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Gemeinderat, 29. Sitzung vom 20.11.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 3 von 79

 

(Wiederaufnahme um 9 Uhr.)

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Meine sehr geschätzten Kolleginnen und Kollegen!

 

Wir nehmen die Sitzung des Gemeinderates wieder auf.

 

Ich möchte mich nur eingangs ganz herzlich für gestern bedanken. Ich glaube, die neue Regelung der Redezeiteinteilung hat wirklich gut funktioniert, und wir haben dadurch auch erreicht, dass jene Geschäftsgruppen, die später gereiht sind, noch zu einem Zeitpunkt drankommen, wo es noch für alle sehr erträglich ist, aufmerksam zu sein. Ich danke ganz herzlich für die große Disziplin, die gestern geherrscht hat.

 

09.00.59Entschuldigt für heute sind GR Mag Dr Wansch und GRin Mag Wurzer. StR Mailath-Pokorny wird um 13 Uhr kommen. Er befindet sich gerade auf der Rückreise von einer Dienstreise. Einzelne Personen sind zeitweise entschuldigt, und ich erlaube mir, sie jetzt nicht vorzulesen.

 

09.01.00Wir kommen nun zur Beratung der Geschäftsgruppe Bildung, Jugend, Information und Sport. Zu Wort gemeldet ist Frau GRin Ing Leeb. Ich erteile es ihr. Ihre geplante Redezeit beträgt 12 Minuten, und so wird es auch eingestellt. – Bitte schön.

 

9.01.52GRin Ing Isabella Leeb (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien)|: Einen wunderschönen guten Morgen, sehr geehrter Herr Vorsitzender! Herr Stadtrat! Guten Morgen, meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Ich freue mich, dass das Budget für die Ressortgruppe Bildung, Jugend, Sport und Information an so einem prominenten Platz positioniert ist, denn es ist ja immerhin der zweitgrößte Budgetposten, wenn man es nach Ressorts betrachtet. Wir haben es ja gestern auch von StRin Brauner gehört, die für das Ressort zuständig ist, dass sie einen besonderen Schwerpunkt auf das Thema Bildung legt. Das ist richtig und das ist gut so. StRin Brauner hat gemeint, Investitionen in unsere Kinder sind Investitionen in die Zukunft. Auch das ist richtig. Das können wir nur vollinhaltlich unterstützen und mittragen.

 

Der beitragsfreie Kindergarten, meine sehr geehrten Damen und Herren, macht ja im Rahmen dieses Budgets einen Löwenanteil aus, aber vielleicht kann man sich an der Einführung dieses beitragsfreien Kindergartens einmal anschauen, ob man es nicht ein bisschen besser machen hätte können.

 

Denn eines, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist auch klar. Der beitragsfreie Kindergarten ist mit einer Vorlaufzeit von sechs Monaten über diese Stadt hereingebrochen. Ich stelle jetzt einmal in den Raum, innerhalb von sechs Monaten kann man das weder vom räumlichen noch vom personellen oder vom finanziellen Angebot her wirklich vernünftig kalkulieren. Und jetzt machen wir halt das, was wir in Wien so gerne machen: Wir führen Dinge einfach einmal ein, wir beginnen und überlegen uns dann während der Durchführung, was eigentlich an Herausforderungen überhaupt zu lösen ist.

 

Darüber zu diskutieren, werden wir, das hoffe ich, noch oft Gelegenheit haben, aber das Wichtige an solchen Diskussionen ist auch, dass man die richtigen Schlüsse für die Zukunft daraus zieht, dass man sich beim nächsten Mal vielleicht im Vorfeld überlegt, was so eine Ankündigung eigentlich auslöst.

 

Der Budgetschwerpunkt ist also die Kinderbetreuung, der Gratiskindergarten. Die Nutznießer des Gratiskindergartens sind jene Kinder, die jetzt in den Kindergarten gehen, und jene, die zukünftig in den Kindergarten gehen werden. Wir werden aber erst in der Zukunft sehen, ob sich das so auswirkt, wie wir wollen. Denn erst dann, wenn die Bildungsstandards der Kinder, die die Pflichtschule dann verlassen, bessere sind als jene von heute, wissen wir, ob wir die richtige Entscheidung getroffen haben und ob wir sie auch richtig umgesetzt haben.

 

Es wird sehr viel Geld investiert, nichtsdestotrotz fehlen noch immer 700 KindergartenpädagogInnen. Die geplante Aufstockung um 50 spricht für sich. Aber wissen Sie, was das wirkliche Dilemma dieses sich Bindens mit einem großen Budgetposten ist? Das wirkliche Dilemma ist, dass die jetzigen und zukünftigen Nutznießer etwas davon haben, aber was ist mit den Kindern, die jetzt in die Schule gehen, die noch nicht im beitragsfreien Kindergarten waren, die jetzt das Pflichtschulsystem verlassen, die jetzt hinauskommen auf den Arbeitsmarkt und dort nicht vermittlungsfähig sind?

 

Frau StRin Brauner spricht seit Jahren sehr gerne davon, dass die Einführung des beitragsfreien Kindergartens vor nunmehr drei Jahren die größte je dagewesene Mittelstandsentlastung darstellt. Ist das aber die Antwort darauf, dass nach wie vor 8 000 Kinder als außerordentliche Schüler im Unterricht sitzen? Ist das die Antwort darauf, dass 25 Prozent der Schulabgänger die Grundrechnungsarten nicht beherrschen und nicht sinnerfassend lesen können? Ist das die Gerechtigkeit, von der Sie so gerne sprechen?

 

Die Zahl derer, die Lehrabschlussprüfungen nicht schaffen, steigt stetig. Der Herr Kollege Peschek ist jetzt leider nicht da, denn der hat dann immer eine Antwort parat, die lautet: Schuld daran sind die Unternehmer. Und jetzt bin ich die Letzte, die schwarze Schafe nicht genauso gerne vor den Vorhang holt und die sagt, es ist alles eitel Wonne, Waschtrog bei den Ausbildungsbetrieben. So ist es nicht, darüber muss man reden. – Oh, Grüß Gott, Herr Peschek! – Aber wenn die Herrschaften vom AMS-Wien – und jetzt sage ich einmal, die sind der SPÖ-Wien nicht unbedingt fern – selbst sagen, dass das AMS mit den jungen Menschen, die nicht am primären Lehrstellenmarkt unterkommen, überfordert ist, denn sie können nicht die Reparaturanstalt für das Wiener Bildungssystem sein, dann sagt das schon sehr viel aus.

 

Und wissen Sie, was das wirklich Traurige ist, was ich unlängst gehört habe? Man spricht heutzutage gerne schon nicht mehr von Lehr-Abschlussprüfungen mit h, sondern von Leer-Abschlussprüfungen. Das ist nicht einmal lustig, das ist beschämend, und das ist bestürzend. Aber was man in der Pflichtschule nicht an Basis legt, kann man nachher wirklich nur sehr schwer nachholen. Das wäre so, als würden Sie ein Haus ohne Fundament bauen und sich dann wundern, dass dieses Haus nicht hält. Sie können auf Beton kein Gras wachsen lassen, das können Sie bestenfalls grün anmalen.

 

Und das machen wir ja auch. Wir malen es nachher

 

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