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Gemeinderat, 24. Sitzung vom 26.06.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 3 von 88

 

09.01.00 (Beginn um 9.01 Uhr.)

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Meine sehr geschätzten Kolleginnen und Kollegen des Wiener Gemeinderates!

 

Ich ersuche, die Plätze einzunehmen, und wir nehmen die Sitzung des Wiener Gemeinderates wieder auf.

 

09.01.22Entschuldigt für den gesamten Tag heute ist die GRin Prof Dr Vitouch. Ich nehme von den Kolleginnen und Kollegen, die entschuldigt sind, nur die längeren Zeiträume heraus und weise darauf hin, dass die GRin Mag Tanja Wehsely von 14 Uhr bis 20 Uhr entschuldigt ist; alle anderen Entschuldigungen sind während des Vormittags oder mittags.

 

Wir kommen nun zur Beratung des Rechnungsabschlusses der Bundeshauptstadt Wien, und zwar zur Geschäftsgruppe Stadtentwicklung, Verkehr, Klimaschutz, Energieplanung und BürgerInnenbeteiligung.

 

Es ist mir bekannt, dass etwas inszeniert werden soll. Wir haben das auch in dieser Form vereinbart. Ich würde nur bitten, dass der Zeitrahmen nicht zu stark überspannt wird. (Vorne im Saal wurden neben den Bankreihen der ÖVP-Fraktion mehrere Stapel Kartons deponiert.)

 

Zum Wort gemeldet ist Herr StR Mag Juraczka. Ich erteile es ihm. Die Redezeit ist mit 25 Minuten begrenzt.

 

9.02.50

StR Mag Manfred Juraczka|: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Stadträtin!

 

Sie erlauben, dass ich mich heute bei der Rechnungsabschlussdebatte zur Geschäftsgruppe Verkehr primär einem Thema widme, das die letzten Wochen und Monate ganz massiv geprägt hat, dem Parkpickerl.

 

Das Parkpickerl, das 1993 in der Innenstadt eingeführt wurde - durchaus sinnvoll -, droht im Jahr 2012 zu einer Farce zu verkommen. Wir haben das mehrfach in den Medien transportiert. Der Vorschlag, der seit November des letzten Jahres auf dem Tisch liegt, ist unausgegoren und gibt den Bürgern vor allem ein Gefühl: Die Bürger in dieser Stadt haben das Gefühl, überfahren zu werden, abgezockt zu werden, nicht ernst genommen zu werden.

 

Wir haben daher mit 5. Mai eine Unterschriftenaktion gestartet. Wie wir alle wissen, sind 5 Prozent der Wahlberechtigten dazu berechtigt, eine Volksbefragung laut Wiener Stadtverfassung zu verlangen, und wir haben diese Unterschriftensuche und diese Unterschriftensammlung begonnen. Und ich freue mich riesig, heute in Summe 148 923 Unterschriften übergeben zu können. 117 837 davon hat die Wiener ÖVP gesammelt, und ich danke allen, die dieses Unmögliche möglich gemacht haben. Und ich danke auch unseren Partnern, dem ÖAMTC, aber auch den Freiheitlichen (Ruf bei der SPÖ: Ein schöner Partner!), dass wir in Summe auf knapp 150 000 Unterschriften gekommen sind – Unterschriften von Menschen, die einfach Mitbestimmung in dieser Stadt gelebt sehen möchten. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Ein Teil der Kartons wird in zwei Stapeln neben dem Rednerpult platziert.)

 

Im Vorfeld zu dieser Volksbefragung gab es natürlich immer wieder auch rechtliche Themen, die betrachtet werden mussten. Es gab immer wieder Einwände, dass es nicht zulässig sei und dergleichen. Wir dürfen heute ein Rechtsgutachten der renommierten Universitätsprofessorin Dr Katharina Pabel, Institut für Verwaltungsrecht, Johannes Kepler Universität Linz, präsentieren, welches zeigt, dass es in der Tat zulässig ist, das Volk zu befragen. Alles andere wäre ja in einer gelebten Demokratie auch unsinnig, meine Damen und Herren.

 

Jetzt haben Sie wahrscheinlich alle auch die Medienberichte der letzten Stunden vernommen. Ich sage ganz offen: Weder der Herr Bürgermeister noch die Frau Stadträtin noch ich führen Geheimgespräche. Wir haben uns ganz normal, wie das in einer Demokratie üblich ist, zusammengesetzt. Ich habe ganz klar zum Ausdruck gebracht, dass ich diesen 150 000 Menschen, die Unterschriften geleistet haben, in der Pflicht stehe und dass wir diese Volksbefragung selbstverständlich durchführen wollen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

 

Es hat aber von Seiten der Stadtregierung auch das Angebot gegeben, nachzudenken, gemeinsam darüber nachzudenken. Und wenn wir zu Gesprächen eingeladen werden, verschließen wir uns nicht. Das Gute ist der Feind des Besseren. Wichtig ist aber, dass man nicht nur vielleicht mögliche Schwachstellen ausbügelt oder sich komplett Neues überlegt, wichtig ist die gelebte Bürgerbeteiligung. Auf die kommt es uns an, meine Damen und Herren, und von diesem Standpunkt werden wir keinen Zentimeter abrücken. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Viele von Ihnen können sich erinnern: Als ich mein Amt als Wiener Parteiobmann angetreten habe, habe ich sehr oft davon gesprochen, dass wir konstruktive Oppositionsarbeit leisten möchten. Jetzt kann man durchaus sagen, Modelle zu entwickeln, das ist Aufgabe der Stadtregierung. In der Tat, ist es auch. Aber ich erachte es als sinnvoll, diesem Pfusch, der derzeit noch auf dem Tisch liegt, die Zähne zu ziehen, neue Ideen einzubringen - und ich glaube, dann ist es vernünftig, dem Souverän, nämlich dem Volk, die letzte Entscheidung zu übergeben.

 

Meine Damen und Herren! Ich muss ganz offen sagen, ich möchte mich aber auch – das ist vielleicht ungewöhnlich in so einem Zusammenhang - ganz herzlich bedanken, denn es bedarf auch einer gewissen Größe der Stadtregierung, des Herrn Bürgermeisters und der Frau Stadträtin, zu erkennen, dass man hier vielleicht nicht immer auf dem richtigen Weg war, dass man hier die Anliegen der Menschen ernst nehmen muss, dass man hier auch die Opposition einbindet bei neuen Wegen, die man vielleicht beschreiten möchte, und dass man sich nicht per se gegen die Befragung der Menschen ausspricht. Das ist gut, das ist wichtig, das zeigt die demokratische Reife in dieser Stadt.

 

Unter diesem Tenor, meine Damen und Herren, kann man, glaube ich, eines sagen - und da muss ich mich auch ganz herzlich bei den 148 923 Unterzeichnern bedanken: Danke, dass Sie dieses Umdenken möglich

 

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