Gemeinderat, 51. Sitzung vom 24.03.2014, Wörtliches Protokoll - Seite 59 von 80
kommt das alles überhaupt nicht an. Aus diesem Grund sind 41 Prozent der Befragten der Meinung, die EU-Mitgliedschaft ist für uns eher negativ.
Die logische Konsequenz daraus: Nur 42 Prozent der Befragten wollen sich an der EU-Wahl als Wähler beteiligen, weil sie sagen, dass das eh nichts bringt.
Leider muss ich sagen, da hat die Politik schon einiges versäumt und, es wurde heute schon angesprochen, die Kommunikation dürfte nicht zum Besten bestellt sein. Für die Befragung zum Thema Mariahilfer Straße nimmt man Geld in die Hand, für Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit in Bezug auf den EU-Wahlkampf wird kein Geld ausgegeben.
Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt eine Eurobarometer-Umfrage. Eurobarometer ist eine Umfrage der Europäischen Kommission, die im Halbjahrestakt durchgeführt wird. Diese Eurobarometer-Umfrage in Bezug auf Österreich besagt, dass die Österreicher der EU sehr skeptisch gegenüberstehen. Nur 25 Prozent der Österreicher haben ein positives Bild der EU, während 34 Prozent ein negatives haben.
Grundsätzlich liegt der österreichische Befragte in Bezug auf das Vertrauen in die EU im letzten Drittel aller EU-Staaten, und das belegt genau das, was die IMAS-Umfrage auch schon gezeigt hat: Die Österreicher sind gegenüber der EU sehr skeptisch, und die Politiker müssen sich fragen, warum sie das sind.
39 Prozent der Österreicher vertrauen den EU-Institutionen. Das heißt, 60 Prozent der Österreicher vertrauen den EU-Institutionen nicht.
27 Prozent der Österreicher sind der Meinung, dass die EU sich in die richtige Richtung entwickelt. Nur 27 Prozent! Das heißt, etwas mehr als ein Viertel der Befragten ist der Meinung, dass die EU sich in die richtige Richtung entwickelt. Für mich eine sehr bedenkliche Aussage, und das weist darauf hin, dass offenbar im Bewusstsein der Menschen ein ganz anderes Bild über diese Europäische Union vorherrscht, als es uns immer wieder aufgezeichnet und vorgezeigt wird.
Negativ ist die Wahrnehmung auch in Bezug auf die Bürokratie und das Mitspracherecht. 87 Prozent der Österreicher sind der Meinung, dass die EU zu viel Bürokratie erzeugt. Da freut es mich sehr, wenn, wie der Herr Karas gesagt hat, 120 Vorschläge auf dem Tisch der Kommission liegen, wie KMUs besser im Rahmen von Förderprogrammen eingereicht werden können – das ist sehr wichtig, das ist ganz gut –, und dass 21 Gesetze seit 2005 rückgängig gemacht wurden, die mehr an Bürokratie mit sich gebracht hätten. Das ist positiv, wenngleich es nur einen Tropfen auf den heißen Stein bedeutet und keinesfalls zur Problemlösung dient. 87 Prozent der Österreicher sind der Meinung, dass es in Europa zu viel Bürokratie gibt.
Laut Eurobarometer glauben nur 34 Prozent der Österreicher, dass ihre Stimme bei dieser EU-Wahl etwas zählt. Das ist bedenklich und wird dazu führen, dass die Wahlbeteiligung weiterhin einfach sehr, sehr gering sein wird. Die Wahlbeteiligung wird nicht steigen, weil die Menschen auch eine schlechte Meinung haben.
Dann kommen wir zu einem Thema, das ein sehr interessantes ist, Ihnen wahrscheinlich aber nicht ganz angenehm sein wird. Es geht darum, wie sich diese Europäer im Eurobarometer-Vergleich sehen, nämlich im Hinblick darauf, ob sie jetzt Europäer sind oder Staatsbürger einzelner Staaten. Dies ist eine sehr interessante Beurteilung. 89 Prozent der EU-Bürger fühlen sich ihrer eigenen Nation mehr verbunden als Europa. 42 Prozent der Europäer fühlen sich ausschließlich ihrer Nation verbunden. Das ist in den letzten paar Jahren noch schlechter geworden, wie zum Beispiel bei den Griechen. Bei den Griechen hat diese Nationsverbundenheit auf Grund der Krise allein im letzten Halbjahr, das heißt, von der ersten Befragung 2013 bis zur zweiten Befragung 2013, um 14 Prozent zugenommen, dass sich Griechen ausschließlich als Bürger Griechenlands, aber nicht als Bürger der Europäischen Union fühlen. Wir müssen uns fragen, ob da nicht etwas falsch läuft. In Österreich gibt es dazu übrigens auch ein sehr interessantes Ergebnis. Nämlich 92 Prozent der Befragten sind der Meinung, sie fühlen sich mehr als Österreicher, denn als Europäer.
Soweit zum Thema: Wir brauchen einen zentralistischen europäischen Superstaat, wir brauchen keine starken Nationalstaaten, keine souveränen Staaten in einem europäischen Staatengebilde. Die Menschen sehen das offenbar anders. Die Menschen sehen zuerst den Nationalstaat und dann erst die Europäische Union. Und ich denke, die meisten Menschen würden sich wünschen – und ich würde mir das auch wünschen –, dass wir eine sehr starke gemeinsame Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik und im Innenleben möglichst viel Souveränität und Subsidiarität hätten, so wie wir von der Freiheitlichen Partei das fordern. (Beifall bei der FPÖ.)
Kritisch gegenüber der Europäischen Union sind aber nicht nur die Bürger, kritisch sind auch viele Experten. So gab es in der letzten Woche einen offenen Brief des Wirtschaftsforschers Aiginger gemeinsam mit Ex-EU-Kommissar Fischler und einem französischen Wirtschaftsforscher an die Europäische Kommission, in dem dringendst darauf hingewiesen wird – also noch rechtzeitig vor dem Gipfel in der letzten Woche –, dass Maßnahmen zu ergreifen sind, weil die Strategie „Europa 2020“ zu scheitern droht, wenn nicht Gegenmaßnahmen dagegen, nämlich in Form einer Umsetzung, unternommen werden.
So wird zum Beispiel aufgezeigt, dass ein Ziel, die Beschäftigungsquote bis 2020 auf 75 Prozent zu steigern, bei dem derzeitigen Maßnahmenstand weit verfehlt wird. Heute liegt die Beschäftigungsquote um fast 7-Prozent-Punkte unter dem Zielwert. Und die Zahl der Beschäftigten in der Europäischen Union müsste um 16 Millionen gesteigert werden. Davon sind wir weit entfernt. „2020“ läuft nicht gut. Kritiken sind da, es wird aber nichts unternommen. Es gab kein entsprechendes Ergebnis am Gipfel.
Ebenso betrifft das die Forschungsausgaben. „2020“ sieht Forschungsausgaben in der Höhe von 3 Prozent des BIP vor. Wo sind wir heute? Bei 2,2. Also, weit gefehlt!
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