Gemeinderat, 28. Sitzung vom 29.10.2012, Wörtliches Protokoll - Seite 37 von 79
nicht einmal den Pass herzeigen muss und dort wie ein Inländer behandelt wird, dort ein Geschäft aufmachen kann, sich dort frei bewegen kann, dort frei studieren kann, ist eine unglaubliche Errungenschaft dieses unseres gemeinsamen Europas. Darauf sollen wir stolz sein. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Und das ist kein Abstraktum, das setzt uns unter Druck als Regierung, weil sich natürlich viele Leute anschauen: Wo ist es denn klass zu studieren, wo ist es klass zu leben? Da entscheiden sich einige für Wien, und darüber sollten wir uns eigentlich alle freuen, dass das so ist und nicht eine Massenfluchtbewegung aus Wien einsetzt.
Übrigens war das Thema sehr vieler Konferenzen der letzten Jahre „Schrumpfende Städte“. (GR Mag Wolfgang Jung: Im Waldviertel!) Ich suche Kongresse zu „Stark wachsende Städte“ und eine Strategie, die nämlich gar nicht einfach ist, weil es ja in der Tat schwierig ist, einen lebendigen Stadtteil auf die grüne Wiese zu stellen. Stadt entwickelt sich durch Umbauten, durch Überformungen, durch Erneuerungen, und es ist schwierig, wirklich auf die grüne Wiese zu bauen.
Wir wollen und müssen aber auf die grüne Wiese bauen, und die Seestadt Aspern ist so etwas. Vielleicht einige Punkte, die dort versucht werden und versucht wurden und auf die wir alle stolz sein sollten: Dort wird zum Beispiel versucht, nicht hier eine große Wohnsiedlung und dort ein großes Einkaufszentrum zu haben, dort wird versucht, die Errungenschaft der europäischen Stadt, die Einkaufsstraße, wieder zu beleben, indem im Erdgeschoßbereich Geschäfte sind, gemischte Geschäfte, und darüber gearbeitet und gewohnt wird. Und in der Seestadt Aspern wird versucht, so etwas wieder herzustellen.
Nur damit Sie ein Gefühl kriegen, meine Damen und Herren, weil viele sagen, warum muss man den dort und dort bauen, im 13. und im 19. und im 11. und im 10. und im 21., wir haben ja eh die Seestadt. Die Seestadt, wenn sie einmal in vielen Jahren voll sein wird, deckt gerade einmal ein bis eineinhalb Jahre des Bevölkerungswachstums von Wien ab. Das muss einmal klar sein. Und darum gibt es keinen Bezirk, auch nicht den 13., Herr Kollege, wo man sagt, wir hören jetzt auf zu widmen, und es bleibt alles so, wie es ist. (GR Mag Wolfgang Jung: Das sieht man am Verkehrsaufkommen in der Kaltenleutgebner Straße!) Wir müssen alle Kriterien in Frage stellen.
Und zur Dichte: Gerade weil wir Grünland halten wollen, wollen wir nicht fleckerlartig alles, was grün ist in Wien, zubetonieren, sondern wollen gewisse Formen einer urbanen Dichte herstellen, damit Parks und Freiräume gesichert werden und damit noch eines passiert: Ich erinnere mich an eine Bürgerversammlung, die war auch im 21. Bezirk, da haben die Leute auch kritisiert, dass es so dicht ist – nicht die Leute, manche Leute, und auch die FPÖ hat kritisiert, warum so dicht – und zweitens dass es da so eine schlechte öffentliche Verkehrsanschließung und es auch keine Nahversorgung gibt. Stattdessen ist es die Strategie, die diese Regierung forciert, Dichten zu erzeugen, damit sich nahezu – zu 100 Prozent kann man es nie machen – überall, wo man lebt, ein Geschäft in fußläufiger Umgebung rechnet, damit niemand in Wien gezwungen ist, ins Auto zu steigen oder in den Bus – das ist mir egal, es geht mir nicht gegen das Auto –, sondern die Freiheit hat, in 100, 200, 300 m zumindest ein kleines Geschäft zu haben, um die Einkäufe des Alltags zu erledigen. Das ist ein Prinzip, und dazu bedarf es gewisser Mindestdichten, wofür wir einige Schritte setzen.
Nur noch zwei, drei Projekte, wo wir Neues versuchen. Der Kollege Dworak – der, glaube ich, noch immer Mittagessen ist – hat es auch angesprochen. Er hat das als „die Diskussion um das Wien Museum“ bezeichnet. Ich glaube, alleine das Procedere ist etwas, was sich herzeigen lässt. Selbstverständlich waren auch die Vertreter der Opposition dazu geladen, den 40 oder 50 österreichischen und internationalen Experten zuzuhören, die in kurzer Form darüber reflektiert haben, ob es Standort A oder Standort B sein soll. Das war eine Form eines kultivierten Diskurses, der es jetzt der Stadtregierung, dem Kulturstadtrat und der Frau Vizebürgermeisterin ermöglichen soll, zügig eine Entscheidung über den vernünftigsten Standort zu treffen.
Oder vielleicht noch zum gesamten Prozess, der jetzt über die Neuentwicklung rund um den Eislaufverein läuft. Auch hier gibt es ein kooperatives Verfahren, wo in Reflektion mit AnrainerInnen versucht wird, eine geeignete Form zu finden.
Lange Rede, kurzer Sinn: Wir halten BürgerInnenbeteiligung für existenziell notwendig und wichtig und versuchen, eine Reihe von Schritten zu gehen. Was wir nicht glauben, ist – und das sehen wir anders als FPÖ und ÖVP –, dass direkte Demokratie heißt, dass man sozusagen, wie dem Hund einen Knochen, eine Ja- oder Nein-Frage irgendwo hinwirft und dann so oder so abstimmen lässt. Direkte Demokratie ist ein Prozess der Entwicklung, ist ein Prozess der Beteiligung, ist ein Prozess der Ermächtigung.
Abschließend: Um diesem enormen Stadtwachstum, das eines der stärksten von allen europäischen Städten ist, gerecht zu werden, müssen wir diese Form einer ökologischen Stadtplanung, einer Stadtplanung der Dichte, einer Stadtplanung des Erhalts des Freiraums fortsetzen. Wir werden ökologische Kriterien, werden Kriterien des Freiraums ganz hoch bewerten, um jene Lebensqualität aufrechtzuerhalten und auszubauen, derentwegen so viele Menschen derzeit nach Wien kommen wollen. Und sie haben das Recht dazu, denn das ist unser Europa, das wir in diesem Sinne ausbauen wollen. – Danke schön. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Vorsitzende GRin Dr Monika Vana: Zu Wort gemeldet ist Herr GR Mag Jung. Ich erteile es ihm.
GR Mag Wolfgang Jung (Klub der Wiener Freiheitlichen): Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren!
Nach der Eloge auf die Verkehrsplanung in Wien möchte ich den Herrn Kollegen Chorherr doch ein bisschen dämpfen. Das ist an sich nicht der Bereich, zu dem ich mich üblicherweise zu Wort melde, aber in diesem Fall als sehr Betroffener, mehrfach Betroffener, als Liesinger, als Rodauner und auch als einer, der in der Kaltenleutgebner Straße wohnt, kann ich Ihnen da aus mei
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