Gemeinderat, 35. Sitzung vom 04.04.2013, Wörtliches Protokoll - Seite 46 von 85
Werbeagentur gegangen, und zwar 1 Million EUR von 1,7 Millionen EUR. Ferner ist der WAFF ein unbefristetes Vertragsverhältnis mit der Werbeagentur eingegangen, und die Öffentlichkeitsarbeit sollte auf Empfehlung des Rechnungshofes neu ausgeschrieben werden.
Außerdem empfiehlt der Rechnungshof, sich hinsichtlich der Abwicklungsorganisation am Land Oberösterreich zu orientieren, das sich durch eine besonders schlanke Abwicklungsorganisation auszeichnet. So gibt es folgende Empfehlungen des Rechnungshofes an das Land Wien: „Der WAFF sollte sich auf Bereiche, die vom AMS nicht beziehungsweise nur zum Teil abgedeckt werden konnten, fokussieren.“ Weiters werden eine stärkere Vernetzung zwischen WAFF und der Wirtschaftsagentur Wien und eine „Gesamtevaluierung der Wirkungen der arbeitsmarktpolitischen Aktivitäten des WAFF“ empfohlen. Außerdem sollte laut Rechnungshofbericht der rechtliche Rahmen überdacht und den geänderten Gegebenheiten angepasst werden.
Die Zahlen und Fakten, die als Grundlage für den Rechnungshofbericht genommen wurden, sind dramatisch. Das wissen wir in Wien. Es waren in Wien seit 2000 mehr als doppelt so viele Arbeitnehmer wie in Oberösterreich von der Arbeitslosigkeit betroffen. Die durchschnittliche Arbeitslosenquote lag im Zeitraum 2005 bis 2009 im gesamten Bundesgebiet bei 6,7 Prozent, in Oberösterreich allerdings bei 4,2 Prozent und in Wien um ganze 2 Prozentpunkte mehr, nämlich bei 8,8 Prozent.
Das heißt, wir haben hier mit mehr als 9 Prozent die allerhöchste Arbeitslosigkeit im Bundesländervergleich, außerdem 150 000 Mindestsicherungsempfänger, was 10 Mal so viel ist wie in Niederösterreich. Es kommen verschiedene andere Faktoren dazu wie zum Beispiel, dass in Wien nur jede zweite Frau nach der Babypause den Wiedereinstieg in das Berufsleben schafft.
Wenn man sich all diese Zahlen und die ganzen Verhältnisse zu anderen Bundesländern ansieht, muss man sich über die Wirksamkeit der Instrumente des WAFF schon Fragen stellen, noch dazu angesichts der doppelt so hohen Förderungskosten wie zum Beispiel in Oberösterreich. Besonders drastisch sind die Zahlen im Bereich der Frauenbeschäftigung. Die Arbeitslosenquote liegt bei knapp 8 Prozent. Dabei haben wir eine Erwerbstätigenquote von 68,8 Prozent, das ist das zweitschlechteste Ergebnis im Bundesländervergleich, und die Armutsgefährdung ist wieder die höchste und liegt bei 18,3 Prozent. Die Armutsgefährdung von Kindern unter 19, die liegt gar bei 27 Prozent, extrem hoch. Ferner sind in Wien im Jahr 2011 im Schnitt 32 000 Frauen arbeitslos gemeldet gewesen. Das sind – und das ist doch sehr viel – 35 Prozent aller Arbeitssuchenden Frauen in Österreich.
Wenn man sich diese Zahlen ansieht, sollte man sich schon die Frage nach der Wirksamkeit dieser arbeitsplatzfördernden Maßnahmen stellen. Allerdings muss man wieder im Gegenzug dazu sagen, dass hier die Wiener Stadtregierung eine arbeitsplatzvernichtende Verhaltensweise an den Tag legt. Statt die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, indem man den Wirtschaftsstandort sichert und in diesen investiert, haben Sie ja letztens die Wirtschaftsförderung gekürzt und die nachfragewirksamen Ausgaben der Stadt Wien reduziert. Die nachfragewirksamen Ausgaben der Stadt Wien und der Rechnungsabschluss haben eine sinkende Investitionsquote. Dazu kommen die steigenden Kosten in Wien. Jetzt sehen Sie, was es bedeutet, einen Wirtschaftsstandort auszuhöhlen, Sie bekommen jetzt sozusagen die Rechnung darüber präsentiert.
Ich möchte ganz kurz eingehen auf den Antrag, der mich immerhin glücklich stimmt, nämlich betreffend die Erhöhung des Frauenanteils in Aufsichtsräten auf mindestens 40 Prozent. Es hat lange gedauert in Wien-nahen Betrieben, aber immerhin ist dieser Schritt jetzt endlich vollzogen worden.
Wir haben in Wien nicht nur bei den Quoten in Führungspositionen, sondern auch bei der Einkommensschere besonders schlechte Zahlen. Sie hätten in Wien neben dieser Maßnahme, die Sie jetzt mit Ihrem Antrag setzen, noch die Möglichkeit, auch wirtschaftspolitische Anreize in der Privatwirtschaft zu bieten, indem Sie zum Beispiel Wiens Unternehmungen für hochqualitative Arbeitsplätze für Frauen Quotenempfehlungen geben, indem Sie mit Informations- und Aufklärungsbroschüren die volkswirtschaftliche und gesamtgesellschaftliche Bedeutung der Gleichstellung in einer entwickelten Gesellschaft vermitteln.
Also ich hoffe, dass diese 40 Prozent jetzt der erste Schritt waren und dass ein zweiter Schritt folgt. Sie lehnen ja hartnäckig jeden Antrag von mir diesbezüglich ab, aber immerhin kommt dann nach einer gewissen Zeit ein sehr ähnlicher. Ich warte daher und freue mich darauf, dass Sie bald den nächsten Schritt in diese Richtung tun. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Zum Wort gemeldet ist Frau GRin Dr Vana. Ich erteile es ihr.
GRin Dr Monika Vana (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Immer, wenn ich zum Arbeitsmarktthema nach der ÖVP rede, glaube ich, die ÖVP redet von einer ganz anderen Stadt, nicht von der Stadt mit der höchsten Produktivität, den höchstqualifizierten Arbeitskräften, der niedrigsten Arbeitslosenrate in ganz Europa (GR Mag Wolfgang Jung: Bitte, wann war das, Frau Kollegin?!) und einer der höchsten Lebensqualitäten in Europa. Sie kritisieren hier Wiens Arbeitsmarktpolitik in Grund und Boden, obwohl Sie genau wissen, dass Arbeitsmarktpolitik hauptsächlich in der Bundesverantwortung liegt, wo man sich jetzt mühsam quasi aufraffen muss, um den schwarz-blauen Kahlschlag, der vor ein paar Jahren gerade in der Arbeitsmarktpolitik und in der Sozialpolitik erfolgt ist, mühsam zu reparieren.
Gerade Ihr Kollege in der Bundesregierung, Frau Kollegin Feldmann, blockiert sämtliche arbeitsmarktpolitischen Fortschritte sofort reflexartig, und erst ganz mühsam, durch viele Verhandlungen kommen dann ein paar Fortschritte wie jetzt bei den Leiharbeitern zustande. Aber siehe wieder die Diskussion zur sechsten Urlaubs
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