Gemeinderat, 43. Sitzung vom 26.09.2013, Wörtliches Protokoll - Seite 7 von 68
nicht in eine Ausbildung hineingeraten, in Qualifikation bringen und dass wir denjenigen, die schon in Beschäftigung sind, aber auch schlechtqualifiziert sind, keine formale Qualifikation haben, eine bessere Qualifikation geben.
Ich kann diese Strategie auch mit Zahlen belegen. Die überwiegende Mehrheit, weit über 50 Prozent derer, die in Wien arbeitslos sind, hat formal nur Pflichtschulabschluss. Wenn wir uns die Gruppe der Menschen anschauen, die nur formalen Pflichtschulabschluss hat, so ist die Gefahr oder ist die Tatsache, dass die arbeitslos sind, 27 Prozent. Also 27 Prozent all derer in Wien, die nur Pflichtschulabschluss haben, sind arbeitslos. Wenn sie aber einen Lehrabschluss haben, sind es nur mehr – unter Anführungszeichen – 8,1 Prozent. Also dieser irrsinnige Unterschied zeigt schon, wie wichtig die Ausbildung ist und – ich schaue dann immer in diese Richtung (Die Rednerin wendet sich in Richtung ÖVP.) – wie wichtig diese Fachkräfte auch für die Wirtschaft sind.
Auch die Einkommensdifferenz lässt sich ganz klar nachweisen zwischen reinem Pflichtschulabschluss und Lehrabschluss. Deswegen konzentrieren wir uns ganz auf die Unterstützung von schlechtqualifizierten Menschen, im Interesse dieser Menschen, im Interesse der Wirtschaft. Es gibt dazu ganz konkrete Beratungen im Beratungszentrum. Es gibt den Weiterbildungstausender. Bis zu 3 000 EUR gibt es seitens des WAFF für das Nachholen des Lehrabschlusses, bis zu 1 000 EUR für das Nachholen der Matura. Wir haben Fachkräftestipendien. Wir haben Arbeitsstiftungen, wo wir direkt mit Unternehmungen daran arbeiten, dass sie die Fachkräfte, die sie brauchen, auch mit uns gemeinsam rekrutieren und bekommen, dort, wo sie notwendig sind, zum Beispiel im Pflegebereich. Worauf ich ganz besonders stolz bin, sind unsere jüngsten Initiativen, wo wir mit Privatunternehmungen zusammenarbeiten, wie zum Beispiel der Firma Spar, wo wir dann auch mit ihnen gemeinsam sowohl neue Mitarbeiter für sie suchen und für sie ausbilden, aber auch schlechtqualifizierte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Unternehmen mit Unterstützung des Unternehmens höherqualifizieren.
Ich habe auch da ein konkretes Beispiel. Ich habe eine sehr nette Dame kennen gelernt, die mir voller Stolz erzählt hat, sie hat angefangen als Hilfsarbeiterin, als Regaleinschlichterin, und jetzt ist sie Fachkraft in der Delikatessenecke der Firma und ist sehr stolz auf diese neue Position. Darum geht es: Sie verdient damit mehr, das Unternehmen hat etwas davon und der Wirtschaftsstandort.
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Danke. – Die fünfte und damit letzte Zusatzfrage zu dieser 1. Anfrage stellt GR Mag Neuhuber. – Bitte schön.
GR Mag Alexander Neuhuber (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Herr Vorsitzender, der Herr Bürgermeister hat gestern in seiner Rede einen sehr schönen Spruch geprägt, nämlich den von einem systemischen Webfehler beim Interpellationsrecht. Ich glaube, die Nichtzulassung der Frage heute könnte genau das als systemischen Webfehler kategorisieren.
Vorsitzender GR Godwin Schuster (unterbrechend): Entschuldigung, Kollege Neuhuber, so etwas darf man nicht so im Raum stehen lassen. Er hat gesprochen von einem systemischen Webfehler, der bereinigt werden soll. Ich arbeite auf der jetzigen Rechtsgrundlage, und das hier zu kritisieren, ist nicht sehr korrekt.
GR Mag Alexander Neuhuber (fortsetzend): Nein, es tut mir leid, Herr Vorsitzender, ich habe es nicht kritisiert, ich habe nur gesagt, dass das vielleicht genau unter diese Reform fallen sollte.
Frau Vizebürgermeisterin, ich bin ein bisschen betroffen, weil Sie mir mein Engagement abgesprochen haben. Ich halte das wirklich für keinen guten Stil zu sagen, die Opposition hätte kein Engagement in der Arbeitsmarktfrage. Wissen Sie, ich schaffe als Unternehmer jeden Tag Arbeitsplätze, ich sichere sie persönlich. (Zwischenruf von GR Heinz Hufnagl.) Na, ich bin ein Kleinunternehmer, aber das ist das „backbone“, das Rückgrat der Wiener Wirtschaft. Also wollen wir jetzt vielleicht gegen die Kleinunternehmer auch noch etwas sagen? Immerhin schaffe ich so rund ein Dutzend Arbeitsplätze, und das kann nicht jeder von sich in diesem Haus sagen, meine Damen und Herren. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie von GR Dr Wolfgang Aigner.)
Ich komme aber zum Kern meiner Frage – wir wollen ja wirklich nicht polemisieren, doch das wurde nicht beantwortet von Ihnen –: Werden Sie künftig das reguläre Arbeitsmarktbudget der Stadt Wien signifikant erhöhen?
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Frau Vizebürgermeister.
VBgmin Mag Renate Brauner: Zum einen müssen Sie sich, sehr geehrter Herr Gemeinderat, wenn Sie eine Frage stellen, schon auseinandersetzen mit Arbeitsmarktfragen, die wir hier behandeln und für die wir hier zuständig sind, wo es eine Vielzahl von Initiativen gibt, wo es viel zu diskutieren gibt, vielleicht auch das eine oder andere zu kritisieren, Verbesserungsvorschläge zu machen. Wenn Sie diese Chance nicht nutzen, sondern ein Thema ansprechen, das damit nichts zu tun hat, müssen Sie sich auch gefallen lassen, dass ich Ihnen sage, das finde ich enttäuschend. Ich fände es besser, man würde über die Inhalte sprechen und über diese Anliegen, die Sie verbal zumindest angesprochen haben. Da müssen Sie sich diese kritische Anmerkung gefallen lassen, genauso wie ich mir Ihre kritischen Anmerkungen gefallen lassen muss. Das ist Demokratie. Demokratie ist nichts Einseitiges.
Ich habe Ihre auch Frage beantwortet – vielleicht habe ich zu schnell gesprochen –, ich habe Ihnen einerseits gesagt, dass wir innerhalb des WAFF durch Effizienzsteigerung mit den bestehenden Mitteln schon mehr Aktivitäten gesetzt haben, und andererseits habe ich ganz deutlich gesagt, dass ich eine Erhöhung der Mittel natürlich keinesfalls ausschließen möchte, sie jetzt aber auch nicht fixieren kann, weil der WAFF und die Stadt Wien mit dem WAFF flexibel auf die Notwendigkeiten reagieren müssen.
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Ich danke für die Beantwortung der 1. Anfrage.
VBgmin Mag Renate Brauner: Sehr gerne.
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Die 2. Anfrage
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