«  1  »

 

Gemeinderat, 52. Sitzung vom 29.04.2014, Wörtliches Protokoll  -  Seite 68 von 79

 

Das heißt, wenn man es dort erhöht, muss man es woanders senken, auch wenn das immer wieder anders verkauft wird. Wir wissen es nicht, aber die Kulturschaffenden wissen es, und ich möchte da noch ein paar erwähnen.

 

Der Hubsi Kramar, sicher kein Parteimitglied der FPÖ, spricht von einem Schlag ins Gesicht eines Großteils der Kunst- und Kulturschaffenden, die seit Jahren immer weniger bekommen. Das heißt, der Hubsi Kramar sagt ja selbst, hallo, es stimmt eigentlich, was ihr sagt, denn wir bekommen weniger. Das ist klar, der Topf wird ja nicht größer.

 

Die IG Freie Theaterarbeit vermisst erstens den Dialog mit der freien Szene – ihrer Meinung nach ist der Stadtrat schuld, aber das kann ich so nicht beurteilen –, und sie sagt, dass zehn Jahre nach der Theaterreform prekäre Bedingungen immer häufiger werden und der Kunstsektor – und das in der Stadt Wien – schlittere immer tiefer in juristische Graubereiche. Das finde ich eigentlich in einer Kulturstadt sehr, sehr tragisch.

 

Daher muss man, wie gesagt, in dem Zusammenhang die Förderpolitik und die Erhöhung der Subvention genauer hinterfragen. Wir müssen uns anschauen – und da bieten wir natürlich auch die Zusammenarbeit an –: Was ist an Sparpotenzial da, wie kann man es umsetzen? Wir sind dafür, dass nicht mehr weiter – sagen wir mal so – halblustige Produktionen zugekauft werden, sondern wieder eigene Produktionen produziert werden, die so viel Publikumsinteresse erwecken, dass man sie auch wieder verkaufen kann. Das wäre unserer Meinung nach der Kunst- und Kulturstadt Wien würdig.

 

Ich danke für die Aufmerksamkeit und ich freue mich schon auf die interessanten Antworten vom Herrn Stadtrat. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Zur Beantwortung der Dringlichen Anfrage hat sich der Herr amtsführende Stadtrat der Geschäftsgruppe Kultur und Wissenschaft zu Wort gemeldet.

 

16.13.56

Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Herr Gemeinderat!

 

Ich freue mich, dass Sie sich freuen auf meine Antwort. Offen gestanden, ganz kann ich die Dringlichkeit dieser Anfrage nicht erkennen, denn das Budget haben wir schon vor Weihnachten beschlossen. Ich nütze aber gerne die Gelegenheit, Ihnen eine Antwort darauf zu geben. Bevor ich jedoch zur Beantwortung der einzelnen Fragen komme, lassen Sie mich einige grundlegende Bemerkungen machen, damit auch klar ist, worüber wir hier sprechen.

 

Die Vereinigten Bühnen Wien sind ein erfolgreicher und etablierter Wiener Kulturbetrieb, ein wichtiger Arbeitgeber, ein Tourismusmagnet und ein Global Player am internationalen Musiktheatermarkt. 2014 finden in Wien insgesamt 574 erstklassige Veranstaltungen an den 3 Spielstätten der Vereinigten Bühnen Wien statt, und zwar im Theater an der Wien 111, im Raimund Theater 244, im Ronacher 219. Die Veranstaltungen der Kammeroper, die dank der Vereinigten Bühnen zu einem neuen Juwel der Oper mit einem neuen jungen Ensemble erwachsen ist, wären dabei noch zu ergänzen.

 

Dazu eine sehr erfreuliche wirtschaftliche Nachricht. Die Produktionen der Vereinigten Bühnen, sprich, der beiden Musical-Häuser Raimund Theater und Ronacher sowie des Opernhauses Theater an der Wien werden ausgezeichnet angenommen. Die Ticketvorverkäufe liegen weit über Budget. Insbesondere die beiden Musical-Produktionen „Der Besuch der alten Dame“ und „Mamma Mia!“ finden große Zustimmung beim Publikum. Die Auslastung liegt bei rund 96 Prozent, im Theater an der Wien sogar bei 99 Prozent. Aber die härteste Währung zur Bewertung der Effizienz der Vereinigten Bühnen ist, wie bei jedem anderen Musiktheater, das mit öffentlichen Zuschüssen arbeitet, der Zuschuss je BesucherIn. In anderen Worten: Wie viele Zuschauer erreichen die Vereinigten Bühnen Wien mit den ihnen übertragenen Geldern? Und hier liegen die Vereinigten Bühnen im Vergleich mit ähnlichen Bühnen in Österreich ganz ausgezeichnet. Während die Quote Subvention je Zuschauer in der Saison 2011/2012 bei der Volksoper bei 125,87 EUR oder bei den Bundestheatern gesamt bei 108,11 EUR lag, kamen die Vereinigten Bühnen je Zuschauer mit 60,92 EUR aus; allein auf den Bereich Musical bezogen sogar nur mit 26,19 EUR Zuschuss pro Musical-BesucherIn.

 

Apropos Zuschauer: In den vergangenen 3 Jahren haben 1 649 715 ZuschauerInnen in Österreich die Produktionen der Vereinigten Bühnen Wien gesehen, 1,4 Millionen davon allein die Musicals. Dazu kommen die vielen Zuschauer im Ausland. In den vergangenen 3 Jahren waren es 2 863 037, um genau zu sein, also zusammen zirka 4,5 Millionen BesucherInnen. 4,5 Millionen, das ist keine schlechte Zahl.

 

Diese Erfolgsserie verspricht, sich aktuell insofern fortzusetzen, als neue Kooperationen in Ostasien eingeleitet werden und die Vereinigten Bühnen sich somit langfristig im internationalen Musical-Markt etablieren. Das ist ein wichtiger Schritt zur Konsolidierung dieses großen Musiktheaterkonzerns.

 

Die alleinige Frage nach den Musicals lenkt aber vom Gesamtbild ab. Die Vereinigten Bühnen betreiben aus einer Hand zwei sehr unterschiedliche, aber für Wien sehr wichtige Formen des Musiktheaters und bespielen drei Bühnen sehr erfolgreich und auf höchstem internationalen Niveau. Eigentlich sind es vier, wenn man die Kammeroper dazu nimmt. Die Vereinigten Bühnen bespielen diese 3 beziehungsweise 4 Theater ganzjährig und beschäftigen heute um die 780 MitarbeiterInnen.

 

Das Unternehmen zählt mit dem Raimund Theater und dem Ronacher zu den erfolgreichsten Musical-Produzenten Europas und hat mit dem Theater an der Wien ein international führendes Stagione-Opernhaus etabliert. Und das mit äußerst positiven Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation der Stadt. Eine Studie des Instituts für Höhere Studien aus dem Jahr 2009 belegt, dass jeder Subventionseuro 2,3 Mal in das Stadtbudget zurückfließt und die Subvention Arbeit für 1 500 WienerInnen bringt. Von den gewährten Subventionen fließen etwa 130 Prozent wieder in das öffentliche Budget zurück. Zudem liegt die Gesamtwertschöpfung der Vereinigten Bühnen bei 100 Millionen für Österreich,

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular