Gemeinderat, 34. Sitzung vom 01.03.2013, Wörtliches Protokoll - Seite 17 von 83
ten die Beantwortung jeder Frage, die sich stellt, an die Bevölkerung delegieren und sagen: Trefft ihr eine Entscheidung!
Ich meine – und das will ich an dieser Stelle auch Ihnen ins Stammbuch schreiben –, dass die Summe von Partikularinteressen noch lange nicht das Allgemeinwohl ergibt. Das wissen wir alle. Manche von uns ziehen es aber vor, das zu leugnen, weil ihnen das gerade nicht in den Kram passt, weil es gerade besser passt, einfach dagegen zu sein beziehungsweise sich so vor der Bevölkerung zu produzieren, dass man immer wieder an sie herantritt und sagt: Schaut her: Wir sind die Guten: Wir wollen euch mitentscheiden lassen! Und die anderen sind die Bösen: Sie treffen einsame Entscheidungen!
Aber dieses Spiel wird nicht weit führen. Es ist Ihnen natürlich unbenommen, dieses Spiel weiterhin zu spielen. Ich werde Ihnen jedoch, sooft Sie mich herausbemühen, jedes Mal dieselbe Antwort geben. Und ich bin überzeugt davon, dass nicht nur wir hier in diesem Haus diese Debatte brauchen, sondern dass Österreich insgesamt diese Debatte dringend braucht. Das Thema Beteiligung und direkte Demokratie sowie die Fragen, wie, wann, unter welchen Umständen, mit welchen Rahmenbedingungen und zu welchen Fragestellungen man die Bevölkerung sozusagen mitentscheiden lässt, und zwar laufend innerhalb der fünf Jahre einer Funktionsperiode oder auch nicht, sind nämlich sehr spannende und zukunftsträchtige Themen, die uns in den nächsten Jahrzehnten begleiten werden, davon bin ich überzeugt. Und es ist dies sicherlich kein Thema, das man auf die leichte Schulter nehmen kann.
Jetzt noch ein Letztes in diesem grundsätzlichen Zusammenhang: Ich bin überzeugt davon, dass sämtliche Instrumente der Demokratie sozusagen wertvoll sind und dass auch sämtliche Instrumente nach einer klugen Abwägung einzusetzen sind, inwieweit sie in einem bestimmten Moment geeignet sind oder auch nicht. Diese Fragen sind tatsächlich Gegenstand einer durchaus tieferschürfenden Debatte als jener, die wir hier in diesem Haus gewöhnlich führen. Und diese Fragen sollten eigentlich einzig und allein an Hand des Kriteriums beantwortet werden, ob diese Instrumente dazu angetan sind, die Gesellschaft freier, offener und fairer zu machen oder nicht.
Wie wir wissen, hat die direkte Demokratie in der Schweiz zum Beispiel bewirkt, dass bekanntlich auch im letzten Kanton das Frauenwahlrecht eingeführt wurde, nämlich im Jahr 1994. Und zur Information derjenigen, die das noch nicht gehört haben: Jene Befragung ging auch negativ aus, und es wurde dann per Präsidentendekret eingeführt.
Fazit: Direkt demokratische Instrumente sind wertvoll. Sie sind absolut notwendig. Wie man sie gestaltet und einsetzt, ist eine Frage, hinsichtlich welcher niemand von uns aktuell sozusagen den Stein der Weisen entdeckt oder für sich gepachtet hätte. Alles andere ist meines Erachtens Teil eines Meinungsaustausches, der uns, wie gesagt, gut tut, wenn wir ihn von Zeit zu Zeit hier fortsetzen.
Zu Ihrer Frage, wie es denn bestellt ist um jene zwei Bezirksbefragungen im 13. und im 18. Bezirk, möchte ich Ihnen abschließend Folgendes sagen: Hiebei handelt es sich um Umfragen, die mit Steuermitteln geführt wurden und die einen verfassungswidrigen Text abgefragt haben. Ich werde stattdessen ... (GR Dipl-Ing Roman Stiftner: Nicht ablenken!) Ich lenke nicht ab! Ich sage nur, wenn Sie es noch einmal hören wollen: Hier wurde ein verfassungswidriger Text abgefragt. Und wir haben ein Ergebnis.
In den nächsten Tagen findet eine Volksbefragung mit einem verfassungskonformen Text statt, und zwar nicht in einigen Bezirken, sondern in ganz Wien. Wenn diese Befragung hervorbringt, dass die Bezirke weiterhin für sich allein die Entscheidung treffen sollen, dann bleibt es auch weiterhin dabei, dass die Bezirke allein ihre Entscheidungen treffen. (Zwischenruf von GR Mag Wolfgang Jung.)
Wenn diese Befragung hervorbringt, dass die Bevölkerung mehrheitlich wünscht, dass hier ein Gesamtkonzept für die Stadt entwickelt wird, das Parkraumregelungen überall dort vorsieht, wo sie benötigt werden – denn natürlich hat man in Randlagen kein Problem, man braucht dort keine Parkraumbewirtschaftung, es sind die dichter besiedelten innerstädtischen Gebiete, die hier Regelungen dringend benötigen würden –, dann ist es immer noch eine Aufgabe der Bezirksvorsteherinnen und Bezirksvorsteher, für sich zu entscheiden, wonach sie sich richten. Und es wird in diesem gegenwärtigen Fall spannend sein zu sehen, wie sich die Bezirksvorsteher entscheiden werden. Mir ist nicht klar, warum Sie sich selbst in eine solche Lage manövriert haben. (GR Mag Wolfgang Jung: Sie wollen vielleicht abtreten!) Es war jedenfalls deren Entscheidung.
Und so verhält es sich nun einmal bei all diesen Fragen: Das liegt nicht in meiner Kompetenz, ich werde nicht gefragt, und das ist gut so. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Sehr geehrte Frau Vizebürgermeister! Ich danke für die Beantwortung der 5. Frage. Die Fragestunde ist damit beendet.
Wir kommen nun zur Aktuellen Stunde. Der Grüne Klub im Rathaus hat eine Aktuelle Stunde mit dem Thema „BürgerInnen-Solarkraftwerke – Vorteile und Risken eines neuen Finanzierungsmodells für BürgerInnen und die Stadt“ verlangt. Das Verlangen wurde gemäß § 39 Abs 2 der Geschäftsordnung ordnungsgemäß beantragt. Ich bitte den Erstredner, Herrn GR Mag Chorherr, die Aktuelle Stunde zu eröffnen, wobei ich bemerke, dass seine Redezeit mit zehn Minuten begrenzt ist. – Bitte schön.
GR Mag Christoph Chorherr (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Schülerinnen und Schüler!
Nächste Woche findet bereits die schon zitierte Volksbefragung statt. Und ich beziehungsweise wir wollen diese Aktuelle Stunde nutzen, um über eine Frage zu sprechen, die vielleicht in der Öffentlichkeit noch nicht eine so große Rolle gespielt hat, von der wir aber glauben, dass sie wichtig ist: Es geht um die Frage, ob die Stadt Wien nach dem Beispiel der BürgerInnen-
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