Gemeinderat, 52. Sitzung vom 29.04.2014, Wörtliches Protokoll - Seite 47 von 79
mand mehr gemeldet. Die Frau Berichterstatterin hat auf das Schlusswort verzichtet.
Wir kommen daher zur Abstimmung. Wer der Postnummer 17 die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. – Ich stelle die Einstimmigkeit fest.
Eingebracht wurde ein Beschluss- und Resolutionsantrag der GemeinderätInnen Christoph Chorherr und Rüdiger Maresch von den GRÜNEN sowie Gerhard Kubik, Dipl-Ing Al-Rawi, Susanne Bluma, Dr Kurt Stürzenbecher, Eva-Maria Hatzl und Georg Niedermühlbichler betreffend baukulturelle Leitsätze. Die sofortige Abstimmung wurde verlangt. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. – Das wird von den Regierungsparteien unterstützt und hat die ausreichende Mehrheit.
Es gelangt nunmehr die Postnummer 1 der Tagesordnung zur Verhandlung. Sie betrifft eine Subvention an den Verein für österreichisch-türkische Freundschaft. Ich bitte die Berichterstatterin, Frau GRin Matzka-Dojder, die Verhandlung einzuleiten.
Berichterstatterin GRin Anica Matzka-Dojder: Ich bitte um Zustimmung.
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Ich danke und eröffne die Debatte. Zu Wort gemeldet ist Herr GR Akkilic, und ich erteile es ihm.
GR Senol Akkilic (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Berichterstatterin! Meine Damen und Herren!
Dass wir heute über dieses Geschäftsstück sprechen können und dieses letztendlich auch beschließen werden, ist ganz wichtig, weil wir heuer in Österreich das 50. Jahr der Immigration aus der Türkei begehen. Dazu ist nicht nur in der Bundeshauptstadt einiges geplant. Herr Staatssekretär Sebastian Kurz hat zur Würdigung der 50-jährigen Immigration aus der Türkei in Österreich Feierlichkeiten organisiert. Es wird eine Ausstellung in Ankara zum Thema „50 Jahre Migration aus der Türkei“ geben. Es wird aber auch zusätzliche Veranstaltungen in Wien und in anderen Bundesländern zum Thema 50 Jahre Immigration aus der Türkei geben.
50 Jahre! Stellen Sie sich vor, Sie haben Ihr Ursprungsland verlassen und befinden sich schon seit 50 Jahren in einem anderen Land und haben in diesen 50 Jahren einiges durchgemacht. Einen Blick auf diese 50 Jahre, aber auch auf die zukünftigen 50 Jahre zu werfen oder für immer in die Zukunft zu werfen, wird von großer Bedeutung sein.
Warum? – Ich glaube, dass diese 50 Jahre großteils davon geprägt waren, dass wir ein durchaus friedliches, gutes Zusammenleben mit Menschen aus der Türkei entwickelt haben, dass wir in Wien einiges gemeinsam aufgebaut haben und dass wir in Wien sehr viel für Gemeinsamkeiten gesorgt haben. War es zunächst einmal in den Anfängen die Hilfsarbeitertätigkeit an Baustellen oder in Textilunternehmen, befinden wir uns derzeit bereits auf Ebenen der Politik. Wir haben mittlerweile zwei Abgeordnete mit Ursprüngen in der Türkei in Österreichs Nationalrat, wir haben auch sehr viele Landtagsabgeordnete, Gemeinderäte und BezirksrätInnen, die im Gemeinwesen und im Alltagsleben das Zusammenleben gestalten.
Ich glaube, der Anlass 50 Jahre Migration aus der Türkei gibt sehr viel Stoff her, um die Zukunft gemeinsam besser zu gestalten. Dazu gehört in erster Linie, dass wir mit diesem Phänomen und mit der damit verbundenen Geschichte respektvoll umgehen, und ich glaube, dass die meisten österreichischen politischen Parteien, aber auch die Bevölkerung bis jetzt mit dieser Geschichte respektvoll umgegangen sind, dass wir uns gegenseitig gestützt haben, in schweren, aber auch in guten Zeiten.
Außerdem glaube ich, dass das ein sehr gutes Beispiel auch für unsere Kinder und Kindeskinder für die Zukunft anbietet, worauf wir die Zukunft gemeinsam aufbauen können. Wie wird die Zukunft in diesem Zusammenhang zu gestalten sein? – Ich glaube, dass sich die gesellschaftliche Durchmischung, indem wir gemeinsam Familien gründen und gemeinsam neue Ufer entdecken, verstärken wird. Ich nehme an, dass es immer mehr Wienerinnen und Wiener geben wird, die ihre Ursprünge zwar in der Türkei haben, den Schwerpunkt und die Betonung aber darauf legen, dass sie Wienerinnen und Wiener sind, und ich glaube, dass es ein sehr großer Gewinn für uns ist, wenn wir Menschen mit einem breiteren Aktionsradius haben, die auch neue Verknüpfungspunkte für Wien im Zusammenhang mit der Stadt als Wirtschaftsstandort schaffen können. Dabei geht es um Fragen wie: Wie können wir den Wirtschaftsstandort Wien im puncto Mehrfachkompetenz gestalten? Wie können wir die Kompetenzen dieser Menschen für unser Wirtschaftsleben, aber auch für unser kulturelles Leben nutzbar einsetzen?
Ich denke, dass es in diesem Zusammenhang der richtige Weg ist, dass wir aus diesen Erfahrungen und aus dieser Geschichte vor allem lernen, dass Migration eine Geschichte in Österreich hat, dass Migration in Österreich gegenwärtig ist und dass Migration eine Zukunft in Österreich haben wird.
Leider sind die Unterlagen dieser Migrationsgeschichte derzeit total verstreut und nicht an einer Stelle gebündelt und zusammengefasst. Rot-Grün wird aber in diesem Zusammenhang einen Schritt in die Richtung unternehmen, dass wir ein Archiv der Migrationsgeschichte gestalten werden, mit dessen Hilfe wir all die im Laufe der Migrationsgeschichte gesammelten Erfahrungen der Bevölkerung zur Verfügung stellen wollen. Wir wollen einen Teil unserer Geschichte zur Verfügung stellen, damit die Zukunft gestaltet werden kann.
Der Umgang mit Migrationsgeschichte ist auch ein Umgang mit der eigenen Geschichte, mit der eigenen Entwicklung, mit der eigenen Einstellung zur Gesellschaft. Dabei muss man sich die Frage stellen: Gehe ich mit meiner eigenen Vergangenheit und mit meiner eigenen Geschichte schlecht um, beziehungsweise gehe ich mit der Geschichte Wiens im Zusammenhang mit der Migration aus der Türkei oder generell mit der Geschichte der Migration schlecht um? – Wenn wir uns diese Frage stellen, werden wir auch die Zukunft besser gestalten können.
Ich weiß, dass Österreich und Wien nicht nur mit der
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