Gemeinderat, 43. Sitzung vom 26.09.2013, Wörtliches Protokoll - Seite 52 von 68
und Herren!
Ja, von unserer Seite wird es ein einstimmiger Beschluss, klar! Denn Herr Bundesrat Schreuder wird sich ja noch erinnern, dass auch meine Fraktion, konkret ich und Kollege Lasar, so wie er, das ist ja klar, er hat Führungen gemacht am jüdischen Friedhof in Währing, dass wir uns immer (GRin Birgit Hebein: Noch immer!) - bitte? (GRin Birgit Hebein: Er macht es noch immer!) ja, ja -, dass wir uns auch immer dafür eingesetzt haben.
Erlauben Sie mir an dieser Stelle, auch etwas Positives über Schwarz-Blau zu sagen. Das ist nicht gewünscht in diesem Haus, aber diese gemeinsame Washingtoner Erklärung ist ja unter Schwarz-Blau zustande gekommen! Vorher waren es über 50 Jahre, wo kein Mensch an irgendeine wirkliche Restitution gedacht hat. Das wollte ich nur auch einmal erwähnt haben. (GR Dkfm Dr Fritz Aichinger: Sehr gut! Bundeskanzler Schüssel!)
Wir haben uns seinerzeit auch dafür eingesetzt, dass auf den Arthur-Schnitzler-Hof eine Gedenktafel hinkommt. Das ist der Rest des jüdischen Friedhofs, wo ein Teil zerstört war und der nach dem Krieg wieder der Gemeinde Wien rückübergeben wurde, und sie musste sich verpflichten, dass es Grünland bleibt. Der zerstörte Teil wurde dann aber doch in Bauland umgewidmet. Diese Gedenktafel, die auf unsere Initiative zurückgeht, wurde auch schon seinerzeit angebracht.
Es dauert alles sehr lange, das möchte ich schon sagen, denn diese Diskussionen mit dem Marco sind ja viele Jahre her. Ich habe auch die Pressedienste von 2007 hier, wieder nicht unsere. Das habe ich ja schon erwähnt, dass Grün und wir dafür waren, und auch die ÖVP. Kollege Wolf hat sich auch schon 2007 dafür ausgesprochen, dass der Friedhof endlich saniert wird.
Interessant ist nur, wie lange es dauert, bis so ein 20-Jahre-Vertrag abgeschlossen werden kann. 2007 sagte Herr Kollege Troch, Bund und Stadt Wien arbeiten intensiv an einer Sanierungslösung. Gut! 2009: Jüdische Friedhöfe - Sanierung und Pflege für 20 Jahre gesichert. Jetzt haben wir 2013, und 2013 stimmen wir hoffentlich alle zu, dass es dieses 20-Jahre-Abkommen gibt.
Ein bisschen skeptisch bin ich bei diesem Zeitrahmen schon, auch weil die Unterschrift der Stadt Wien noch nicht oben ist. Wir sind ja schon gewohnt, dass wir bei vielen Akten abstimmen, wenn schon längst die Subvention gegeben wurde. Ich hoffe, der Herr Berichterstatter oder der nachfolgende Redner wird mich insofern bestärken, dass diese Unterschrift nur mehr eine Frage von einem Tag oder so etwas ist. Wie gesagt, auf Grund dieser langen Periode, die es dauert, bis dieser Vertrag endlich abgeschlossen wurde.
Wir werden natürlich zustimmen. - Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzende GRin Dr Monika Vana: Zum Wort gemeldet ist Herr GR Van der Bellen. Ich erteile es ihm. (GR Mag Wolfgang Jung: Na bitte, es gibt ihn wirklich!)
GR Dr Alexander Van der Bellen (Grüner Klub im Rathaus): Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren!
Es kommt ja schon vor, dass man mit einem Freiheitlichen einer Meinung ist - nämlich, dass es ziemlich lang gedauert hat! 2001: die Washingtoner Erklärung; neun Jahre später das entsprechende Bundesgesetz. Wir wären nicht in Österreich, wenn aus einer, möchte man meinen, relativ einfach zu lösenden Aufgabe, nämlich der Instandsetzung und Instandhaltung jüdischer Friedhöfe in Österreich, ein sehr kompliziertes föderalistisches Problem geworden wäre, wo Bund und Länder praktisch neun Jahre miteinander verhandeln müssen, damit dann endlich das entsprechende Bundesgesetz zustande kommt.
Aber gut, seien wir froh, dass es so weit ist, dass die Gemeinde Wien mit der IKG zu einer entsprechenden Vereinbarung gekommen ist und dass es jetzt absehbar ist, dass die entsprechenden Bemühungen, last not least von Marco Schreuder, endlich zu einem erfolgreichen Ende kommen.
Aber ich möchte einen kleinen historischen Bogen machen. Man könnte ja eine schlichte Frage in diesem Zusammenhang stellen: Wieso ist die IKG nicht in der Lage, von sich aus jüdische Friedhöfe in Österreich zu betreuen? - Dafür gibt es natürlich einen simplen Grund: Das ist eine Altlast der Nazi-Herrschaft in Österreich! Die Nazis haben so viele Juden aus Österreich entweder vertrieben oder sie schlichtweg ermordet, dass die IKG so geschrumpft ist, dass es ihr finanziell nicht möglich ist, diese Anzahl von jüdischen Friedhöfen in Österreich instandzusetzen beziehungsweise zu pflegen.
In diesem Zusammenhang möchte ich eines sagen. Es geht nicht nur darum, dass wir uns mit Recht und mit großer Trauer an die Ereignisse - ich mache es jetzt ganz trocken und kurz - in Auschwitz oder Bergen-Belsen oder Majdanek und so weiter erinnern, sozusagen an die Vorgeschichte der Notwendigkeit, dass jetzt der Staat jüdische Friedhöfe in Österreich erhält, sondern der Antisemitismus hat ja eine lange Vorgeschichte. Der ist ja keine Erfindung der Nazis.
In diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen eine Geschichte erzählen, die aus dem akademischen Milieu kommt, nicht uninteressant ist und zur Zeit des österreichischen Ständestaats spielt. Die Universität Wien feiert, wie Sie vielleicht wissen, in 2 Jahren ihr 650-jähriges Jubiläum. Im Rahmen dieses Jubiläums ist unter anderem eine Ausstellung zum sogenannten Wiener Kreis geplant.
Der Wiener Kreis war in den 20er und 30er Jahren des letzten Jahrhunderts eine verblüffende Ansammlung von Intelligenz, die in Europa ihresgleichen gesucht hat, eine Art loser Klub, wenn Sie so wollen, ein Debattierklub zur akademischen Auseinandersetzung von Philosophen, Mathematikern - unter anderen der berühmte Mathematiker Kurt Gödel -, Soziologen und Statistikern - unter anderen Otto Neurath, der Ihnen vielleicht ein Begriff ist -, Biologen. Ludwig Wittgenstein war zumindest korrespondierendes Mitglied und hatte großen Einfluss; er war zu der Zeit schon in Cambridge, glaube ich. Jedenfalls war es eine bemerkenswerte Zusammenballung akademischer Intelligenz.
Der Begründer dieses sogenannten Wiener Kreises war ein gewisser Moritz Schlick. Im 9. Wiener Gemeindebezirk erinnern ja die Schlickgasse und der Schlick
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