Gemeinderat, 35. Sitzung vom 04.04.2013, Wörtliches Protokoll - Seite 21 von 85
werte Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, natürlich geht es darum, Bereiche zu verwalten und operativ zu gestalten, die nach wie vor im Eigentum der Stadt sind. Aber warum bedarf es dieser Vereine? Weder der Kollege Oxonitsch konnte darauf wirklich hinreichend antworten noch die Frau Kollegin Sima konnte uns erklären, welche Vorteile diese Vereine bringen. Ich sage es Ihnen ganz offen: Es geht hier nur um die Ausschaltung der Kontrolle, und das ist mit Sicherheit der falsche Weg. (Beifall der ÖVP und von GR Johann Herzog.)
Wir sind bei diesem Themenbereich natürlich sehr schnell bei der Volksbefragung, bei der Frage 3, eine Frage, von der Politologe Filzmaier schon gesagt hat, da kann sich jeder eigentlich heraussuchen, was er möchte, weil sie so schwierig und so verwirrend gestellt ist, dass man nicht weiß, was damit gemeint ist. Geht es wirklich um die unmittelbare Daseinsvorsorge, geht es um die ganzen Bereiche der Wien Holding, der Beteiligungen der Stadt Wien?
Eine Anfrage im Jahr 2011 hat gezeigt, dass die Stadt Wien bei 264 Unternehmen direkt oder indirekt beteiligt ist, und da stellt sich die Frage, wie man damit umgeht. Ich spreche nicht von blinder Privatisierung, aber schauen wir uns zum Beispiel den Energiesektor an. Sieben von neun Ländern haben strategische Partnerschaften bei ihren Landesenergieversorgern, natürlich mit Mehrheit im Landeseigentum, die schaffen an, das ist schon gut und richtig so. Aber gerade in Zeiten, wo der Stromhandel ein immer wichtigeres Thema wird, wo man hier auch für den Letzt- und Endkonsumenten Verbilligungen und Ermäßigungen herausholen kann, wird in Wien nur plump demagogisiert, wenn es um dieses Thema geht.
Was hört man von diesen Unternehmen im Einflussbereich der Stadt Wien, die aber der Kontrolle des Gemeinderates wohlweislich entzogen wurden? Risikoreiche Ostgeschäfte bei der Wien Energie – entnimmt man den Medien. Preisabsprachen, Schmiergeldzahlungen bei der Fernwärme, unsaubere Machenschaften beim Verkauf von Garagen durch die Wien Holding – titeln die Medien. Veruntreuungen von über 500 000 EUR bei den Wiener Linien oder zuletzt ein Vergabeskandal bei Wiener Wohnen, der leider in dieser Form immer wieder auftaucht.
Ich finde es durchaus positiv, wenn StR Ludwig jetzt eine Untersuchung anordnet, nur, da liegt das Problem wohl tiefer und hier ist Kontrolle wirklich wichtig. Doch die wurde mutwillig, bewusst abgestellt und von der Opposition sozusagen nicht mehr wahrnehmbar umgesetzt. Und das ist das Problem, das wir in dieser Stadt haben. (Beifall bei der ÖVP.)
Es geht aber nicht nur um die Skandale. Die Frau VBgmin Brauner hat heute von dieser Stadt als einem großen Unternehmen mit mehr als 70 000 Mitarbeitern gesprochen, wo es immer wieder Missstände geben kann. Stimmt, die kann es geben, nur wie man darauf reagiert, darauf kommt es an, und die Anzahl der Skandale zeigt mir, dass hier nicht schnell und effektiv genug gehandelt wird.
Aber es geht nicht nur um die Skandale, es geht auch generell um die Finanzgebarung. Schauen wir uns die Wiener Linien an. Hier wird einerseits durchaus davon gesprochen, dass es eine Jahresnetzkarte gibt, die verbilligt wurde. Ist okay, überhaupt nichts dagegen einzuwenden. Allerdings haben wir jährlich einen Betriebskostenzuschuss von 730 Millionen EUR. Schauen wir uns an, ob dort wirklich kosteneffizient gearbeitet wird. Ähnlich ist es bei Wiener Wohnen mit einem Riesenbudgetloch.
Ich denke, es geht nicht darum, sich gegenseitig Privatisierungswut vorzuwerfen, sondern es geht darum, einen verantwortlichen Umgang mit den Unternehmen dieser Stadt zu haben, maximale Transparenz ans Tageslicht zu legen, um Missstände, wie Sie derzeit leider gang und gäbe sind, in Zukunft tunlichst zu vermeiden. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Als nächster Redner hat sich Herr GR Dipl-Ing Margulies zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.
GR Dipl-Ing Martin Margulies (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ein Schluck Wiener Wasser. Frage an die Auskenner der FPÖ: Wiener Wasser, das ich hier trinke, im öffentlichen Eigentum oder privatisiert? Antwort so wie bei allen anderen 1,7 Millionen Wienern und Wienerinnen: Wiener Wasser im öffentlichen Eigentum. Wiener Wasser, das mit Sicherheit nicht privatisiert wird, mit Sicherheit nicht den Fängen von Menschen ausgeliefert wird, die sagen: Der Wassermarkt ist ein Zukunftsmarkt. Wir sind in Russland und in der Ukraine engagiert.
Das sagt jemand, der sich auskennt. Ich weiß nicht, ob für die FPÖ oder nur für sich selber. Frau GRin Kappel wird so im „News“ zitiert, dass sie tatsächlich versucht hat, mit Wasser Geschäfte zu machen. Ob im Namen der FPÖ oder nur als Einzelperson, wie gesagt, ich weiß es nicht, aber innerhalb der FPÖ kennen sich die Menschen mit Privatisierung von Wasser aus. Wien macht das nicht. Punkt. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ. – GR Heinz Hufnagl: Hört! Hört!)
Um die Menge, die Herr Gudenus angesprochen hat, zu veranschaulichen, habe ich mir gedacht, die Stadt Wien könnte doch ein Langbahnbecken bauen und mit dem Wasser füllen. Dann bin ich draufgekommen, wenn die Stadt Wien wirklich ein Langbahnbecken baut und mit dem Wasser füllt, das die Stadt Wien angeblich verkauft, dann wäre dieses Becken nur 60 cm tief. Da kann man beim besten Willen nicht schwimmen. Das wollen wir nicht.
Daher lasse ich tatsächlich die FPÖ auf der Seite. Sie hat heute offensichtlich ihr Unwissen über Privatisierung dokumentiert. Sie hat nämlich auch den Unterschied zwischen Privatisierung und privatrechtlicher Organisation nicht verstanden.
Privatisierung war das, was tatsächlich Blau-Schwarz in riesengroßem Ausmaß gemacht hat. Das hat dem Bund gehört und damit dem Steuerzahler, der Steuerzahlerin, und danach hat es Privaten gehört. Und es hat ganz viele Menschen im Dunstkreis von ÖVP und FPÖ gegeben, die daran wirklich noch verdient haben, die
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