Gemeinderat, 51. Sitzung vom 24.03.2014, Wörtliches Protokoll - Seite 22 von 80
durch sozialräumliche Spaltungen aus. Es gibt benachteiligte Ortsteile, Wohnquartiere bilden sich heraus, die zu sozialer Ausgrenzung führen. In Wien ist es anders, denn Wien hat über den sozialen Wohnbau immer eine Politik der sozialen Inklusion betrieben und forciert. Es ist daher kein Zufall, dass symbolträchtige Gemeindebauten, der größte Gemeindebau Europas in Döbling ist. Es ist auch kein Zufall, dass es nach wie vor in Innenstadtbezirken Gemeindebauten gibt. Und wir haben heute schon davon gehört, dass es sehr wichtig ist, das Mietrechtsgesetz zu reformieren und auch die Frage der Lagezuschläge zu überarbeiten, denn es soll nicht so sein, dass nur wohlhabende Menschen in Innenstadtbezirken wohnen.
Die Städte Europas sind auch durch die Zuwanderung vielfältiger und diverser geworden. Es ist eben daher auch eine Herausforderung der Städte, für eine integrative Gesellschaft zu sorgen, in der alle Menschen ihren Platz finden können.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich muss leider schon zum Schluss kommen. Auch in Wien ist BürgerInnenbeteiligung wichtig. Es gibt eben sehr viele verschiedene Formen der BürgerInnenbeteiligung. Nennen möchte ich die Lokale Agenda 21 – mit sehr vielen Agenda-Prozessen, auch der Gebietsbetreuung. In den Jahren 2010 bis 2013 wurden nach knapp 20-jähriger Pause gleich 2 Volksbefragungen durchgeführt, die von der politischen Ebene initiiert wurden.
Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl (unterbrechend): Ich darf bitten, zum Schlusswort zu kommen.
GRin Mag Muna Duzdar (fortsetzend): Auch wenn diese Volksbefragungen keine rechtlichen Konsequenzen haben, so haben sie doch politische Bindung, und das hat man auch daran gesehen, dass im Jahr 2011 der U-Bahn-Betrieb …
Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl (unterbrechend): Ich darf bitten, den Schlusssatz zu sagen.
GRin Mag Muna Duzdar (fortsetzend): … auch an den Wochenenden in den Nächten eingeführt wurde. – Danke. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Als nächster Redner hat sich Herr GR Dr Aigner gemeldet. (Rufe bei der FPÖ: Zur Geschäftsordnung!) Bei mir ist keine Wortmeldung eingelangt. (GR Mag Wolfgang Jung: Das ist ungeheuerlich! Das ist Despotismus, Herr Kollege! – GR Ing Udo Guggenbichler: Das ist ein typisches Beispiel für das Urteil! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Herr GR Dr Aigner, Sie sind am Wort.
GR Dr Wolfgang Aigner (Klubungebundener Mandatar): Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Herr GR Dr Ulm hat zahlreiche Baustellen in unserem demokratischen System aufgezeigt. Ich möchte diesen Baustellen noch eine hinzufügen und vielleicht gerade auch in Richtung der GRÜNEN etwas sagen. Etwas, womit Sie auf Bundesebene, glaube ich, sehr unzufrieden sind, ist die Tendenz, dass der Staat offenkundig versucht, sich die Instrumente der Einbindung auszusuchen, wie es gerade in den politischen Kontext passt.
Was macht man, wenn man einen Untersuchungsausschuss im Parlament nicht haben möchte? Man stimmt dagegen. Das ist im Rahmen der Verfassung zur Zeit eine Mehrheitsmöglichkeit, kein Minderheitenrecht, obwohl das schon sehr oft versprochen wurde. Dann macht man einfach eine U-Kommission, die man sich selber aussucht, die keine formalen Kompetenzen hat, und so weiter. Also das heißt, man weicht aus. Es gibt ein offizielles Kontrollinstrument, und man schafft irgendetwas Informelles.
Ähnliche Bestrebungen gibt es zum Teil auch in der privaten Wirtschaft. Wenn man keinen Betriebsrat möchte, der gesetzliche Kompetenzen hat, dann macht man halt Vertrauenspersonen, die machen dürfen, was einer jeweiligen Unternehmensspitze in den Kram passt. Ich glaube, das ist eigentlich ein Vorgehen, das nicht im Sinne demokratischer Mitbestimmung ist.
Genauso haben Sie es leider Gott halt auch in Wien gemacht. Anstelle einer Volksbefragung in Bezirken nach dem Wiener Volksbefragungsgesetz macht man (GR Dipl-Ing Rudi Schicker: Die Untersuchungskommission ist ein Minderheitenrecht in Wien! Du machst Vorwürfe, die nicht stimmen!) Nein, ich versuche nur eine Brücke zu schlagen, und darauf hinzuweisen, dass auch auf Bundesebene Dinge gemacht werden, wo man sich ein anderes Instrument einfach zurechtbiegt.
Jetzt komme ich eben zu Wien. Genau so ist es in Wien gemacht worden. Man hätte bezirksweise Volksbefragungen machen können. Das hat man nicht gemacht, sondern man macht als Stadt mit öffentlichen Geldern eine Bürgerbefragung. Und das ist, glaube ich, keine saubere Vorgangsweise. Da ist es eben notwendig, dass man, wenn man mit den bestehenden Instrumenten nicht einverstanden ist, eben andere Instrumente schafft. Das muss aber vor einer Befragung durchgeführt werden. Dass man die Leute fragt, öffentliche Mittel hineinbringt, sich aber das Elektorat aussucht, das ist einfach unbefriedigend.
Da muss man schon auch die Frage stellen: Wie gibt’s das, dass Menschen, egal, welche Staatsbürgerschaft sie haben, die ein Geschäft in einer Einkaufsstraße haben, nicht eingebunden werden? Die hätte man im Rahmen der Bürgerbefragung genauso einbinden können, wenn es ohnehin informell ist. Also wenn man sich auf die informelle Schiene begibt, dann kann man das ja letztendlich machen. Andererseits dürfen dann Studenten, die vielleicht nur kurzfristig in Wien sind, über solche Fragen mitbestimmen. Da wird die Mariahilfer Straße noch lange nicht verkehrsberuhigt sein, während viele von denen, die mitbestimmen durften, wieder abgemeldet sein werden. Da ist einfach der Manipulation Tür und Tor geöffnet, und das ist eigentlich eines demokratischen Systems nicht wirklich würdig. (Beifall bei der FPÖ.)
Das Gleiche ist bei der Briefwahl. Ich erinnere mich noch an sehr viele Debatten, in denen die SPÖ immer abgeblockt hat, aus guten Gründen eben, indem man nämlich gesagt hat, das geheime, unmittelbare, persönliche Wahlrecht muss sichergestellt werden. Und jetzt haben wir nach wie vor eine Situation, wo man nach Wahlschluss noch Stimmen abgeben darf, wo man sich mehr oder weniger, wenn man irgendwohin eine Reise
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