Gemeinderat, 54. Sitzung vom 23.06.2014, Wörtliches Protokoll - Seite 38 von 105
politik ihre Hausaufgaben sehr gut erledigt hat. Ich möchte mich an dieser Stelle auch beim Finanzdirektor und seinem Team ganz herzlich bedanken und würde mir wünschen, dass auch Sie dem Rechnungsabschluss zustimmen. Danke schön. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Die Redezeit war 11 Minuten. Zum Wort gemeldet ist Herr GR Dr Ulm, selbstgewählte Redezeit 10 Minuten. Bitte schön.
GR Dr Wolfgang Ulm (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Vizebürgermeisterin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Von meinem Vorredner habe ich gehört, dass die Opposition Dinge sehr gerne künstlich herbeiredet und nicht sachlich ist. Kollege Margulies hat gemeint, Ziel sollte sein, bei einer solchen Debatte den Erkenntnisstand zu erhöhen. Ich werde versuchen, den Wünschen zu entsprechen, wenn ich mich mit den PPP-Modellen in Wien auseinandersetze und einige Sätze, die ich heute von der Frau Vizebürgermeisterin gehört habe, auf diese PPP-Modelle, die es in Wien gibt, zur Anwendung bringe.
Ich habe gehört, Wien steht für eine risikoaverse Finanzgebarung und dafür, dass auf allen Ebenen alles transparent abläuft, dass es geradezu eine offensive Informationspolitik gibt, dass man absolut seriös und verantwortungsvoll mit Steuergeld umgeht, dass es Schachtelkonstruktionen nur bei privaten Wasserversorgern in England gibt und dass die Opposition schön bei den Fakten bleiben soll.
Sehr geehrte Frau Vizebürgermeisterin! Das mag schon auf das eine oder andere zutreffen, was Sie in Ihrem Bereich machen und zu verantworten haben. Auf die PPP-Modelle Media Quarter St. Marx und auf das PPP-Modell TownTown trifft das mit Sicherheit nicht zu. Denn was ist bei TownTown risikoavers, wenn die Stadtwerke letztendlich auf Grund der Finanzierung des privaten Partners einen Verlust von 5 Millionen EUR zu verantworten haben? Was ist transparent bei diesen Modellen, wenn Sie mir auf mehrere Anfragen nicht antworten, weil Sie sagen, es tut Ihnen sehr leid, aber bei ausgegliederten Unternehmungen verweisen Sie auf Presseaussendungen und andere öffentlich zugängliche Stellungnahmen und werden dazu aber selbst nichts sagen? Da sind wir beim systemischen Webfehler, den sogar der Herr Bürgermeister schon festgestellt hat, wo man aber nichts davon hat, weil Sie keine Konsequenzen ziehen. Bitte, was ist absolut seriös und verantwortungsvoll, wenn man beim Media Quarter St Marx gar nicht weiß, wer sein wirtschaftlicher Partner ist? Und warum kritisieren Sie so die Schachtelkonstruktionen in England, wenn Sie selbst bei den Stadtwerken wie TownTown und auch beim Media Quarter Schachtelkonstruktionen haben, Treuhandschaften haben und mit Tochtergesellschaften und Enkelgesellschaften arbeiten? Ich darf Ihnen versichern, dass wir als ÖVP auch bei diesem Thema einmal mehr bei den Fakten bleiben. Wir berufen uns nämlich auf Kontrollamtsberichte und darauf, was betroffene Gesellschaften selbst zum Thema sagen.
Beim normalen PPP-Modell ist es so, dass ein privater Partner eine Aufgabe der öffentlichen Hand übernimmt, weil er das besser kann, weil er besser wirtschaften kann, weil er bereit ist, ein Risiko zu übernehmen. Wie schaut das PPP-Modell á la Wien aus? Leider ganz anders.
Dort übernimmt die Stadt Wien Aufgaben, die normalerweise ein Privater übernimmt und ausführt. Dort übernimmt die Stadt Wien auch das Risiko und glaubt dann, weiter selber wirtschaften zu müssen, und erleidet im Regelfall auf Grund der übernommenen Risiken auch beträchtliche Verluste, so wie das bei den Immobilienentwicklungen immer wieder der Fall ist.
Es gibt zwei idealtypische Formen des PPP-Modells in Wien, die alles andere als ideal sind. Aber es gibt zumindest in der Theorie ein echtes PPP-Modell mit einem tatsächlichen privaten Partner, der auch mehr als 50 Prozent hält und dann im Regelfall sein sehr gutes Geschäft macht, und die Stadt Wien macht ein sehr schlechtes Geschäft. Dafür gibt’s Beispiele sonder Zahl, darüber haben wir schon oft genug an dieser Stelle debattiert. Und dann gibt es ein zweites idealtypisches Modell. Das ist jenes, das gar kein PPP-Modell ist, ein sogenanntes Pseudo-PPP-Modell, wo die Stadt Wien weiterhin die Mehrheit hat, wo die Stadt Wien mit Treuhändern arbeitet, die die Interessen der Stadt Wien vornehmen, wahrnehmen, was eigentlich nichts anderes ist als ein In-sich-Geschäft. Das macht aus Ihrer Sicht Sinn, auch wenn es mittelfristig nicht vernünftig ist, denn Sie ersparen sich die Kontrolle durch den Gemeinderat, durch den Stadtrechnungshof, durch den Rechnungshof. Es ist das Bundesvergabegesetz nicht anzuwenden, es ist das Stellenbesetzungsgesetz nicht anzuwenden, und die Ausgaben scheinen nicht im Budget auf. Der Regelfall ist aber eine Kombination der beiden Typologien, nämlich dass dieses Modell sowohl ein schlechtes Geschäft für die Stadt Wien ist, als auch, dass sie mit einem Partner agiert, der nur Treuhänder ist. Diesen Nachweis hat ja der Stadtrechnungshof schon bei der IWS TownTown AG erbracht. Dort haben sich die Stadtwerke dazu entschlossen, eine Immobilie mit der Hilfe Privater zu entwickeln. Die Stadtwerke halten dort 44 Prozent der Anteile und seit dem Jahr 2009 hält die Donau-Finanz dort einen 26 prozentigen Anteil. Das bedeutet, dass man miteinander über der 50-Prozent-Grenze liegt, nämlich bei 70 Prozent. Man hat bei diesem Projekt allerdings einige Fehler gemacht. Man muss sich einmal vorstellen, dass man da ein Geschäft mit einem Privaten machen wollte und gesagt hat, der Private kann diesen 26-prozentigen Anteil nicht finanzieren. Die Stadtwerke haben allerdings eine Lösung: Sie sind bereit, diese 26 Prozent selbst zu finanzieren. Das heißt, man geht ein PPP-Model mit einem privaten Partner ein und finanziert den Ankauf seines Anteils, im konkreten Fall 9,23 Millionen EUR. Man hat sich dafür Genussrechte einräumen lassen. Die Genussrechte mussten abgewertet werden und ein Verlust in der Größenordnung von 5,47 Millionen EUR ist entstanden. Ich frage mich, wieso die Wiener Stadtwerke eine solche Finanzierung vornehmen, wieso
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