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Gemeinderat, 52. Sitzung vom 29.04.2014, Wörtliches Protokoll  -  Seite 48 von 79

 

Arbeitsmigration aus der Türkei Berührungspunkte haben. Die Türkenbelagerungen haben eine identitätsstiftende Rolle in Österreich. Wir wissen auch, dass das Bündnis im Ersten Weltkrieg eine wichtige Rolle in der österreichischen Geschichte spielt. Und nun befinden wir uns in der Etappe der Migration aus der Türkei nach 1945. – Es gibt mehrere Komponenten, mit welchen wir die Türkei in unserer Politik thematisieren können, und ich glaube, dass die Migration nach 1945 und die jetzigen Entwicklungen uns einen sehr klaren und guten Nährboden dafür geben, dass die Freundschaft zwischen Menschen aus der Türkei und allen anderen Nationen gedeihen kann.

 

Auf einen Punkt möchte ich noch hinweisen: Wenn wir über Migration aus der Türkei sprechen, herrscht die allgemeine Annahme, dass alle Menschen, die aus der Türkei nach Österreich kommen, Türken seien. Das ist ein Fehler! Herr Herzog wird das auch bezeugen können. Wir waren letztens bei einer armenischen Veranstaltung, die von Leuten armenischen Ursprungs aus der Türkei, die hier in Wien leben, ausgerichtet wurde. (GR Johann Herzog: Diese Leute sind aber schon lange nicht mehr dort!) Ja. Es gibt aber Leute, die auch ständig Kontakt haben.

 

Das heißt: Die Vielfältigkeit der Migration ist ein Thema, mit dem wir uns unbedingt auseinandersetzen müssen. Wir können die Migration nicht auf ein Land oder auf eine Ethnie reduzieren. Sehen wir uns etwa Ex-Jugoslawien oder Serbien oder Kroatien an! Wir wissen, dass nicht nur Kroaten aus Kroatien kommen, sondern dass es dort auch serbische Minderheiten und moslemische Personen gibt. Der Blick auf die Vielfältigkeit der Migration ist also von besonderer Bedeutung, weil wir so unseren diesbezüglichen Zugang und unsere diesbezügliche Politik entwickeln können.

 

Betrachten wir das in puncto Religion: Nicht alle Menschen, die aus der Türkei kommen, sind Moslems. Es gibt Menschen aus der Türkei, die Christen sind. Es gibt Menschen aus der Türkei, die Aleviten sind. Es gibt Menschen aus der Türkei, die Yeziden sind, und so weiter und sofort.

 

Das heißt: Es gilt die Vielfältigkeit der Migration an Hand des Anlasses „50 Jahre Migration aus der Türkei“ zu analysieren, damit wir besser darauf reagieren und uns besser darauf einstellen können. So dürfen wir zum Beispiel in unseren Bildungseinrichtungen bei der Gestaltung des Unterrichts in den Schulen nicht davon ausgehen, dass wir nur mit Hilfe eines Überbegriffs über Nationalitäten beziehungsweise Ethnie sprechen können, sondern wir müssen davon ausgehen, dass es eben sehr unterschiedliche Menschen aus einem Land oder aus einer Region in Wien geben kann.

 

Warum sage ich das? – Wir wissen nämlich, dass es auch innerhalb dieser Communities unterschiedliche politische Einstellungen gibt. Es gibt Republikaner, es gibt Konservative, es gibt streng Gläubige, es gibt Liberale, es gibt Weltoffene, es gibt Linke, Rechte, und so weiter, und sofort. Für mich ist es ganz wichtig, dass wir der Gesellschaft diese Differenziertheit signalisieren und nicht mit einer allgemeinen Beschreibung ein Bild erzeugen, an Hand dessen Menschen nur Vorurteile entwickeln können.

 

Meine Damen und Herren! Der türkisch-österreichische Freundschaftsverein arbeitet in diesem Bereich seit Jahren und versucht, die Brücken zwischen den beiden Bevölkerungsgruppen zu stärken. Ich meine aber, dass wir jetzt bereits eine andere Stufe erreicht haben, auf welcher diese Freundschaft zur Normalität und ein Teil unseres Lebens geworden ist. Diese Freundschaft können wir aber natürlich noch forcieren und unterstützen.

 

Im Sinne einer besseren Gestaltung des Zusammenlebens in Zukunft gibt es mittlerweile Jugendliche, die in gemischten Gruppen leben und so viel voneinander lernen und einander viel geben können.

 

Ich sage noch einmal: Es gibt nicht das Bild einer sozusagen total verschlossenen Gruppierung, auf welcher wir nicht aufbauen können, sondern es gibt eine Öffnung in dieser Gesellschaft. Die Vielfalt in unserer Gesellschaft ist Normalität geworden. Das können wir an Hand sehr vieler – wie ich jetzt sagen möchte – aus der Türkei stämmiger Unternehmen, Betriebe, aber auch Menschen, die in sämtlichen Bereichen des Lebens arbeiten, sehen.

 

Daher denke ich mir, dass die Arbeit des Vereins für österreichisch-türkische Freundschaft unterstützungswürdig ist. Allerdings sollen wir, aufbauend darauf, die allgemeine Migrationsgeschichte generell, aber auch die Geschichte der Türkei erforschen, damit wir bessere Schlüsse für die Zukunft ziehen können. – Danke. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Es wurde ein sehr weiter Bogen zu diesem Thema gespannt. Nachdem ich die Gründungsgeschichte dieses Vereins kenne, weiß ich: Er geht nicht so weit hinaus.

 

Als Nächster zu Wort gemeldet ist GR Mag Jung. Ich erteile es ihm.

 

13.59.38

GR Mag Wolfgang Jung (Klub der Wiener Freiheitlichen)|: Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!

 

Ich werde an den Bogen anknüpfen. Herr Kollege Akkilic! Es gibt keine Einwände gegen einen Verein für österreichisch-türkische Freundschaft. Diesen gibt es wahrscheinlich sogar, nehme ich an, nämlich sogar einen parlamentarischen Verein. Es gibt auch keine Einwände gegen österreichisch-russische Freundschaft oder sonst etwas.

 

Worum es aber da jetzt geht, das sind eigentlich Förderungen. Und da muss man sich schon fragen, ob es 20, 30, 40 oder 50 Vereine gibt, die gefördert werden müssen und ob das auf die Dauer – und das haben wir auch heute schon gemerkt: aus knappen Kassen – finanzierbar ist und solche Dringlichkeit in der Finanzierbarkeit besitzt.

 

Sie kennen unsere Standardkritik an diesen zahllosen Vereinen, die hier zur Förderung der Integration betrieben werden. Sie machen, wie wir immer sagen, im Wesentlichen alle das Gleiche. Sie haben Deutschkurse, sie haben gewisse soziale Zusammenkünfte, aber für die Deutschkurse gibt es keine Effizienzüberprüfung, und zusätzlich – das kritisieren wir besonders – sind in den

 

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