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Gemeinderat, 27. Sitzung vom 04.10.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 55 von 70

 

Wir brauchen natürlich gezielte Kontrollen. Die Polizei macht das bereits. Es gibt sehr schmucke Fahrradpolizisten im Fahrraddress mit dem Fahrrad unterwegs. So darf ich mich bei der Gelegenheit auch bei der nunmehrigen Landespolizeidirektion Wien und bei den Mitarbeitern bedanken, die ihren Dienst am Rad versehen. Sie könnten sich auch überlegen, welchen Beitrag die Stadt Wien in diesem Zusammenhang leisten könnte. Wir brauchen eine viel bessere Fahrradausbildung, als wir sie derzeit haben. Es passiert hier einiges bei den Schülern, aber noch viel zu wenig. Hier wäre die Ausbildung natürlich ausbaufähig. Eine vielleicht lohnende Aufgabe für die Radfahragentur. Generell müssen die Radwege viel besser geplant werden, als das in der Vergangenheit der Fall war und Sie müssen einfach attraktivere Angebote für Radfahrer schaffen, die allerdings nicht auf Kosten der Fußgänger oder Autofahrer gehen dürfen.

 

Ich fasse zusammen: Die bestehenden Regeln der Straßenverkehrsordnung sind unbedingt einzuhalten und es macht wenig Sinn, die Straßenverkehrsordnung nunmehr durch verschiedenste Ideen aufzuweichen, die alles andere als im Sinne der Verkehrssicherheit wären wie die Aufhebung der Radwegebenützungspflicht, Fahren gegen die Einbahn oder Fahren bei Rot. Und zum Abschluss würde ich Ihnen ganz gerne ans Herz legen, eine Politik zu machen, in der Sie das Auto nicht grundsätzlich verdammen, wo Sie zur Kenntnis nehmen, dass es auch einen Wirtschaftsverkehr gibt, einen Einkaufsverkehr, dass es Mütter gibt, die Kinder transportieren müssen, dass es auch Witterungsverhältnisse gibt wie Kälte, Regen oder Hitze und dass viele ältere Menschen auf das Auto angewiesen sind. Daher bitte ich Sie, schreiben Sie den Menschen nicht vor, welches Verkehrsmittel sie benutzen sollen. Jeder Wiener hat ein Recht darauf, sein Verkehrsmittel frei zu wählen. Die Bürger sind mündig genug. Sie brauchen Ihre Bevormundung nicht! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzende GRin Dr Monika Vana: Zum Wort gemeldet ist Herr GR Mag Chorherr.

 

14.49.49

GR Mag Christoph Chorherr (Grüner Klub im Rathaus)|: Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren!

 

Es gibt in der gesamten politischen Geschichte zwei große Strömungen. Das ist nicht die Linke und die Rechte, sondern ich würde sagen, auf der einen Seite das Ressentiment und auf der anderen Seite die Aufklärung, die versucht, mit Argumenten, mit Kompromissen, mit Vernunft, mit Fakten zu argumentieren. Wohin uns Ressentiments in der Geschichte geführt haben und führen, wissen wir. (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Sie sind für Ressentiments!) Drum will ich jetzt relativ wenig auf den Kollegen Irschik und über seine Rhetorikpolemiken sagen, wiewohl es mich juckt, muss ich der Ehrlichkeit halber sagen, sondern möchte durchaus beim Kollegen Ulm anknüpfend ein paar Fakten darstellen.

 

Ich stelle mir vor, es kommt ein Außerirdischer (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Und das sind die GRÜNEN? – Heiterkeit bei der FPÖ.) und analysiert die Verkehrsdebatte in Wien. (GR Johann Herzog: Sie sollten sich mit den Inhalten beschäftigen, Herr Kollege Chorherr!) Dieser Außerirdische würde die These vertreten, von den österreichweit 523 Toten und 30 000 Verletzten gibt es einen Haupttäter und das, schließt man nach der Diskussion, müssen ja die Radfahrer sein. Ich kann mich an keine Dringliche erinnern, wo steht „Motorisierte Schutzwegekiller auf vier Rädern“. Ich kann mich an keine entsprechende Debatte erinnern. Denn die Tatsache ist, das sage ich einfach nur mit Bezugnahme Physik, für jene, die es kennen: Wenn jemand mit 50, 60 oder 70 km/h unterwegs ist und 1,5 Tonnen hat und so ein Auto stößt mit den Schwächsten, das sind Fußgänger und Radfahrer, zusammen, dann fliegt so jemand auf Grund der Physik 20 m durch die Luft, wird getötet oder schwerst verletzt. Alle Verkehrstoten Österreichs haben ihre Ursache in einer Physik, wo vier Räder und 1 bis 1,5 Tonnen 50, 70, 100, 130 km/h haben. Kein Einziger des unendlichen Leides, das füge ich jetzt hinzu, auch für die AutofahrerInnen, macht das absichtlich - früher hat es geheißen, strukturelle Gewalt. Jener LKW-Fahrer, der vor wenigen Monaten einen Radfahrer auf dem Radweg getötet hat, der tut mir leid, der wird sein Leben lang daran zu leiden haben. Das hat aber einfach damit zu tun, dass die objektive Gefährdung in Österreich im Verkehrsgeschehen, und ich möchte noch einmal die Zahl nennen und ich glaube, nahezu jeder kennt in seiner Umgebung jemanden, der, wenn schon nicht zu Tode gekommen, so doch zumindest verletzt worden ist, was das für tragische Dinge sind, wenn du dann im Rollstuhl sitzt, wenn du ein Bein verloren hast, wie auch immer. Das hat seine Ursache dort, wo 30, 50, 70, 100, 120 km/h mit 1 bis 1,5 Tonnen versehen sind. Fußgänger und Radfahrer sind nicht Täter, sondern Opfer des Verkehrsgeschehens. Jede Maßnahme, die Fußgänger und Radfahrer, und zwar in genau dieser Reihenfolge, erstens Fußgänger, zweitens Radfahrer, auf der Straße schützt und jene strukturelle Gefährdung, die durch den Autoverkehr ausgeht, zurückdrängt, dient nicht nur der Umwelt, sondern der Sicherheit und insbesondere der Sicherheit von Kindern. Ich erspare mir jetzt, weil ich nicht auf die Tränendrüse drücken will, jene Unfälle zu zitieren, die im heurigen Jahr auf Schutzwegen, auf Zebrastreifen passiert sind, wo unter Missachtung, und ich sage jetzt nicht, Auto-Rowdy, von Verkehrsregeln Kinder zu Tode gekommen sind, und nicht nur ein Kind, und da habe ich keine Kritik gesehen. Hier findet eine Täter-Opfer-Umkehrung statt. Das sei einmal als Faktum hier ohne jegliche Polemik dargestellt.

 

Grundsätzlich befinden wir uns ja in Wien in einem ganz großen internationalen Trend eines völlig veränderten städtischen Verkehrsverhaltens. Die Diskussionen, sofern sie kultiviert auftreten, sind in allen Städten gegeben und sind auch verständlich. Es findet eine Änderung des Verkehrsverhaltens statt. Neulich habe ich einen großen Artikel im Autoland Nummer 1 der Welt gelesen, den USA. Dort macht sich die Autoindustrie größte Sorgen, denn erstmals seit 60 Jahren geht bei den dort 16- bis 30-Jährigen die Bereitschaft, den Führerschein zu machen, signifikant zurück und das Statussymbol Auto, wie im Übrigen interessanterweise das Statussymbol Haus, nehmen dramatisch ab. Junge Leute stehen es sich mehr auf elektronische Gadgets. Das Statussymbol

 

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