Gemeinderat, 25. Sitzung vom 27.06.2012, Wörtliches Protokoll - Seite 30 von 89
gibt freundschaftliche Verbindungen. Aber ich weiß schon, Herr Kollege, das ist reiner Zufall! Wir sind immer die bösen Aufklärer, die etwas hineingeheimnissen. Dabei ist alles reiner Zufall, ich weiß! (GR Godwin Schuster: Das ist eine reine Unterstellung!)
Meine Damen und Herren! Ich gebe Ihnen aber die einmalige Möglichkeit, diesen Fehler wiedergutzumachen, denn es ist ein Fehler unterlaufen: Dieses Grundstück gehört ausgeschrieben, und zwar nicht nur, weil es um viel Geld geht, sondern auch deswegen, weil es in einem sensiblen Bereich der Stadtentwicklung liegt, der vielen Mitbürgern und Mitbürgerinnen gerade aus dem 18. Bezirk am Herzen liegt, die nicht wissen, was aus der Semmelweisklinik wird. Es muss ordentlich ausgeschrieben werden, und zwar mit klaren Richtlinien auch für den zukünftigen Bauträger, was dort im Rahmen eines Gesamtkonzeptes zu geschehen hat, anstatt dass das als Flickwerk behandelt wird.
Außerdem gehört ein Bürgerbeteiligungsverfahren dazu, und zwar nicht erst dann, wenn der Zug abgefahren ist, wenn es schon eine Musikschule gibt und wenn dort schon die ersten Wohnbauten stehen, sondern von Anfang an, das heißt, ab jetzt, meine Damen und Herren!
Deshalb stelle ich einen Antrag auf Absetzung dieses Aktes, meine Damen und Herren. Gehen Sie in sich! Nehmen Sie ihn heute zurück! Schreiben wir das aus, und erzielen wir den maximalen Kaufpreis für dieses Grundstück, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)
Sollten Sie sich dazu entschließen, dann wäre das wirklich einmal ein ganz großer und weiser Akt, meine Damen und Herren! Sie würden den Wienerinnen und Wienern einige Millionen mehr an Verkaufserlös bringen, und dann, aber nur dann, meine Damen und Herren, würde ich einmal vor dieser rot-grünen Koalition den Hut ziehen und sagen: Die grüne Beteiligung hat doch etwas geholfen! So bleibt ihr aber nur die Komplizen diesfalls nicht beim Posten-, sondern beim Grundstücksschacher, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP, FPÖ und von GR Dr Wolfgang Aigner.)
Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Als nächster Redner zum Wort gemeldet ist Herr GR Chorherr. Ich erteile ihm das Wort.
GR Mag Christoph Chorherr (Grüner Klub im Rathaus): Meine Damen und Herren!
Ob es das primäre Ziel der rot-grünen Regierung ist, den Applaus des Herrn Neuhuber zu bekommen, wage ich zu bezweifeln!
Unser Ziel ist es, in einem sehr sensiblen, hervorragenden Gebiet des Bezirks, auf dem Areal der gesamten Semmelweisklinik, ein Projekt zu entwickeln, das von der Nutzung her ein gutes Projekt für die Zukunft der Stadt Wien und für die Anwohner ist.
Schauen wir uns kurz an, worüber wir sprechen: Wir sprechen nicht über irgendetwas, sondern wir sprechen über die Nachnutzung der Semmelweisklinik und darüber, wie eine Stadt mit einem historisch, ökologisch und sozial sensiblen Erbe umgeht, wie sie mit der Transformation eines Spitalsareals in ein neues Stadtareal umgeht. Daran misst sich nämlich die Qualität einer Regierung.
Etwas gleich vorweg: Die Bürger hatten eine Befürchtung. Wie lautete denn, Herr Neuhuber, zu Beginn der Auseinandersetzung um die Semmelweisklinik die Befürchtung? – Die Befürchtung war – und diese haben wir geteilt und teilen wir noch immer –, dass die Semmelweisklinik an einen Bestbieter verscherbelt wird, dass eine internationale Ausschreibung stattfindet und irgendein Investor das kauft, der dann einen Zaun rundherum errichtet und private Wohnungen baut. Das war die völlige berechtigte Angst der Anrainer! Und deswegen wurde eine Bürgerinitiative gegründet.
Haben wir als Regierungsmitglieder uns dort engagiert? – Nein! Und in diesem Punkt widerspreche ich dem Herrn Neuhuber fundamental! Es ist nicht Ziel der rot-grünen Regierung, wertvolles Areal ausschließlich zu bestmöglichen Preisen zu veräußern, denn so machen wir die Stadt kaputt. So machen wir Stadt kaputt! Wir wollen aber die Stadt nicht kaputt machen, sondern wir wollen qualitätsvolle Stadtentwicklung überallhin bringen. (GR Mag Wolfgang Jung: Sie wollen alles verramschen!)
Meine Damen und Herren! Wir sind stolz darauf, dass es – was nicht leicht war – zu einer Nutzung des Semmelweis-Areals kommt, um die uns noch sehr viele beneiden werden! Und darüber möchte ich jetzt sprechen. (Zwischenruf von GR Dipl-Ing Roman Stiftner.) Darüber möchte ich jetzt sprechen, und Sie können so viel schreien, wie Sie wollen! Es gibt nämlich einen Vorteil der Rednerin oder des Redners: Sie oder er hat ein Mikro.
So. Was war noch einmal die Befürchtung? – Die Befürchtung war, dass dieses historische Areal parifiziert wird, dass dort Eigentumswohnungen gebaut werden, dass ein Zaun rundherum kommt, dass mitten hinein eine Tiefgarage kommt und dass das ganze Areal der Stadt entzogen wird. (Lebhafte Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.) Das war die Befürchtung.
Was aber ist heute die Nutzung der Semmelweisklinik? – Einige Leute werden sich das vielleicht im Internet anschauen, und daher möchte ich das noch einmal skizzieren: Es wurde eine schwierige Suche gestartet, und es hat sich die Nutzung durch eine internationale Musikschule gefunden. Man wird dort übrigens nicht irgendwann beginnen, sondern im Herbst.
Im Herbst werden erste Schülerinnen und Schüler in der Musikstadt Wien unterrichtet werden, um dort Geige, Klavier oder was auch immer zu lernen. Im Endausbau sollen dort 150 Menschen beschäftigt sein, um Kindern aus Österreich und schwerpunktmäßig aus dem asiatischen Raum, die daran interessiert sind, in Wien Musik zu lernen, an einer Musikschule von internationalem Standard eine entsprechende Ausbildung zu vermitteln. Nebenbei zahlen diese 150 Beschäftigten Steuern. Das kann man in Form einer Kulturansiedlung, aber auch einer Wirtschaftsansiedlung gewährleisten.
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