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Gemeinderat, 33. Sitzung vom 30.01.2013, Wörtliches Protokoll  -  Seite 84 von 97

 

Wolfgang Jung: Sie waren beim Kanzlerfest nicht eingeladen!) Worauf ich hinaus möchte, und das ist der entscheidende Punkt, ist, dass im wirtschaftlichen Leben nämlich der Leistungsdruck immer höher wird, und da vergeht mir das Lachen, dass immer mehr in kürzerer Zeit gefordert wird, aber gleichzeitig Vertreter von Ihnen längere Arbeitszeiten (GR Johann Herzog: Das hat offensichtlich der Verein!), längere Ladenöffnungszeiten verlangen und davon zum Beispiel in einem gehörigen Ausmaß Frauen betroffen sind. Der Handel mit über 500 000 Beschäftigten ist die größte Branche in Österreich. (GR Mag Wolfgang Jung: Sie haben da die falsche Rede!) Überwiegend Frauen, viele alleinerziehende Frauen. Wenn diese dann dort bis 19, 20, 21 Uhr arbeiten, sich hinzustellen und zu sagen, sie müssten sich noch viel mehr um ihre Kinder kümmern, ist doppelzüngig, ist scheinheilig und in Wirklichkeit sehr verwerflich!

 

Man müsste ganz im Gegenteil darauf schauen, dass wir sozusagen wieder auch den Menschen und seine Bedürfnisse in den Mittelpunkt rücken und nicht das ausschließliche Profitmaximieren. Aber gut, das nehme ich zur Kenntnis. Da haben Sie eine andere Position. Daher bin ich im Gegensatz zu Ihnen auch in der Sozialdemokratie! (GRin Ing Isabella Leeb: Da sind wir aber froh!) - Jetzt sind wir alle froh!

 

Wenn es um moderne Rahmenbedingungen geht, geht es daher natürlich auch darum, die Schule strukturell bestmöglich aufzustellen. Daher sind Bildungsreformen so notwendig. Daher vergeht kaum eine Gemeinderatsdebatte, wo wir nicht gemeinsam darauf hinweisen, wie wichtig Bildung ist, auch als Schlüssel für Aufstiegschancen. Nur geht es auch zusätzlich darum, wenn wir uns eben vor Augen führen, wie schwierig mittlerweile die gesellschaftliche Dynamik ist, wie schwierig mittlerweile auch das Wirtschaftsleben ist, zusätzliche Angebote zu schaffen. Hätten Sie sich die Mühe gemacht, nicht nur falsche Zahlen zu lesen, sondern tatsächlich auch die Angebote, die Portale, wie das Elternweb, das Lehrerweb oder auch das Kidsweb, dann würden Sie wissen, welche Unterstützungsangebote für diese Kinder gegeben sind, um sich weiterzuentwickeln, um auch weiterzulernen. Daher, sage ich Ihnen sehr offen, ist es vernünftig, diese zeitgemäßen, diese tollen Angebote zu haben.

 

Auch ein Satz zum Thema Verein: Warum ist es ein Verein und nicht irgendeine andere Struktur? Auch hier, hätten Sie sich damit auseinandergesetzt, würden Sie es wissen. Nämlich gibt es beispielsweise in Tirol oder im Burgenland auch solche Vereinsstrukturen aus einem einfachen Grund, weil es um die Zusammenführung aller wesentlichen Player geht, weil es darum geht, gemeinsam zu koordinieren und auf diese Bedürfnisse Rücksicht zu nehmen.

 

Daher, um auch zu einem Abschluss zu kommen: Ich denke mir, das Entscheidende ist – und dafür kämpfen wir gemeinsam –, dass nicht die Brieftasche der Eltern die Zukunft der Kinder entscheidet, sondern dass tatsächlich alle die gleichen Möglichkeiten haben, denn im Gegensatz zu Ihnen – damit möchte ich auch schließen – sind uns alle Kinder gleich viel wert, ganz egal, woher sie kommen, und haben die besten Rahmenbedingungen verdient.

 

Ich danke Ihnen sehr. Es war mir eine Freude. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr GR Dr Aigner. Ich erteile es ihm.

 

18.00.41

GR Dr Wolfgang Aigner (Klubungebundener Mandatar)|: Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!

 

Was wäre ein Gemeinderat ohne primitiven Klassenkampf seitens des Kollegen Peschek? Herr Kollege Peschek, wenn Sie sich einmal die Kritik an den Vereinsstrukturen im Nahebereich der Stadt Wien anhören, dann betrifft das ja nicht nur den Jugendbereich, sondern viele Bereiche. Gerade eine Partei, die jetzt immer vor Privatisierungen schützen möchte, muss sich doch eingestehen, dass die Auslagerung öffentlicher Agenden in Vereine eine Form von Organisationsprivatisierung ist. Das ist ja im Prinzip auch eine Privatisierung. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Im Endeffekt ist, unabhängig davon, dass die Vereine natürlich auch wertvolle Arbeit leisten, immer die Frage zu stellen: Handelt es sich hier nicht um einen offenkundigen Rechtsformenmissbrauch? Denn ein Verein ist eine privatrechtliche juristische Person, die darauf ausgerichtet ist, Mitglieder zu werben, die sich für den Vereinszweck einsetzen, und die über diese Mitglieder a) ehrenamtliche Tätigkeiten lukrieren und b) Geldmittel aufbringen soll. Bei allen diesen städtischen Vereinen ist das nicht der Fall. Der einzige Finanzier ist der Steuerzahler, der um Kontrollrechte gebracht wird, denn das Geld bekommt der Verein, aber es kann keiner mehr Einsicht nehmen, was wirklich damit passiert. Es gibt so gut wie keine ehrenamtlichen Tätigkeiten, außer von den Politikern, die dort sozusagen hingesetzt werden, ansonsten arbeiten zur Gänze zu 100 Prozent bezahlte, und zwar gar nicht schlecht bezahlte Personen. Denken wir an das Amerlinghaus. Wenn man dort Reinigungskraft ist – ich meine, ich gönne jedem ein ordentliches Gehalt –, dann bekommt man so viel, wie das Einstiegsgehalt eines Schullehrers beträgt. (Amtsf StR Christian Oxonitsch: Was? Eine Reinigungskraft kriegt so viel wie ein Lehrer?) Das ist sozusagen das, was über diese Vereine gemacht wird.

 

Daher: Entweder nimmt die öffentliche Hand, wenn sie es zu 100 Prozent ... (Zwischenruf von Amtsf StR Christian Oxonitsch.) Ja, 2 000. Also das ist jenseits von Gut und Böse. Ein Verein, Herr StR Oxonitsch, den Sie aus dem Konkurs retten haben müssen, zahlt solche Gehälter. (Zwischenrufe bei den GRÜNEN.) Ja und? Nicht böse sein, aber wenn man bei Akademikern keine Gehaltssprünge mehr haben möchte, dann weiß ich wirklich nicht, warum man bei Reinigungskräften Gehaltssprünge machen soll. Ich meine, das muss man ja wirklich sagen. (Beifall bei der FPÖ. – GR Dipl-Ing Martin Margulies: Sind Sie es denen neidig?) Wie erklären Sie das? (GR Mag Rüdiger Maresch: Jetzt betreiben Sie Klassenkampf!) Ja, das ist jetzt die Antwort auf Ihren Klassenkampf, denn das hat mit Gerechtigkeit nichts zu tun.

 

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