserer Politik. Das sieht man ja auch im Rechnungsabschluss.
Bevor ich das große Wort Bildung in den Mund nehme, möchte ich ein noch größeres Wort in den Mund nehmen, nämlich das Wort Gerechtigkeit. Denn die Frage besteht schon: Was leitet uns in der Bildungspolitik an? – Ich glaube, das sind zwei wesentliche Herausforderungen. Erstens, die Potenziale zu heben, die in der Gesellschaft da sind, und zweitens alle Potenziale zu heben, die in der Gesellschaft da sind. Wer den Anspruch stellt, Politik für ein paar Leute, sein Klientel zu machen, dem kann Gerechtigkeit egal sein. Wessen Anspruch es ist, Gesellschaft als Ganzes positiv zu beeinflussen, der muss sich überlegen, wo Ungerechtigkeiten sind und diese Ungerechtigkeiten bekämpfen.
Ungerecht ist zum Beispiel, dass in unserem Land Bildungschancen sehr ungleich verteilt sind. Es ist zum Beispiel so, dass 77 Prozent der Kinder aus Akademikerhaushalten an eine AHS gehen, aber nur 12 Prozent der Kinder mit Eltern aus einem Pflichtschulhaushalt. Jetzt kann mir keiner erzählen, dass der Grund dafür ist, dass die Kinder mit Eltern aus Pflichtschulhaushalt alle dümmer sind oder weniger leisten oder sich weniger anstrengen oder aber, dass die Kinder aus Akademikerhaushalt einfach klüger geboren oder besonders fleißig sind. Offenbar ist es etwas anderes, etwas, das dazu führt, dass eine Ordnung, nämlich in oben und unten, in reich und arm, in bildungsnah, in bildungsfern, in gute Jobs, in schlechte Jobs beibehalten wird, ja sogar reproduziert wird. Und das ist aus gesamtgesellschaftlicher Sicht ausgesprochen dumm, weil es Potenziale liegen lässt. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Und ungerecht ist es auch.
Andere Beispiele für Ungerechtigkeit: unterschiedliche Förderung von Anfang an. Es ist nicht so, dass alle Kinder in liebevolle Mutter-Vater-Kind-Beziehungen geboren werden, mit genug Geld und Zeit für Urlaub und Förderung, einer aufopferungsvollen Vollzeitmama, die vielleicht in ihrer spärlichen Freizeit neben der Kinderbetreuung auch noch pädagogische Ratgeber liest. Deshalb unser großes Engagement für den flächendeckenden Ausbau von Kindergärten und Kinderkrippen als Bildungseinrichtungen, als absoluten Schwerpunkt unserer Stadtpolitik – dazu später genauer. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Die Ungerechtigkeit liegt bei einer anderen Sache. Die Ungerechtigkeit liegt daran, dass es extrem unterschiedlich ist, ob ein Kind in Österreich zum Beispiel in Tirol geboren wird oder in Wien. Es ist nämlich völlig unterschiedlich, ob es dort überhaupt einen Kinderbetreuungsplatz gibt. Es ist völlig unterschiedlich, ob dieser Kinderbetreuungsplatz zum Beispiel Mittagessen anbietet, oder fünf Stunden am Tag offen hat oder elf Stunden – das wäre Wien –, ob er zwölf Wochen im Jahr geschlossen ist – das gibt es in der Steiermark – oder
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