Gemeinderat, 30. Sitzung vom 21.11.2012, Wörtliches Protokoll - Seite 55 von 70
Sie waren mir nicht nur sachlich, inhaltlich und administrativ, sondern auch mental eine große Stütze, denn wer zu einem heiklen Thema – offenbar ist es ein heikles Thema – recherchiert, der begibt sich auch auf heikles Terrain. Das möchte ich hier auch einmal sagen. Es gab durchaus Anrufe, in denen mir mitgeteilt und gesagt wurde: Sei doch ein bisschen vorsichtig, geh da nicht zu weit vor, grab nicht zu tief! Aber ich habe mich nicht aufhalten lassen. Denn heute, nach Veröffentlichung des Kontrollamtsberichtes, sind alle von mir aufgedeckten Verstrickungen und Verwicklungen nicht nur bestätigt, sondern leider in ihrer Dimension teilweise auch noch übertroffen.
Es geht mir – das möchte ich heute wirklich betonen – nicht um Köpfe, es geht mir nicht um Befindlichkeiten, und es geht mir schon gar nicht darum, politische Zuordnungen zu treffen. Wir haben es gehört, das ist ein Phänomen. Nein, es ist kein Phänomen, es ist ein Fakt. Es sind Tatsachen, die ja nicht nur in Wien passieren. Es geht jetzt darum, das Problem „Wie geht die öffentliche Hand mit öffentlichen Geldern um?“ für die Zukunft zu beleuchten, richtige Schritte und Maßnahmen zu setzen. So, wie es bisher gelaufen ist, meine sehr geehrten Damen und Herren, kann es ja wohl nicht weitergehen.
Wie war es bisher? Der Rechnungshof, das Kontrollamt haben irgendetwas aufgedeckt, kurzes mediales Sperrfeuer, vielleicht wurde ein, zwei Mal hier im Gemeinderat darüber gesprochen. Wenn es nicht ganz so schlimm war, gab es ein Köpferollen in der zweiten, dritten Reihe, wenn es ärger war, wie am Prater-Vorplatz, muss dann halt ein Stadtrat gehen, aber das System bleibt gleich. Wir tun weiter, als wäre nichts gewesen.
Nicht anders ist es für mich auch erklärbar, dass StRin Wehsely im Zuge des Neubaus des Wilhelminenspitals erklärte, sie würde sich eher ins Knie schießen, bevor sie Kosten nennt, denn das fällt ihr oder einem ihrer Nachfolger dann auf den Kopf. Ja, aber bitte, das kann ja nicht so weitergehen. Wir fangen einmal an, wurscht, was es kostet, wir werden dann schon sehen, denn das Geld holen wir uns eh irgendwie von irgendwoher. Als Wurschtbudelmentalität, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist das zu bezeichnen. Sie kennen das, Sie stehen an der Wursttheke, bestellen 20 Deka Extra, und reflexartig kommt: „Darf's ein bisschen mehr sein?“ Nein! Es darf nicht ein bisschen mehr sein, denn Sie haben auch nicht gesagt, geben Sie mir von irgendeiner Wurst, soviel Sie wollen. Wir haben hier Aufgaben zu erfüllen mit der größtmöglichen Umsicht.
Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, können wir so nicht weiterleben, denn es geht bei öffentlichen Projekten immer um das Geld der anderen. Und das Kontrollamt fördert in seinem Bericht schonungslos zutage, dass das Projektmanagement und die Verantwortlichen auf der ganzen Linie versagt haben. Aber Projektmanagement ist keine Geheimwissenschaft. Im Projektmanagement, meine Damen und Herren, sind die gleichen Firmen, Planer, Manager tätig. Und die, die bei öffentlichen Aufträgen scheinbar versagen, können es dort, wo es um einen privaten Auftraggeber geht? Das kann ja nicht die Wahrheit sein. Da läuft doch etwas gewaltig schief. Da muss man doch endlich die richtigen Hebel im System betätigen, damit in der Zukunft öffentliches Geld auch wirklich richtig eingesetzt wird. (Beifall bei der ÖVP.)
Herr Kollege Kowarik, Sie haben gestern gemeint, die Dringliche Anfrage sei bei StR Oxonitsch nicht richtig angesiedelt und beträfe eigentlich ein anderes Ressort. Da gebe ich Ihnen teilweise recht, Sie haben nicht unrecht, es betrifft auch ein anderes Ressort, nämlich deswegen, weil es einen Vertrag zwischen der Stadt Wien und der StadthallenbetriebsGmbH gibt. Die StadthallenbetriebsGmbH firmiert unter dem Dach der Wien Holding, dem Ressort Brauner unterstellt, und ich kann Sie beruhigen, die Fragen wurden auch an StRin Brauner gestellt.
Ich darf Sie allerdings auch an den ersten Sondergemeinderatsausschuss im Jänner erinnern. Da waren Sie auch dort, und Sie werden sich vielleicht erinnern – wenn nicht, ich habe es mitprotokolliert –, dort hat StR Oxonitsch klar die Verantwortung übernommen. Er hat damals nämlich gesagt, da die Zuständigkeiten nicht ganz eindeutig sind, er aber nicht möchte, dass die Verantwortung hin und her geschoben wird, nimmt er sich jetzt der Sache an.
Herr Kollege Kowarik, Sie haben jüngst versucht und das auch gestern angekündigt, dass Sie das Thema nun zu einer politischen Schlammschlacht missbrauchen wollen. Tun Sie es, daran kann Sie niemand hindern! Ich sage Ihnen hier aber ganz deutlich, das demaskiert Sie als Brachialoppositionspolitiker, der ein Thema verschlafen hat und nun billig populistisches Kleingeld daraus schlagen will.
Ich sage Ihnen aber auch ganz deutlich: Wenn irgendjemand dort Geld bekommen hat, das ihm nicht zusteht, egal, aus welcher Ecke, dann gehört das aufgeklärt. Da bin ich die Letzte, die da jemanden verteidigen wird. Und wenn es Fehler gegeben hat, dann sind die aufzuklären, egal, woher sie kommen. Denn wenn Sie mir heute zugehört haben, wissen Sie, dieses Problem betrifft nicht nur das Stadthallenbad, das zieht sich durch alle Großprojekte, durch alle Bundesländer und weit über die österreichischen Grenzen hinaus. Nur, vielleicht kann Wien in dem Fall einmal eine Vorreiterrolle einnehmen und einen Schritt in die richtige Richtung machen, denn das Geld, über das wir hier sprechen, ist nicht unser Geld, sondern es ist das Geld, das wir treuhändig zur Verwaltung übergeben bekommen haben. (Beifall bei der ÖVP.)
Das Stadthallenbad-Desaster eignet sich ganz bestimmt zu vielem, am wenigstens aber dazu, nur politisches Kleingeld daraus zu schlagen. Das Stadthallenbad-Desaster eignet sich zu vielem, zum Beispiel auch dazu, aufzuzeigen, dass falsch verstandene Loyalität ein weitverbreitetes Phänomen auch in der Wiener Beamtenschaft ist. Ich sehe das Stadthallenbad-Desaster allerdings auch als Chance. Als Chance für die Stadt Wien, für uns alle, anhand dieses auf der ganzen Linie falsch gelaufenen Projektes die richtigen Lehren für die Zukunft zu ziehen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der
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