Gemeinderat, 48. Sitzung vom 30.01.2014, Wörtliches Protokoll - Seite 38 von 63
bin diskriminiert! Da fühle ich mich diskriminiert! Ich bin genau wie Sie ein Lebewesen, ein denkendes, wollendes Wesen, ein Mensch! Ich gehe dort hin und Sie sagen, ich darf dort nicht sein und ich bin im Weg! Ist das Ihre Diskriminierung? (Beifall bei der FPÖ und von GR Dr Wolfgang Aigner.)
Rassismus: Eine Schlagzeile am 5. Jänner des heurigen Jahres: „U-Bahn-Station von Drogendealern bevölkert, Polizei machtlos, Wien Brigittenau.“ Wir, die wir aus dem Bezirk kommen, wissen das. (GR Erich Valentin: Ich weiß nichts davon!) Ich bin dort hingegangen, stelle mich dort hin und beobachte das Treiben. Auf einmal werde ich weitergeschickt, aber nicht vom Schaffner und auch nicht von irgendeinem Polizisten, der gesagt hat, ich bin gefährdet. Nein, der Schwarzafrikaner deutet mir, ich soll mich schleichen, weil ich jetzt im Weg wäre und er doch seinen Drogenhandel abwickeln möchte. (GR Mag Wolfgang Jung: „Wien heute“!) Wem darf ich das jetzt sagen? Darf ich das ZARA sagen, dass ich mich da total diskriminiert und rassistisch behandelt fühle, weil ich keiner von ihnen bin? Ich bin kein Suchtkranker, ich bin kein Drogendealer und werde von keinem Organ, sondern von einem, der glaubt, er muss mich weiterschicken, vom Ort verwiesen, weil es ihm nicht passt! Ist das die Art von Rassismus, die Sie meinen?
Wenn Sie uns da immer vollmundig erklären wollen, wie wir Diskriminierung und Rassismus sehen sollen, dann betrachten Sie einmal die Wirklichkeit, die Realität und nicht Ihre Scheinwelt, in der Sie permanent leben, sondern setzen Sie sich mit dem, was passiert, auseinander und hinterfragen Sie den einen oder anderen Verein! Dann werden Sie vielleicht darauf kommen, dass nicht alles so einfach und so rosig ist, wie Sie das gern darstellen! (Beifall bei der FPÖ und von GR Dr Wolfgang Aigner.)
Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Zum Wort gemeldet ist Frau GRin Akcay. Ich erteile es ihr.
GRin Safak Akcay (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Werter Vorsitzender! Frau Berichterstatterin! Werte Kollegen und Kolleginnen!
Ich werde ein bisschen allgemein über Integration reden. Integration ist ein sehr wichtiges Thema und auch für mich sehr wichtig. Wie wir heute gesehen haben, ist es eigentlich auch ein sehr stark emotional diskutiertes Thema. Umso mehr müssen wir dieses Thema auch versachlichen. Das bedeutet, dass wir es entsprechend aufzubereiten beziehungsweise zu analysieren haben, um die gesellschaftliche Realität abbilden zu können. Dazu gibt es natürlich verschiedene Maßnahmen, indem man vorgeht, nach Alter, nach Geschlecht oder nach Aufenthaltsdauer zu messen.
Dazu gibt es auch den Integrations- und Diversitätsmonitor, der 2008 eingeführt wurde. Mit dieser Messbarkeit können wir herausfinden, wo eben Verbesserungen notwendig sind, wie zum Beispiel bei Sprache, Bildung, im sozialen Leben, also im Zusammenleben. Ich bin der Meinung, dass wir es erst durch die Verbesserung der Lebensbedingungen schaffen können. Erst das führt eigentlich zur Gleichberechtigung, zu Chancengleichheit, zu Integration auf gleicher Augenhöhe und Respekt beziehungsweise gegenseitiger Anerkennung. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Ich freue mich, dass wir einen Schwerpunkt haben, Inklusion durch Bildung. Das bedeutet immer ein Umdenken, denn die Hälfte der WienerInnen hat Migrationshintergrund. Da geht es dann nicht mehr ums Aufnehmen, sondern ums Einschließen. Wir wollen die Zukunft gemeinsam gestalten. Wir wollen diskutieren, wie wir in dieser Stadt leben wollen.
Wir haben 2012, glaube ich, war das, mit der Wiener Charta ein Solidaritätsprojekt gestartet, das zum Ziel hatte, dieses Wir-Gefühl sozusagen zu erzeugen, denn wir wollen eben einen gemeinsamen Weg gehen, wo wir uns alle beteiligen können. Da ist es egal, ob wir hier geboren sind oder nicht, ob wir jung oder alt sind. Hier geht es einfach darum, dieses Wir-Gefühl zu erzeugen. Natürlich ist dabei ein wichtiger Schlüssel die Bildung. Bildung garantiert den sozialen Aufstieg und ist der Garant für Chancengerechtigkeit. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Hier ist mir auch wichtig zu sagen, dass der Wiener Integrationsmonitor klar und deutlich zeigt, dass 43 Prozent der gut ausgebildeten ZuwanderInnen Hilfstätigkeiten verrichten. Da liegen Potenziale einfach brach. Da geht es darum, neue Perspektiven zu schaffen, um eben Qualifikationen entsprechend richtig einsetzen zu können.
Auch wichtig ist eben die Sprachförderung. Das haben wir auch gesagt. Hier ist das Beherrschen der deutschen Sprache natürlich die wichtigste Grundlage für das Zusammenleben in Wien. Fakt ist aber, dass täglich 250 verschiedene Sprachen in Wien gesprochen werden. Für eine weltoffene Stadt wie Wien ist Sprachenvielfalt ein Gewinn und eine große Chance. Die Stadt Wien setzt im Rahmen ihrer Niederlassungsbeteiligung, „Start Wien“ heißt diese, unter anderem auf Sprachförderung, die mit dem Wiener Sprachgutschein unterstützt wird. Auch mit „Mama lernt Deutsch“ wird eine ganz bestimmte Zielgruppe gefördert.
Ein Anliegen ist mir noch wichtig: Was ich sagen möchte, ist eben, dass Partizipation eine Grundvoraussetzung für Integration ist. Die politische Partizipation ermöglicht erst den Zusammenhalt einer Gesellschaft. Wir wollen die Zuwanderung und Integration schließlich nicht verhindern. Wir wollen sie gestalten können.
Ich bitte Sie, den folgenden Anträgen zuzustimmen, denn diese Vereine gibt es nicht erst seit letzter Woche, sondern diese Vereine gibt es schon seit den 90er Jahren. Sie haben sich wirklich bewährt und viel Arbeit investiert. Sie sind auch Partner der Stadt Wien. Ich frage mich immer wieder: Wo waren Sie in den 90er Jahren? War das damals nicht das Problem, dass Sie jetzt diese Dinge in Frage stellen, wie diese Vereine jetzt arbeiten? - Danke schön. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Zum Wort
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