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Gemeinderat, 53. Sitzung vom 23.05.2014, Wörtliches Protokoll  -  Seite 6 von 75

 

50 Jahre Arbeitskräfteabkommen mit der Türkei ist heute Thema unserer Fragestunde. Ich finde es gut, dass wir über GastarbeiterInnengeschichte sprechen.

 

Sie, sehr geehrte Frau Stadträtin, haben ja schon viel über Migrantinnen und Migranten aus der Türkei und dem ehemaligen Jugoslawien gesprochen. Jetzt wissen wir natürlich, dass Migrationsgeschichte auch sehr stark geprägt wird von Zuwanderinnen und Zuwanderern aus der gesamten Welt, aus der ganzen Welt.

 

Meine Frage an Sie: Wie geht Wien mit der Migrationsgeschichte um, und wie heißt Wien Zuwanderer und Zuwanderinnen willkommen?

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Frau Stadträtin.

 

Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Nun, aus der Geschichte lernen, hat bedeutet, mit diesem Integrationsfonds einzelne Integrationsmaßnahmen zu setzen. Aus der Geschichte lernen, hat aber auch bedeutet, über den Tellerrand zu schauen. Als wir die Zuwanderungskommission, das heutige Forum wien.welt.offen, gegründet haben, sind wir sehr, sehr schnell mit dem Thema der Willkommenskultur unterschiedlicher Länder konfrontiert worden: Wie gehen Einwanderungsländer wie Kanada oder auch Deutschland mit neu ankommenden Menschen um?

 

Uns war sehr, sehr schnell klar: Die Begleitung von Anbeginn an ist in Wirklichkeit der beste Start in eine gelungene Integrationsbiographie! Deshalb haben wir „Start Wien“ gegründet. In diesem „Start Wien“ geht es auf der einen Seite darum, die Kompetenzen der Menschen anzuschauen, um relativ rasch auch sozusagen ihre Kompetenzen zu verwerten, auch am Arbeitsmarkt zu verwerten, im Wettbewerb um die besten Hände und Köpfe.

 

Aber es geht natürlich auch darum, die Menschen sehr rasch in den Spracherwerb zu bringen. Wir wissen, wir haben heute eine Integrationsvereinbarung, wo ein bestimmtes Sprachlevel verlangt wird, wofür die Neuzuwanderinnen und Neuzuwanderer vier Jahre Zeit haben und wir als einziges Bundesland - als einziges Bundesland! - Sprachgutscheine ausgeben an diese neu zugewanderten Menschen aus den unterschiedlichsten Ländern, wie Sie richtig sagen.

 

Und: Wir bieten sieben Module an, wo wir Orientierung in der Stadt geben. Das geht vom Arbeitsmarkt über die Bildung, die Bildungschancen der Kinder, bis hin zur rechtlichen Situation von Migrantinnen und Migranten. Aber ganz, ganz wesentlich geht es auch ums Zusammenleben, und auch das ist ein eigenes Modul. Die NeuzuwanderInnen bekommen einen Bildungspass. Mit diesem Bildungspass können sie sich dann auch sehr, sehr gut weiterbewegen in dieser Stadt: in Sprachmaßnahmen, in arbeitsmarktpolitische Maßnahmen oder in aus- und weiterbildende Maßnahmen.

 

Das ist ein perfekter Start von Anbeginn an, den 90 Prozent der Neuzuwanderinnen und Neuzuwanderer auch tatsächlich in Anspruch nehmen. Damit sind wir mittlerweile vom früheren über den Tellerrand Schauen - zu schauen, wie es die anderen machen - zum Best-Practice-Beispiel der Europäischen Union geworden.

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Danke. - Die nächste Zusatzfrage stellt GRin Mag Anger-Koch. - Bitte.

 

9.24.47

GRin Mag Ines Anger-Koch (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Guten Morgen, Frau Stadträtin!

 

Wir haben jetzt auch schon sehr viel gehört über die Anerkennung, die die Stadt Wien den Zuwanderern gibt. Wir haben gehört, dass wir eine gute Inklusionspolitik betreiben. Wir wissen auch, dass die Sozialleistungen im internationalen Vergleich in Wien und in Österreich auf einer relativ hohen Benchmark liegen. Das heißt, wir performen eigentlich sehr gut.

 

Trotz allem ist es aber so, dass wir wissen, dass viele Zuwanderer bis heute noch nicht wirklich integriert sind. Gerade bei der Erwerbstätigenquote der türkischen Frauen liegen wir eigentlich unter dem Durchschnitt, im Vergleich zu den EU-Migrantinnen, wo wir bei 63 Prozent liegen.

 

Jetzt meine Frage: Welche Maßnahmen setzt die Stadt Wien, um gerade bei der Erwerbstätigkeitsquote türkischer Frauen weiterzuhelfen und das auch zu forcieren?

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Frau Stadträtin.

 

Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Wir haben ja den Wiener Integrations- und Diversitätsmonitor, wo wir genau diese Entwicklungen beobachten können. Alle zwei Jahre kommt er heraus, heuer im Herbst kommt der nächste heraus. Da sehen wir uns nicht nur den Zugang zur Erwerbsarbeit an, sondern auch, welche Erwerbsarbeit geleistet wird, in welchen Bereichen, und wie man das auch verschneiden kann mit den Bildungsabschlüssen der Menschen, die sehr oft leider nicht verwertet werden können.

 

Denn wir haben ja auch die Situation, dass wir viele, viele Migrantinnen haben - jetzt bleibe ich beim kleinen i -, die wirklich Bildungsabschlüsse in ihren Herkunftsländern haben, die sie hier nicht anerkannt bekommen können, weshalb sie automatisch in der Hilfstätigkeit arbeiten. Sie sind eine große Herausforderung für uns, weil wir ja in der Anerkennungspolitik nicht nur im universitären Bereich bleiben wollen, sondern es uns sehr wohl auch um Möglichkeiten der Anerkennung von gelernten Facharbeiterinnen und Facharbeitern geht. - Das ist die eine Sache.

 

Die andere Sache - und ich glaube, diese sprechen Sie noch mehr an - ist auch die, dass wir gerade in den sozial schwachen Familien viel Bildungsferne haben und natürlich auch eine Ferne von der Möglichkeit, der eigenen, persönlichen Möglichkeit, eine Sprache gut und schnell zu erlernen. Darauf haben wir reagiert: Wir haben gesagt, es geht uns nicht nur um den Spracherwerb, sondern es geht uns um eine Kombination aus Spracherwerb und Arbeitsmarktorientierung.

 

Daher haben wir - das ist eigentlich auch eine dieser Maßnahmen, die wir mit dem Forum wien.welt.offen entworfen haben - ein sogenanntes Frauen-College gegründet. In diesem Frauen-College haben wir ein Angebot vom Alphabetisierungskurs für Frauen bis hin zum Arbeitsmarkteinstieg für hochqualifizierte Frauen. Das ist wie eine Pyramide zu sehen, wo die Frauen je

 

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