Gemeinderat, 25. Sitzung vom 27.06.2012, Wörtliches Protokoll - Seite 60 von 89
vorzuwerfen, dass sie nicht vertrauenswürdig sind, zeugt von Ihrer Grundhaltung gegenüber Fremden, gegenüber anderen. Das lehnen wir strikt ab, meine Damen und Herren! (Beifall bei den GRÜNEN.)
Aber kommen wir zu den Grundmotiven. Das ist immer wieder eine meiner Lieblingsbeschäftigungen, in Parteiprogrammen der Freiheitlichen Partei ein bisschen herumzustöbern. Was sagt die Freiheitliche Partei in Bezug auf Weltoffenheit? Weltoffenheit kann man immer in Frage stellen. Aber unter dem Punkt „Weltoffenheit, Eigenständigkeit“ gibt es einen Passus zur Entwicklungshilfe. Sie sagen nicht, Entwicklungszusammenarbeit, sondern Entwicklungshilfe. Was sagen Sie dazu? „Grundprinzip österreichischer Entwicklungshilfe ist die Hilfe zur Selbsthilfe. Sie fördert Freiheit, Verantwortung und begegnet Krisensituationen und Flüchtlingsströmen.“ - Das ist das Programm, ich glaube, von 2011, der Freiheitlichen Partei, wo Sie die Entwicklungshilfe definieren. Das heißt, es muss eine Krisensituation geben und es muss im selben Atemzug auch der Flüchtlingsstrom gestoppt werden.
Da war die schwarz-blaue Regierung unter Druck der damaligen Opposition viel fortschrittlicher. In einer Anfrage der Nationalratsabgeordneten Bayr antwortete der damalige Nationalratspräsident Andreas Khol 2003: „Evaluierungen, die einen längeren Zeitraum eines Vorhabens umfassen wie Kleinkraftwerke Bhutan und Nepal oder Wasser zeigen, dass sich die österreichische Entwicklungszusammenarbeitsphilosophie in Übereinstimmung mit den internationalen Trends entwickelt hat, zum Beispiel in Bezug auf Umwelt, Gender, Nachhaltigkeit oder im Umgang mit den Partnern im Interventionsland.“ Weiters: „Die thematischen Schwerpunkte der Entwicklungszusammenarbeit haben sich bewährt und werden daher weiter vertieft. Dazu gehört etwa der Bereich Friedenssicherung, Demokratieförderung sowie Stärkung der Menschenrechte und der menschlichen Sicherheit. Der Bereich ‚Wirtschaft und Entwicklung' wird neu aufgebaut.“ (StR Mag Manfred Juraczka: Wir sagen ja, dass das gar nicht so schlecht war! Ihr wollt es uns nur nicht glauben!)
Das Programm der FPÖ von 2011, meine Damen und Herren, ist so ein Rückfall, wenn man das mit der schwarz-blauen Regierung vergleicht. Die schwarz-blaue Regierung hat damals unter dem Druck der Opposition, von SPÖ und den GRÜNEN, beschlossen, dass man den Begriff Entwicklungszusammenarbeit weiter fassen muss, weiter definieren muss und dem auch Rechnung tragen muss. Nein, die Freiheitliche Partei will unbedingt Flüchtlingsströme stoppen!
Ein weiterer Grund, meine Damen und Herren, warum wir auf die Entwicklungszusammenarbeit einen großen Wert legen, sind selbstverständlich die Frauenrechte, Rechte von Menschen, die in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung leben wollen, Demokratie, Freiheit und dergleichen. Was macht die Freiheitliche Partei, meine Damen und Herren? (GR Armin Blind: Viel!) Susanne Winter kennen Sie alle. Womit ist sie berühmt geworden? Mit ihrem Mohammed-Sager. Frau Susanne Winter macht am 16.7.2011 mit einem Botschaftsvertreter der iranischen Botschaft in Wien eine Präsentation. Lassen Sie sich das einmal auf der Zunge zergehen! Was macht die iranische Regierung? Minderheitenrechte mit den Füßen niedergetreten, darunter auch die Kurden und Kurdinnen, meine Damen und Herren, liebe Kurdenfreunde! Homosexuelle werden gesteinigt, getötet, in Gefängnisse gesteckt! Frauen, denen man vorwirft, sie hätten Ehebruch begangen, werden gesteinigt! Das, meine Damen und Herren, ist die Vorstellung der FPÖ unter Internationalität, internationaler Arbeit beziehungsweise, wenn man das ausdehnen will, Entwicklungszusammenarbeit!
Entweder hat Susanne Winter ein schlechtes Gewissen wegen des Mohammed-Sagers bekommen und hat sich gedacht, jetzt hole ich mir jemanden von der iranischen Botschaft und präsentiere die Homepage „unzensuriert.at“, wie wir unlängst erfahren haben, beheimatet in der Stiftung des Herrn Graf. (GR Armin Blind: Der Herr Graf hatte nie eine Stiftung!) Der Herr Graf ist nicht mehr im Vorstand. (GR Armin Blind: Die Stiftung ist eine eigene juristische Person!) „unzensuriert.at“ wird präsentiert mit einem Vertreter der iranischen Botschaft. Soviel zu Ihrer konsequenten Haltung in der Minderheitenpolitik, in der Entwicklungspolitik, in der Außenpolitik, meine Damen und Herren! Die FPÖ hat sich auch von diesem Politikbereich abgemeldet!
Wir, meine Damen und Herren, werden uns natürlich anstrengen, weil gestern die Zahlen präsentiert worden sind, was die österreichische Entwicklungszusammenarbeit betrifft, dass es einen Rückgang geben wird, dass wir hier nicht mehr das Ziel von Barcelona, also 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens erreichen und uns davon weit entfernen werden. Das passt uns nicht. Das passt den GRÜNEN auf Bundesebene nicht, auf Landesebene nicht. Wir wollen, dass Österreich, eines der reichsten Länder der Welt, einfach die Verantwortung wahrnimmt und das Barcelona-Ziel so rasch wie möglich erreicht. - Danke vielmals. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. Die Frau Berichterstatterin verzichtet auf das Schlusswort.
Wir kommen daher zur Abstimmung. Wir kommen zuerst zur Abstimmung über die Postnummer 8. Ich bitte jene Damen und Herren des Gemeinderates, die der Postnummer 8 ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - ÖVP, SPÖ und GRÜNE. Ist damit mehrstimmig angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung über die Postnummer 9. Ich bitte jene Damen und Herren des Gemeinderates, die der Postnummer 9 ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Auch hier unterstützen die ÖVP, die SPÖ und die GRÜNEN dieses Geschäftsstück. Ist damit mehrstimmig angenommen.
Wir kommen nun zur Abstimmung über die
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