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Gemeinderat, 27. Sitzung vom 04.10.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 43 von 70

 

Man kann das Serapionstheater auch nicht mit anderen Theatern vergleichen. Wer das macht, der hat sich das in Wirklichkeit im Detail nicht angeschaut. Das Serapionstheater hat eine völlig andere Form der Theatersprache als alle anderen Theater in dieser Stadt, daher kann man die Anzahl von Produktionen und die Anzahl der Zuschauer nicht vergleichen. Es ist aber auch einzigartig, dass ein Theater wie das Serapionstheater zuletzt mit der Erfolgsproduktion „Voilà“ insgesamt 122 Vorstellungen gezeigt hat, mit insgesamt über 11 000 Besucherinnen und Besuchern. Es liegt in der Natur der Theaterarbeit von Erwin Piplits und Uli Kaufmann, dass sie nicht sieben Produktionen im Jahr herausbringen, sondern nur eine Produktion, aber die dann ein Jahr lang zeigen. Und wie hier gearbeitet wird, ist anders als in allen anderen Theatern in dieser Stadt. Es ist eine Ensemblearbeit, die ausschließlich durch die elf Mitglieder des Ensembles geprägt wird. Diese elf Mitglieder kommen aus sieben Ländern - aus Argentinien, Brasilien, Kolumbien, Kuba, Portugal, Südkorea und Österreich -, und das Ensemble entwickelt die Produktion gemeinsam mit Uli Kaufmann und Erwin Piplits. Das ist nur vergleichbar mit Theaterarbeit wie jener von Peter Brook oder Ariane Mnouchkine, wo Menschen aus verschiedenen Ländern und verschiedenen Kulturen zusammen unvergleichliche Kunst schaffen. Man kann es nicht vergleichen mit dem TAG, das ich sehr schätze, man kann es nicht vergleichen mit dem Rabenhof, den ich auch sehr schätze. Man kann nur sagen, diese Form der Theaterarbeit gibt es nur einmal in dieser Stadt, die gibt es durch das Serapionstheater, die gibt es im Odeon, und daher ist es wichtig, diese Arbeit für die nächsten vier Jahre weiterhin festzuschreiben.

 

Und unter uns gesagt: 950 000 EUR sind für ein Theater in dieser Größenordnung, für ein Ensemble in dieser Größenordnung und für die Qualität dieser Theaterarbeit tatsächlich nicht überfinanziert. Ich will ja keine Vergleiche anstellen mit anderen Theatern. Die bekommen annähernd gleich viel, machen aber Theater in wesentlich kleineren Räumen.

 

Die heute hier zu Beschluss stehende Vierjahresförderung von 2012 bis 2015 für das Serapionstheater ist daher eine wichtige Basis für die weitere gute Zukunft des Serapionstheaters, aber insbesondere auch für den Spielort Odeon, und wir werden gemeinsam mit den Intendanten, mit dem künstlerischen Leitungsteam des Serapionstheaters sicher darüber nachdenken, wie auch nach 2015 der künstlerische Ort Odeon weiterhin qualitätsvoll abgesichert werden kann. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Zu Wort gemeldet ist Herr GR Akkilic. Ich erteile es ihm.

 

13.24.35

GR Senol Akkilic (Grüner Klub im Rathaus)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Werte Kolleginnen und Kollegen!

 

Danke für die ausführlichen, netten Reiseberichte. Sehr lehrreich, sage ich jetzt einmal. Eigentlich habe ich mich nicht zu Wort gemeldet gehabt, doch wie der Kollege Ebinger geredet hat, hat es mich einfach dazu gedrängt, mich zu Wort zu melden. Denn, Herr Kollege Ebinger, zwischen Humor und Spott beziehungsweise etwas lächerlich machen sind Welten. Vor allem jene Personen, die in dieser Stadt nicht so oft zum Zug kommen, jene Personen, die Ideen für diese Stadt haben und diese auch verwirklichen wollen, aber nicht zum Zug kommen und daher unterschiedliche Methoden entwickeln, um sie in unserem Kulturleben sichtbar zu machen, verdienen eine andere Herangehensweise.

 

Aber zu etwas Grundsätzlichem und auch dazu, wie mein Kollege Klaus diese Seite (in Richtung der FPÖ) eingeladen hat, bei der „Wienwoche“ mitzumachen. Klaus, in aller Freundschaft, die „Wienwoche“ entwickelt sich grundsätzlich im Gegensatz zum Kulturverständnis der FPÖ. Das ist das größte Problem, das die FPÖ hat, hier nicht mitzumachen. Die FPÖ hat ein nationalistisch geprägtes Kulturverständnis, das nicht auf Inklusion aufgebaut ist, das nicht Leute einbindet in das Geschehen, sondern Welt-Lines hat, denen zufolge Menschen in die Gesellschaft und auch in das Kulturleben nicht eingebunden werden sollen.

 

Die Grünen aber entwickeln ihr Kulturverständnis im Gegensatz und trotz FPÖ. Wir wollen Menschen, Bettlern, allen anderen sogenannten Randgruppen in der Gesellschaft einen Raum geben, auch wenn wir nicht wollen, dass sie Randgruppen sind, aber die gibt es nun einmal, und wir, meine Damen und Herren, wollen, dass in dieser Auseinandersetzung um Ressourcen – und das ist das Wichtigste an der „Wienwoche“; es ist eine Auseinandersetzung um Ressourcen und Macht im öffentlichen Raum; es geht darum, wem der öffentliche Raum gehört, wem die Kultur gehört – durch die „Wienwoche“ endlich einmal jenen Kräften in dieser Gesellschaft die Plattform geschaffen wird, damit sie ihrer Stimme Ausdruck verleihen können. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Was die Freiheitliche Partei von Kultur versteht, meine Damen und Herren, das hat uns der Jörg Haider im Jahre 1995 vorgemacht. Seine Attacken gegen Elfriede Jelinek, seine Attacken gegen Peymann zeugen davon, dass Sie, obwohl Ihre Partei sich freiheitlich nennt, gegen die Freiheit der Kunst sind. Eine Jelinek und einen Peymann anzuschwärzen, ihnen Grenzen zu zeigen, zu versuchen, sie in der Gesellschaft zu diffamieren (StRin Veronika Matiasek: Auch das ist Freiheit!), zeigt eindeutig, dass Sie einfach nicht für die Freiheit der Kunst sind. Und Ihr Kulturverständnis, meine Damen und Herren (GR Ing Udo Guggenbichler: Es gibt auch eine Meinungsfreiheit!), das steht in Ihrem Parteiprogramm drinnen. Sie sagen, die Politik hat die Aufgabe, die Rahmenbedingungen für Kultur zur Verfügung zu stellen.

 

Der Ansicht sind wir nicht. Wir sagen, Kultur ist Politik, Politik ist Kultur. Was uns von Ihnen unterscheidet, ist, dass wir nicht wollen, dass Parteipolitik in die Kultur eingreift. Aber Kultur ist Politik, Politik ist Kultur, und es gibt noch dazu eine politische Kultur. Die politische Kultur der Freiheitlichen ist gekennzeichnet von Diskriminierung, von Apartheid – lesen Sie ihr Parteiprogramm, Sozialversicherung für MigrantInnen soll getrennt werden –, sie ist gekennzeichnet von rassistischen Zügen, und sie ist gekennzeichnet von einer Kultur, die den anderen, die in dieser Gesellschaft sehr viel geleistet

 

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