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Gemeinderat, 24. Sitzung vom 26.06.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 48 von 88

 

Gesundheitspolitikerin. Ich bin auch davon überzeugt, dass du die Aufgaben in der Patientenanwaltschaft bestimmt zum Wohle der Patientinnen und Patienten ausführen wirst. Ich gratuliere dir auch dazu. Ich wünsche dir für die Aufgabe alles Gute! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und GRÜNEN.)

 

Doch es ist auch klar, wenn du noch Oppositionspolitikerin wärst, und deine Qualifikation als Oppositionspolitikerin ist unbestritten, dann hättest du keine Chance, nicht einmal eine Minichance, gehabt, diese Position zu erhalten. Das zum Ersten. (GR Kurt Wagner: Frau Kollegin, das ist aber jetzt kein Facebook-Lesen!)

 

Zum Zweiten, die schiefe Optik, meine Damen und Herren der Grünen Fraktion, ist natürlich schon vorhanden. Ich bin davon überzeugt, Herr Klubobmann Ellensohn, wenn jemand anderes aus der Oppositionspartei diese Position erhalten hätte, hätte ich mir angeschaut, was Sie von diesem Pult aus aufgeführt hätten, vom Postenschacher wäre gerufen worden und vieles andere mehr. Man sieht halt sehr deutlich, meine Damen und Herren der Grünen Fraktion, der Standort bestimmt eben den Standpunkt. So ist es. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Für die anderen Baustellen habe ich leider nicht mehr so viel Zeit. Ich möchte mich nur noch kurz mit den Turnusärzten beschäftigen, weil mir das ein besonderes Anliegen ist. Bei den Turnusärzten wird, wenn man nachfragt, zwar immer wieder gesagt, es funktioniert alles wunderbar, aber die Ärzte, die zu uns kommen, beklagen sich immer sehr, dass sie so wenig Möglichkeiten haben mitzuarbeiten. Arbeiten müssen sie schon, aber viel zu wenig bei Menschen, sondern sie haben sehr viele andere Tätigkeiten, was natürlich nicht gerade sinnvoll ist, weil es geht darum, diese jungen Menschen, die ein langes Studium hinter sich haben, wirklich praktisch so auszubilden, dass sie nach dieser Ausbildung eben als Allgemeinmediziner oder als Facharzt ihre Patienten bestmöglichst behandeln können. Da ist es so, dass es durchaus große Probleme gibt. Das sagen nicht nur wir, sondern auch das Kontrollamt hat überprüft und eigentlich ist es niederschmetternd, was die Überprüfung ergeben hat. Sie verbauen damit jungen Menschen die Möglichkeit, diesen Beruf wirklich zu erlernen.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich ersuche Sie, gerade im Bereich der Turnusärzte, die so wichtig für die Entwicklung in dieser Stadt sind, um mehr Engagement und mehr Veränderungswillen. Da habe ich manchmal den Eindruck, der Veränderungswille ist nicht da. Das sind halt sozusagen die Letzten. Wenn halt Arbeit da ist, dann sagt man, das macht der Turnusarzt, ohne sich viel Gedanken darüber zu machen, ob man das nicht auch anders lösen könnte. Also, hier wäre ein größeres Engagement von Bedeutung.

 

Meine Damen und Herren, Gesundheits- und Sozialpolitik ist, wie ich schon gesagt habe, ein enorm wichtiger Bereich. Ich könnte da jetzt noch sehr viel anführen. Mein Kollege Dworak wird noch vertiefend in manche Skandale eingehen. Es ist einfach ein großer Handlungsbedarf. Viele Baustellen sind zu bereinigen. Es sind vor allem auch innovative Schritte zu setzen. Dort, wo es sinnvoll ist, effizient, wirtschaftlich und sparsam Veränderungen vorzunehmen, werden wir Sie unterstützen. Aber im Hinblick auf die derzeitige Situation sind Sie sicherlich nicht überrascht, dass wir in diesem Jahr dem Rechnungsabschluss unsere Zustimmung nicht geben. (Beifall bei der ÖVP. - GR Franz Ekkamp: Ich bin überrascht!)

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächste zum Wort gemeldet hat sich Frau Dr Pilz. Ich erteile es ihr.

 

14.29.48

GRin Dr Sigrid Pilz (Grüner Klub im Rathaus)|: Herr Vorsitzender! Frau Stadträtin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Freunde und Freundinnen vom Grünen Klub! Liebe Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aus dem Gesundheitsbereich!

 

Das ist heute meine Abschiedsrede. Elf Jahre Politik finden ein Ende. Es kommt mir ganz seltsam vor.

 

Eigentlich ist es gar nicht wahr. Aber es ist wahr, ich werde mich verändern. Es ist schon allseits bekannt. Ich möchte diese letzte Rede dazu benützen, auf diese elf Jahre zurückzublicken, auf das Schwierige, auf das Erfolgreiche, auf Misserfolge, auf alles.

 

Als ich in die Politik gegangen bin, habe ich mir gedacht, ich werde mir jedes Jahr die Frage stellen: Was macht die Welt in Wien besser, wenn die Sigrid Pilz in der Politik mitmischt? Diese Frage wollte ich mir immer redlich beantworten. Ich wollte sie mir beantworten, insbesondere im Hinblick auf die Bürgerinnen und Bürger in ihrer Rolle als Patienten und Patientinnen oder Menschen, die in Pflegeheimen untergebracht sind. Dieser Standpunkt, nämlich der Blick aus der Patienten-, Patientinnenperspektive, hat mein politisches Handeln immer bestimmt.

 

Wenn du, Ingrid Korosec, zuerst gesagt hast, Skandale sind nur vertuscht und unter den Teppich gekehrt worden, dann gebe ich dir in vielen Punkten nicht recht. Denn Veränderungsprozesse haben hier in Wien auch mit Skandalen begonnen. Ich erinnere an die Pflegemissstände im Geriatriezentrum Am Wienerwald, eigentlich etwas ganz Harmloses. Eine ältere Dame war verwahrlost, wurde nicht ordentlich gepflegt und die zuständige Beamtin des Magistrats hat eine Meldung gemacht. Es hat mich damals nicht sehr gewundert, aber ich habe mir gedacht, das ist ein Anlass, einen Kommentar der anderen zu schreiben und darüber nachzudenken, was in der Pflege in Wien anders werden sollte. Weil die Zeit dafür reif war, hat die Öffentlichkeit das aufgegriffen. Auf einmal war etwas Thema, das in Wien normal, aber doch kritikwürdig, für manche skandalös war, die Situation in den Großpflegeheimen, die Achtbettzimmer, die mangelnde Privatsphäre und, und, und.

 

Wie es so ist in der Politik, und das ist auch der erste kritische Rückblick, den ich habe, laufen die Debatten zwischen Regierung und Opposition immer nach dem Ja und Nein, dem binären System, alles oder nichts. Die Opposition sagt, es ist alles total schlecht. Die Regierung sagt, es ist alles wunderbar und könnte nicht besser sein. Bei diesem Modus ist es schwer, auf einen grünen

 

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