Gemeinderat, 27. Sitzung vom 04.10.2012, Wörtliches Protokoll - Seite 15 von 70
Aber auf der anderen Seite sind Sie auch in dieser Stadt und leben auch in dieser Stadt. Ich glaube, es ist nicht irgendetwas, wenn wir es in dieser Stadt zusammengebracht haben, dass wir in den letzten zwei Jahren den Gender Gap, diesen Equal Pay Day, gemeinsam um über eine Woche verschoben haben. Das fällt doch nicht vom Himmel! Das ist natürlich ein Ausfluss aus dem, was unsere Politik ist. Wir haben die betriebliche Frauenförderung gekoppelt an die öffentliche Auftragsvergabe. Wir haben die Quoten eingeführt. Wir haben die Einkommenstransparenz gemacht.
Ich habe nicht gesagt, dass der Bericht rühmlich ist. Ich bin nicht da gestanden und habe gesagt, 10 Prozent sind eh kein Problem. Jedes Prozent ist auch mir zu viel. Natürlich lebt man nicht im Vergleich in Wien, aber 40 Prozent im Bund, 25 Prozent in Wien. Dann haben sich die Betriebe zu dieser Einkommenstransparenz verpflichten müssen. Wir wären gar nicht gemeint gewesen. Aber wir haben gesagt, wir machen eine Selbstverpflichtung. Der Bund hat das auch gemacht mit seinen Beschäftigten. Er hat 16 Prozent. Wir haben 10 Prozent. Noch einmal, auch 10 Prozent sind zu viel, aber so schlecht sind wir nicht unterwegs.
Wenn wir jetzt gemeinsam an den Maßnahmen, die wir uns vorgenommen haben, dranbleiben und eben mehrere Tasten auf diesem Klavier spielen, betriebliche Frauenförderung, Quote, Einkommenstransparenz, Halbe-Halbe, Gesellschaftspolitik, wenn wir daran weiterdrehen, dann glaube ich, dass uns in dieser Funktionsperiode noch eine Menge gelingen wird. Mein Ziel ist, dass wir alle gemeinsam nicht nur Silvester feiern, sondern gemeinsam auch den Gender Pay Day. Das wäre doch ein nettes Vorhaben, wo wir uns, glaube ich, nicht parteipolitisch irgendwie auseinanderdividieren lassen müssen, und nicht nur das Vorhaben der weiblichen Abgeordneten, sondern von uns allen. Also, auf zum Silvester! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Die nächste Zusatzfrage stellt GRin Prof Dr Vitouch. - Bitte schön.
GRin Prof Dr Elisabeth Vitouch (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Frau Stadträtin!
Ich freue mich auch schon, wenn der Equal Pay Day zumindest einmal, sagen wir, zu Allerheiligen und dann vor Weihnachten ist. Ich zweifle nicht daran, dass die vielen positiven Maßnahmen, die die Stadt Wien seit vielen Jahren setzt, dazu beitragen werden, dass wir dieses Ziel auch erreichen.
Frau amtsführende Stadträtin, welche aktuellen Maßnahmen werden jetzt ergriffen, um den sogenannten Gender Pay Gap, also diese Einkommensschere zwischen Männern und Frauen, zum Schließen zu bringen?
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Frau Stadträtin.
Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Frau Gemeinderätin!
Ich glaube, ein ganz wesentlicher Faktor unserer 10 Prozent, mit denen wir uns gerade beschäftigen, ist ganz sicher der Anteil von Frauen in Führungspositionen. Da kann man jetzt wieder sagen, eh klar. Was man sehen muss, ist, als wir angefangen haben, die 50-Prozent-Quote einzuführen, hatten wir 5 Prozent weibliche Führungskräfte, mittlerweile haben wir 36 Prozent weibliche Führungskräfte. Unsere Quote ist aber 50. Wenn wir also mehr weibliche Führungskräfte in der Stadt bekommen, dann werden sich diese 10 Prozent um ein ganz schönes Stück verkleinern. Warum? Weil zwischen 36 Prozent und 50 Prozent noch eine Menge offen ist. Das heißt, wir haben natürlich auch einen Führungskräfte-Gap, den es zu schließen gilt.
Mittlerweile kann ich, nicht nur als Frauenpolitikerin, sondern auch als wirklich zuständige Personalstadträtin für 75 000 Beschäftigte in der Stadt sagen, wir haben sehr gute Frauen. Wir haben Frauen, die absolut „ready to go“ in eine Führungsposition sind. Das müssen wir natürlich auch in jeder einzelnen Positionierung von Führungskräften entsprechend berücksichtigen. Das braucht den Willen aller in unserer Besetzungspolitik. Das ist das eine.
Das andere ist, dass wir eben in diesen technischen Berufsfeldern, wie in der realen Wirtschaftswelt draußen auch, in der Situation sind, dass wir wenige Frauen in technische Berufe bekommen. Das liegt schon einmal daran, dass wenige Frauen technische Ausbildungen besuchen. Es liegt aber in weiterer Folge auch daran, dass wir für diese Frauen auch zu einer attraktiven Arbeitgeberin werden müssen. Das heißt, es gibt wenige und wir müssen darauf schauen, dass es mehr werden. Diejenigen Absolventinnen, die fertig sind, gilt es, für die Stadt zu gewinnen und uns als attraktive Arbeitgeberin zu präsentieren.
Das passt auch gut zusammen mit meinem dritten Punkt. Da geht es ganz stark um dieses Rollenverständnis. Ich spreche jetzt aus der Lehrlingsausbildung. Wir haben hier 250 junge Leute, die sich um eine Lehrstelle bewerben. Wir haben auch viele technische Berufe, die wir ganz besonders jungen Mädchen anbieten, wo wir sagen, sie sollen bei uns in der Stadt Mechatronikerin werden. Was passiert dann? Das Mädchen bewirbt sich, macht einen Test, schafft den Test, kommt nach Hause. Es ist der Geburtstag vom Onkel Karli. Alle sitzen am Tisch und sagen: „Na, was wird mit dir?“ Sie sagt: „Ich gehe zur Stadt. Ich werde Mechatronikerin.“ Dort sagt dann die Oma: „Jessas na, warum wirst du denn Mechatronikerin? Kannst du nicht in eine Bank gehen?“ Dann hat die Tante Mitzi noch irgendjemanden, den sie kennt. Das Mädchen macht noch eine Aufnahmeprüfung in der Bank. Dann geht sie doch in die Bank und wird nicht Mechatronikerin.
Das heißt, daran sieht man so gut, selbst wenn wir in der Schule in der Orientierung Mädchen fördern, ist ihr Rollenverständnis oft noch nicht da. Der Selbstwert ist noch nicht da, dass sie sagen: „Mir ist das wurscht. Ich will nicht in eine Bank gehen. Ich werde Mechatronikerin.“ Daran müssen wir unbedingt noch arbeiten. Da brauchen wir, schon bevor die Leute anfangen, bei uns zu lernen, bei uns zu arbeiten, in unserer gesellschaftspolitischen Aufgabe in den Schulen natürlich viel mehr Orientierung.
Während wir heute hier diskutieren - mir tut es eh ein
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